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Luzern

Rückschnitt einer Hecke ohne Bewilligung bleibt für Herlisberger Bauer rechtlich folgenlos

Die Heckenposse von Herlisberg in der Gemeinde Römerswil nimmt für den betroffenen Landwirt ein gütliches Ende. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, obwohl er gegen eine kantonale Verordnung verstossen hatte.
Landwirt Michi Stöckli bei einer Haselstaude der umstrittenen Hecke in Herlisberg. Sein Vater Josef Stöckli steht auf der Leiter.
(Nadia Schärli, Römerswil, 20. September 2019)

Susanne Balli

Biobauer Michi Stöckli (28) und sein Vater Josef Stöckli (61) aus Herlisberg können aufatmen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern hat die Strafuntersuchung gegen Michi Stöckli eingestellt. Damit endet ein über ein Jahr dauerndes Verfahren aufgrund des Rückschnitts einer Hecke – und zwar ohne rechtliche Folgen für den Junglandwirt.

Michi Stöckli wurde aufgrund eines Verstosses gegen die kantonale Heckenschutzverordnung im Juli 2019 zu einer Geldstrafe von 30 Tagesansätzen zu je 50 Franken verdonnert, dies bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. Zusätzlich wurde eine Busse von 500 Franken ausgesprochen und er hätte Gebühren von 530 Franken bezahlen und mit Kürzungen von Direktzahlungen rechnen müssen. So weit kommt es nun nicht, denn er erhob Einsprache gegen den Strafbefehl.

Dominante Haseln

Die Misere nahm am 10. Februar 2019 ihren Anfang, als Vater und Sohn die Haselstauden in ihrer eigenen Hecke bis auf den Stock zurückschnitten. Das heisst, die Haseln wurden radikal gekürzt. Die dominanten Stauden hatten sich nämlich in der Hecke breitgemacht und andere Pflanzen und Sträucher absterben lassen.

Bei der besagten Hecke handelt es sich um eine sogenannte Qualitätshecke mit ganz besonderen Anforderungen. Bei einer Qualitätshecke müssen unter anderem mindestens sieben verschiedene Pflanzen auf zehn Laufmetern wachsen. Mit solchen Hecken wird die Biodiversität gefördert, da sie zahlreichen Tieren einen Lebensraum bieten. Im Gegenzug erhalten Landwirte dafür Direktzahlungen von Gemeinde und Kanton.

Wiederholter Rückschnitt

Bereits im September 2013 hatte Senior Josef Stöckli mit der Gemeinde Römerswil – respektive mit einer Gemeindekommission mit dem sperrigen Namen «Umsetzungskommission Vernetzungsprojekt Römerswil-Retschwil» – eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Im Kanton Luzern werden Vernetzungsprojekte von lokalen Trägerschaften betreut und umgesetzt. Mit der Vereinbarung verpflichtete sich Stöckli, die Biodiversität in der besagten Hecke zu fördern und neue Pflanzen zu setzen. Das geschah im Frühjahr 2014, indem er rund 300 Sträucher unterschiedlicher Sorten in die Hecke pflanzte. Da die Haselstauden schnell überhandnahmen, schnitt Josef Stöckli sie bereits 2017 stark zurück. Letztes Jahr im Frühling waren sie aber bereits wieder so dominant, dass ein weiterer Rückschnitt bis auf den Stock getätigt wurde.

Josef Stöckli, der zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Hofübergabe an seinen Sohn Michi Stöckli stand, hatte vor dem starken Rückschnitt der Haseln Rücksprache mit dem Präsidenten der Vernetzungskommission gehalten. Dieser gab grünes Licht für den Rückschnitt. Was weder Stöckli noch dem Kommissionspräsidenten ausreichend klar war: Für den Rückschnitt auf den Stock bei mehr als einem Drittel der gesamten Hecke braucht es eine Sonderbewilligung der Gemeinde. Josef Stöckli und sein Sohn hielten sich allerdings lediglich an den besagten Vertrag, in dem steht, dass die Haseln immer wieder zurückgeschnitten werden müssen. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Nach dem radikalen Rückschnitt erstattete eine unbekannte Drittperson Anzeige, und Michi Stöckli wurde zur oben genannten Busse verurteilt.

Undurchsichtige Zuständigkeiten

Aufgrund der Einsprache gegen die Strafverfügung war die Staatsanwaltschaft Emmen 2 verpflichtet, weitergehende Befragungen im Heckenstreit zu tätigen. Michi Stöcklis Anwalt Reto von Glutz sagt dazu: «Die Sachverhaltsabklärungen waren sehr umfangreich.» Dies habe vor allem mit den nicht durchsichtigen Zuständigkeiten beim Heckenschutz zu tun gehabt.

Im Verlauf der Abklärungen kam nämlich zu Tage, dass die Gemeinde Römerswil seit 2015 über einen Heckenverantwortlichen verfügt, der zuständig ist, Sonderbewilligungen für den umfangreichen Rückschnitt von Hecken zu prüfen und zu erteilen. Dass es in Römerswil einen solchen Experten gibt, war allerdings weder Landwirt Stöckli noch dem Präsidenten der Vernetzungskommission bekannt. «Wenn selbst auf Stufe der Gemeinde unklar ist, welche Person in welchem Umfang welche Befugnisse hat, ist es nicht verwunderlich, warum es für die Klärung der Sachlage einen solchen Aufwand braucht», sagt von Glutz, und weiter:

«Formal rechtlich ist nun alles sauber abgeklärt worden. Aber man kann sich mit Fug und Recht fragen, ob hier nicht aus einer Maus ein Elefant gemacht wurde.»

In der immerhin elf Seiten umfassenden Einstellungsverfügung kommt die Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass der objektive wie auch der subjektive Tatbestand zwar erfüllt sind und Michi Stöckli mit dem radikalen Haselrückschnitt gegen die kantonale Heckenschutzverordnung verstossen hat. Allerdings verneint die Staatsanwaltschaft ein schuldhaftes Handeln und geht von einem sogenannten Verbotsirrtum aus. Dies, weil Mich Stöckli überzeugt war, dass er zum Rückschnitt berechtigt war. Auch verneint die Staatsanwaltschaft ein strafbares Unterlassen der Heckenpflege. Es stehe aufgrund der übereinstimmenden Aussagen fest, dass der Präsident der Vernetzungskommission der Gemeinde Römerswil den Beschuldigten Michi Stöckli «ausdrücklich dazu aufgefordert hat, sämtliche Haseln in der Hecke zurückzuschneiden und ihm somit vorgängig den Rückschnitt der Haselstauden auf den Stock nicht nur bewilligt, sondern gar auferlegt hat», argumentiert die Staatsanwaltschaft.

Somit wurde das Strafverfahren gegen Michi Stöckli eingestellt. Die anfallenden Gebühren von 420 Franken sowie eine pauschale Anwaltskostenentschädigung in der Höhe von 1000 Franken gehen zu Lasten des Staates. Die Einstellungsverfügung ist rechtskräftig.

Schlaflose Nächte

Michi und Josef Stöckli sind erleichtert, dass der Heckenstreit nach mehr als einem Jahr zu Ende ist. «Mein Sohn und ich haben schon viel daran herumstudiert und hatten einige schlaflose Nächte. Besonders für meinen Sohn, der frisch den Hof übernommen hatte, war das gar nicht lustig», sagt Josef Stöckli. Bis heute wissen Stöcklis nicht, wer die Anzeige gegen sie eingereicht hat. «Mittlerweile interessiert uns das auch nicht mehr», sagt der Senior. Was ihn ärgert, ist der Umstand, dass am Schluss die Steuerzahler für die Gebühren aufkommen müssen.

Die umstrittene Qualitätshecke sehe wieder sehr schön aus. «Die neu gesetzten Pflanzen kommen gut. Wir haben nun aber schon wieder den Auftrag, dass wir die Hecke schneiden sollen und verfügen über eine Bewilligung, die allerdings am 8. September abläuft.» Doch Stöcklis machen während der Vegetationszeit nichts an der Hecke. «Erst im Winter werden wir die Haseln wieder rausschneiden. Aber natürlich nur mit einer neuen Sonderbewilligung.»

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