Reto I. herrscht über die Sarner Fasnacht

Alles der Reihe nach: Am vergangenen Samstag kam die Aula Cher in Sarnen ganz nach dem Gusto der Lälli-Zunft daher. Der Saal war in ein zartleuchtendes Rot getaucht. Die Szenerie auf der Bühne zeigte eine Manege – dominiert von jener knallroten Zunge, die üblicherweise dem bekanntesten Plattencover der Rolling Stones zuzurechnen ist. Seit Jahren dient eine ähnliche «Lällä» als Erkennungsmerkmal der Sarner Zunft.

Die Mitglieder der Zunft, deren Partnerinnen sowie geladene Gäste schmissen sich für diese rauschende Galanacht in das vereinseigene Wams, in feinste Stoffe, umgeben auch von edelsten Düften, oder – wo es sich um Vertretungen befreundeter Zünfte handelte – in deren eigene Kostümierungen. Eine Ausnahme schienen geladene Politiker zu bilden, die – um nicht unnötig Aufsehen zu erregen – eher bescheiden, aber jederzeit in passender Montur erschienen. Die reichbedeckten Tafeln waren in elegantem Rund gehalten, und wo sich der ehemalige Zunftmeister und sein Nachfolger mit den Gattinnen niederliessen, befand sich eine ellenlange, mittelalterlich anmutende Festtafel. Diskret im Hintergrund sinnierten die Ehrenmitglieder (sprich: Veteranen) der Zunft wohl über jene Vergangenheit, als ein solcher Anlass noch in den Sälen der heimischen Gastronomie stattfinden konnte. Die rund 200 Anwesenden konnten leicht ins Staunen kommen, mit wie viel Aufwand und Flair fürs Detail heute eine Inthronisation bei den «Lällis» über die Bühne geht.

Von der Vergangenheit eingeholt

Bei der ersten Vorspeise «Tatar vom Fenchel & Apfel, gepaart mit Currylinsen, Blattsalat & Crostini» begrüsste Lälli-Obmann Bruno Hochuli die illustre Gesellschaft. Schon bald drückte er jedoch die Zügel dem Moderatorenpaar Besa Hurschler und Senad Sakic in die Hand. Die beiden, nebenbei begabte Sängerin respektive Chef der Nidwaldner Kripo, zogen in der Folge das Programm professionell durch. Und zwischendurch wurden immer wieder Köstlichkeiten aus der Wilerbad-Küche aufgefahren. Irgendwann ging es dann ans Eingemachte: Hans III. und seine Gattin Franziska galt es zu verabschieden. Er habe seine Würde richtig genossen, jedoch sei es jetzt an der Zeit, sich aus der Öffentlichkeit wieder etwas zurückzuziehen, gab der Zunftmeister von 2023 zu verstehen.

Und noch bevor sein Nachfolger Reto Baumann in Amt und Würden versetzt wurde, nahmen einige Zunftkollegen dessen Vergangenheit ins Visier. Der eine übermittelte im gelb-schwarzen Dress von Borussia Dortmund eine Videobotschaft und entlarvte den «Emporkömmling» als hoffnungslosen Fan des verfeindeten FC Bayern. «Mia san mia», mag ja sein, «aber wahre Liebe gibt es nur in Gelb-Schwarz», bekräftigte der aus dem Ruhrpott zugewanderte Vize-Obmann der Zunft. Ein weiterer Ankläger wollte wissen, dass Reto Baumann häufig ans Münchner Oktoberfest reise, dort die grossen Festzelte heimsuche und hin und wieder einen schmucken Bierhumpen mitgehen lasse. Sogar seine Leidenschaft für schöne und schnelle Flitzer (unter anderen Ferraris) wurde dem Besitzer einer Autogarage vorgeworfen. Nichts dergleichen konnte verhindern, dass der Gebeutelte umgehend zu «Reto I.», seines Zeichens zum absoluten Herrscher über das nahende Fasnachtsgeschehen erkürt wurde.

Ein Fest bis in den Sonntagmorgen

Ganz ohne Nachwirkung blieben die «Attacken» seiner Kollegen nicht. «Reto I.» musste nämlich zum Spickzettel greifen, um dem närrischen Wahlvolk mit Gelassenheit seine Dankesworte zu übermitteln. «Der Moment ist gekommen, wo ich der Zunft für die vielen tollen Erlebnisse und Begegnungen der vergangenen 19 Zunftjahre etwas zurückgeben kann, bekräftigte er.» Und mit diesem Versprechen von höchster Stelle zog sich die Galanacht mit Dessert, Tanz und weiteren Attraktionen bis in den Sonntagmorgen hinein.