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Theater Casino Zug

Puppenspieler interpretiert die Chansons von Georg Kreisler wunderbar neu

Zusammen mit dem Tiroler Kammerensemble Franui trug der Puppenspieler Nikolaus Habjan dem begeisterten Publikum im Theater Casino amüsant-bissige Melodien vor.

Er singt, sie singt: Puppenspieler und Sänger Nikolaus Habjan erweckt «Lady Bug» und Georg Kreislers Chansons mühelos zum Leben.
Bild: Bild: Stefan Kaiser (Zug, 27. Januar 2023)

Befindet sich jetzt eine Person auf der Bühne – oder zwei? Mal flirten sie miteinander, mal gibt sie ihm eine Ohrfeige. Dann wieder zieht sich der Grazer Nikolaus Habjan hinter seine lebensgrosse Puppe namens «Lady Bug» zurück, ohne sich verstecken zu wollen.

Die eitle alte Dame schüttelt ihr graue Mähne, legt ihre Beine übereinander und umarmt ihren Herrn. Keine Geste ist für den meisterhaften Puppenspieler Habjan zu schwer. Darüber hinaus kann er (also sie), der stets in Bewegung ist, auch noch singen – und wie!

Auf höchstem Niveau zum Gesamtkunstwerk: die Symbiose von Ensemble, Gesang und Puppenspiel.
Bild: Bild: Stefan Kaiser (Zug, 27. Januar 2023)

Die Tiroler Musicbanda Franui und der Puppenspieler Nikolaus Habjan wagten sich am Freitagabend an die berühmten Chansons des österreichischen Künstlers Georg Kreisler. Letzterer war wohl denjenigen, die im Theater Casino Platz genommen haben, ein Begriff. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Saal bei der Schweizer Erstaufführung von der ersten Reihe an bis zur Mitte voll besetzt ist.

«Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau / Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau / Gehn wir Tauben vergiften im Park!»,

erzählt Lady Bug ihrem Schatz singend. Die amüsant-bissigen Texte von Kreisler, die bei ihrer Entstehung in tief schwarzem Humor getränkt wurden, bringen das Publikum zum Lachen. Die Klassiker wurden vom begleitenden Kammerensemble zuvor ausgeklügelt arrangiert, sodass neben dem Text die Musik viel Raum erhält.

Die vielfältig besetzte Musicbanda, bestehend aus Holz- und Blechblasinstrumenten zusammen mit Violine, Hackbrett und Harfe, entzieht sich einer Kategorisierung. Mit vielen Läufen und dauernd wechselnden Klangfarben schöpfen die in lockerem Schwarz gekleideten Musikerinnen und Musiker ihr Potenzial so weit aus, dass ihnen der Begriff «Begleitung» eigentlich nicht gerecht wird.

Die vielseitige Besetzung überrascht die Ohren.
Bild: Bild: Stefan Kaiser (Zug, 27. Januar 2023)

Nachdem Lady Bug ein Witzchen gerissen hat, stimmt sie zum nächsten Lied an, das wie so oft harmlos beginnt und mit einer makabren Wendung überrascht: «Einst traf sie einen Jäger namens Jochen / Sie sah ihn an, und ach! ihr Herz ward sein / Doch nachts darauf hat sie ihn abgestochen / Im Dunkeln hielt sie Jochen für ein Schwein.» In der Geschichte, die im «Lied für Kärntner Männerchor» gesungen wird, muss kurz darauf auch Else dran glauben, wie die tiefen Männerstimmen des Ensembles singen.

Verständlichkeit, die Tiefgang mitbringt

Die Texte des vor den Nazis in die USA geflohenen Georg Kreisler sind zeitlos, wie etwa die folgenden Zeilen beweisen, welche Jux von einer zweiten hervorgezauberten, sehr ernsten Puppe mit Brille gesungen werden:

«Staatsbeamter möchte jeder gerne sein! / Staatsbeamte – schon der Titel schüchtert ein! / Staatsbeamte bin auch ich als Resultat – Denn wozu brauch’ ich sonst einen Staat?»

Es sind Sätze, die gleichzeitig verständlich sind und doch Tiefgang haben, humorvoll und ernst zugleich wirken, obwohl sie teilweise über 60 Jahre auf dem Buckel haben.

Die Musikerinnen und Musiker schwelgen so sehr in ihrem Schaffen, wie das Publikum gebannt zuschaut. Genussvoll-schwungvoll wird der Bass gezupft, ausdrucksvoll bremst und beschleunigt die Formation die Chansons – um sie zwischendurch abrupt mit einem Paukenschlag kunstvoll zu unterbrechen. Das ist Musik!

«Halten Sie ihn ein bisschen höher!»
Bild: Stefan Kaiser (Zug, 27. Januar 2023)

Eine Dame in der ersten Reihe erhält sogar die Ehre, den Triangel zu halten, und wird somit ebenfalls Teil der Darbietung, wenn Lady Bug singt: «Ich komm erst auf Seite 89 dran / Ja, an Zeit hab ich keinen Mangel / Ich könnt ja was lesen, doch da schaut er mich an / Und schon steh ich auf und mach –» ...

Nach zwei Zugaben, in denen sich Nikolaus Habjan zu einem Lied von Schubert überraschend als Kunstpfeifer (!) outet, endet ein genussvoller Abend. Viel zu früh.

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