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Obwalden

Uffffhhhh

Otto Leuenberger befasst sich in seinem «Ich meinti» mit den Diskussionen, die der heisse Sommer in der Schweiz ausgelöst hat.
Otto Leuenberger. (Bild: Corinne Glanzmann)

War das eine Hitze. Es gab kaum ein Entrinnen. Nein, nicht schon wieder, entfuhr mir jeweils ein Stöhnen, wenn ich die Mehrtagewettervorhersage in Medien studierte. Wann hat es das so schon gegeben? Verkehrte Welt, im Vergleich zu früheren Jahren: Hitzerekord, Rekorddürre, Fischsterben, Bäche versiegen, Pegelstände im Minusrekord, vertrocknende Felder und Wiesen, welkende Bäume wie im Herbst, Waldbrände, Feuerverbote überall. Ja gar in der offenen Kapelle bei uns hinten im Wald durften keine Bittkerzen mehr angezündet werden. Die Isobaren rührten sich nicht vom Fleck und klebten hoch im Norden. Stockholm und Oslo mit Temperaturen gar höher als bei uns. Was war und ist da bloss los?

Ein Höhepunkt des Ganzen, der feuerfreie 1. August. Irgendwie fremd, ohne die private Knallerei, das bengalische «Sprunzeln» und Feuern. Im Vertrauen, mir hat das erstaunlich gut gefallen – ohne diesen Lärm. Das hatte was Besinnliches, Feierliches. Ein wohltuender Kontrast. Das dürfte meinetwegen durchaus zum künftigen Standard gehören. Freude und Ausgelassenheit können ja auch anders zum Ausdruck gebracht werden.

Eigentlich fiel das in die klassische mediale Sauregurkenzeit. Und plötzlich dominierte ein beängstigendes Wetterphänomen. Mir wurde allmählich bewusst, wie sich ein Leben in heissen Ländern anfühlt und wie lähmend sich das auf den Tatendrang, auf die Leistungsfähigkeit auswirken muss. Unser Fleiss-Gen wäre vielleicht nicht so ausgeprägt unter solchen Dauerverhältnissen. Auch vernehme ich von einem Wissenschaftler, dass so eine Hitze das Aggressionspotenzial erhöhe. Wir würden leichtsinniger, aufbrausender. Das liege an einem arachaischen Hormon, Vasopressin, auch ADH genannt. Südländer würden mit einer Siesta dagegen halten. Und im Übrigen funktioniere der Mensch bei 21 bis 24 Grad am besten.

Nur dies hier löste eine latente Verunsicherung aus, wenn nicht gar Angst. Schon unheimlich. Da schwingt nun doch eine grosse politische, weltanschauliche Dimension mit. Die Unverbesserlichen stecken immer noch den Kopf in staubtrockenen Sand und wollen das Menschenwerk dahinter nicht wahrhaben. Was kann, muss getan werden – natürlich, ohne dass es wehtut? Ach, wenn es doch nur eine instante Lösung gäbe. Ein bisschen von diesem, von jenem, einmal umrühren und fertig. «Heilä, heilä Säge, drü Tag Rägä...» und so fort.

In einem renommierten deutschen Nachrichtenmagazin lese ich einen tröstlichen Kommentar. Unter dem Eindruck des Dürresommers sei ein Überbietungswettbewerb entbrannt. Es sei die Stunde der Apokalyptiker. Das Meiste sei masslos übertrieben und wissenschaftlicher Unfug. Auch für den Klimawandel sollte die Botschaft lauten: Die Herausforderungen sind riesig, aber wir können es schaffen. Nun, es wird – vermutlich – einen Herbst, einen Winter geben und sich damit alles in angenehmere Temperaturen auflösen, gesegnet von Regen.

Ja das Wetter. Bei allem ein unerschöpfliches, unverfängliches Gesprächsthema. Es lässt sich wunderbar eine gemeinsame Erfahrung teilen und ungestraft Dampf ablassen. Es kann ja niemand direkt persönlich verantwortlich gemacht werden. Schade nur, dass das Wetterthema nach diesem Sommer so belastet ist. Schön, wenn wir bald über farbige Herbsttage, den ersten Schnee, ja gar den Nebel und die baldige Kälte disputieren können. Einfach so.

Otto Leuenberger, , ehem. Leiter Freizeitzentrum Obwalden und «Jungpensionär», aus Giswil, äussert sich an dieser Stelle abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema.

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