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Obwalden

«Säumer und Tier sind eine Einheit»

Am Sonntag machte sich der 30-köpfige Säumertross und 17 Wanderer mit Maultieren, Eseln und Pferden auf den Weg von Sachseln nach Domodossola. Für den Emmentaler Daniel Fellmann ein spezielles Erlebnis.
Daniel Fellmann aus dem Emmental startet am Säumerfest in Sachseln mit seinem Maultier auf die Sbrinz-Route. (Bild: Franz Niederberger (Sachseln, 19. August 2018))

Franz Niederberger

Am zweitägigen Säumerfest vom vergangenen Wochenende in Sachseln fühlte man sich in eine andere Zeitepoche versetzt. Pferde und Maultiere wurden mit Waren beladen, Säumer mit ihren typischen Kleidern, einem grossen Filzhut, Wanderstecken und Wanderschuhen prägten das Dorfbild in Sachseln rund um die Kirche. Ein urechter Säumermärcht mit einheimischen Produkten, die den zahlreichen Besuchern zum Kauf angeboten wurden, sowie volkstümliche Unterhaltung liess eine uralte Tradition für zwei Tage wieder aufleben.

Ein 30-köpfiger Säumertross und 17 Wanderer haben die Sbrienz-Route von Sachseln nach Domodossola am Sonntagnachmittag in Angriff genommen. Bereits zum dritten Mal als Säumer dabei ist der 51-jährige Emmentaler Daniel mit seinem Maultier Lulu, um die 7-tägige Reise anzutreten. Jahrelang zogen schwere Maschinen für den Ackerbau den Lohnunternehmer manchmal Tag und Nacht in den Bann. Stress war an der Tagesordnung und Probleme in der Familie brachten das Fass zum Überlaufen. Er zog die Reissleine und kaufte nach einem Hinweis aus seinem Bekanntenkreis Maultier Lulu.

Den Umgang mit Tieren ist er gewohnt

Entschleunigung war bei ihm angesagt. Im Winter arbeitet Daniel Fellmann im Forst und im Sommer ist er Älpler. Die Wanderung ist für ihn eine neue Freiheit. Er kann die Seele baumeln lassen, den Takt bestimmen die Tiere. «Der Säumer und das Tier sind eine Einheit, man muss den Charakter seines Tieres kennen, mental bereit sein und wissen, was das Tier kann.» Als Bauernsohn ist er sich im Umgang mit Tieren gewohnt. Nicht missen möchte er die Kameradschaft und die Aufnahme bei den Säumern. Er freut sich auch auf die gemütlichen Stunden, wenn man an den jeweiligen Etappenorten empfangen wird. Läuft alles nach Plan, wird am kommenden Samstag der ganze Tross wohlbehalten und mit vielen schönen Eindrücken in Domodossola eintreffen.

Seit Jahren ist die Sbrinz-Route eine beliebte Wanderroute auf historischen Pfaden. Sie führt durch abwechslungsreiche Landschaften mit vielfältigen Kulturen. Mit der Säumerei wird eine alte Tradition neu gelebt. Über viele Jahrzehnte fand auf diesen Wegen der Güteraustausch zwischen den Regionen statt, um das Überleben zu ermöglichen. Nebst Säumern traf man auch Händler, Handwerker, Pilger, Söldner und Schmuggler auf diesen Pfaden.

155 Kilometer und 5000 Höhenmeter

Die Sbrinz-Route hat einen grossen historischen Hintergrund. Bei diesem speziellen Wandererlebnis kann man in die Vergangenheit eintauchen und erleben, wie unsere Vorfahren die Handelswaren mit Pferden über die Alpenpässe transportierten. Auf der Sbrinz-Route von Sachseln über drei Alpenpässe bis nach Domodossola im Ossolatal werden in sieben Tagen rund 155 Kilometer und 5000 Höhenmeter zurückgelegt. Die Wanderzeit beträgt ungefähr 45 Stunden, das Wandertempo richtet sich nach dem Schritttempo der Tiere.

Als Wanderleiter hat der Präsident der Säumer & Train Vereinigung Unterwalden, Daniel Flühler, bereits über 35 Mal die Route mit Hunderten von Wanderern und Dutzenden von Tieren zurückgelegt. Er ist jedes Mal von Neuem fasziniert. «Es sind nicht nur reine Wanderungen. Man kann die Traditionen erleben und spüren in einem speziellen Ambiente, nämlich in der Natur mit einer prächtigen Fauna und Flora.» Hinter dem Unternehmen Sbrinz-Route steckt auch ein viel an Arbeit. Nebst der Organisation des Säumerfestes müssen die Aufenthalte an den Etappenorten geplant werden, dazu gehören Unterkünfte und Verpflegungen für Mensch und Tier.

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