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Obwalden

Obwaldner Serien-Delinquent soll vier Jahre ins Gefängnis

Während zweier Jahre beging ein drogen- und alkoholsüchtiger Obwaldner eine fast beispiellose Reihe an Delikten. Vor Gericht zeigte er sich reuig, bestritt aber zumindest einen Teil der Vorwürfe.
Der Gerichtssaal in Sarnen. (Bild Corinne Glanzmann)

Franziska Herger

Ein bewaffneter Raub, sechs einfache Körperverletzungen, zehn Diebstähle, 14-facher Hausfriedensbruch, 13-mal Sachbeschädigung und mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind: Das ist – aufs Wesentlichste zusammengefasst – die nicht eben kurze Liste an Delikten, die ein heute 28-jähriger Mann aus Obwalden zwischen März 2014 und Juli 2016 begangen haben soll. Vier Jahre Gefängnis beantragt die Staatsanwaltschaft – unbedingt.

Wie kam es zu diesem fast beispiellosen Deliktskatalog? Das frage er sich aus heutiger Sicht auch, sagte der teilweise geständige Beschuldigte an der Hauptverhandlung am Donnerstag vor Kantonsgericht. Er habe in dieser Zeit oft sehr stark unter Drogen und Alkohol gestanden. «Ich weiss aber, dass das keine Entschuldigung ist.» Heute macht der Beschuldigte eine Suchtbehandlung in einem Massnahmenzentrum. Er habe grosse Fortschritte gemacht, hielt er fest. Noch vor wenigen Jahren vergingen für ihn kaum ein paar Monate ohne Deliktserie. So habe er laut Anklage an einem Wochenende im Mai 2014 zunächst einem anderen Barbesucher, der seinen Kollegen versehentlich angerempelt hatte, einen so starken Faustschlag ins Gesicht versetzt, dass sein Handgelenk brach. Bei der Schlägerei geriet er auf das Grundstück eines Sarners, der sich beschwerte, worauf der Beschuldigte ihm mit der unversehrten linken Faust ins Gesicht geschlagen haben soll. In der Nacht darauf habe er dann einen Mann per Kopfnuss zu Boden geschlagen, der eine Bemerkung über seine Freundin gemacht hatte.

«Ich hatte einen totalen Filmriss»

Der Beschuldigte gibt nur zwei der drei Schläge dieses Wochenendes zu. Doch habe es sich bei der Kopfnuss nur um eine Tätlichkeit gehandelt, die inzwischen verjährt sei, führte sein amtlicher Verteidiger aus. Den Faustschlag mit links bestreitet der Beschuldigte ganz. Das Opfer selber entlastete ihn vor Gericht, nachdem er ihn mit anderen Verdächtigen verglichen hatte.

Dagegen ist der Beschuldigte geständig, im März 2014 in Sarnen einem Mann den Kiefer gebrochen zu haben, der in einer Bar an ihm vorbei zur Toilette gehen wollte, sowie im Oktober einen Besucher des Juko-Pavillons nach kurzer Pöbelei viermal mit der Faust ins Gesicht geschlagen und seine Nase zweimal gebrochen zu haben. Dass er an der Fasnacht 2015 auf dem Stanser Dorfplatz mit 1,7 Promille einen Polizisten ins Gesicht geschlagen haben soll, daran konnte sich der Angeklagte nicht mehr erinnern. «Ich hatte einen totalen Filmriss.» Zudem sei auch dieser Schlag nur eine Tätlichkeit gewesen.

Er gab jedoch zu, in einer Nacht im Oktober 2015 in zwei und in einer Novembernacht gleich in fünf Sarner Lokale und Geschäfte hintereinander eingebrochen zu sein. Die Beute lag jeweils zwischen wenigen hundert und einigen tausend Franken, dreimal fand er gar nichts. «Auf der ständigen Suche nach Bargeld, auch zur Finanzierung seiner Sucht, war nicht viel vor ihm sicher», sagte der Staatsanwalt.

Taxifahrer in den Kernwald gelockt und ausgeraubt

Das erreichte im Juli 2016 einen traurigen Höhepunkt: Innerhalb von nur 10 Tagen brach der Mann in zwei Restaurants in Kerns und eine Wohnung in Hergiswil ein, wobei er in einem der Restaurants rund 1400 Franken fand. Zudem drang er in ein Restaurant in Alpnachstad ein. Als er dort kein Bargeld fand, beschloss er mit zwei Komplizen, noch in derselben Nacht einen Taxifahrer auszurauben.

Wie die vier Einbruchdiebstähle gab der Beschuldigte auch diese schwerste angeklagte Tat zu. Der Schlagring, mit dem er dem in den Kernwald bestellten Taxifahrer gegen den Hals schlug, sei jedoch keine mit einer Schusswaffe vergleichbare gefährliche Waffe, argumentierte der Verteidiger. Daher sei sein Klient nur des Raubs und nicht des mit härterer Strafe bedrohten bewaffneten Raubs zu verurteilen.

«Das verabscheue ich aus tiefem Herzen»

Am wichtigsten war dem Beschuldigten aber, den Vorwurf zu bestreiten, er habe mehrmals Geschlechtsverkehr mit einem damals 15-jährigen Mädchen gehabt. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte ihn aufgrund von Chatnachrichten, die das Mädchen dem Beschuldigten geschickt hatte. Diese seien nur als Provokation gemeint gewesen, beteuerte der Angeklagte. Er habe sie nur einmal ohne Zunge geküsst, zudem habe sie ihm gegenüber gesagt, sie sei 19 Jahre alt. «Ich habe nie mit solchen Dingen zu tun gehabt, das verabscheue ich aus tiefem Herzen», sagte er.

Statt 48 beantragte die Verteidigung 36 Monate unbedingte Freiheitsstrafe. Wie die Staatsanwaltschaft will sie diese aufschieben zu Gunsten einer weiteren stationären Behandlung des Beschuldigten. «Es tut mir leid, dass andere Leute unter meinem Verhalten leiden mussten», betonte der. «Heute habe ich ein gutes Standbein für die Zukunft und wäre froh, wenn ich die Suchttherapie weitermachen könnte.»

Der Staatsanwalt erwähnte zwar den positiven Bericht des Massnahmezentrums, wies aber gleichzeitig daraufhin, dass der Beschuldigte vergangenen Herbst geflüchtet war und einen Drogenrückfall erlitten hat. Auch attestierte ihm ein psychiatrisches Gutachten für die nächsten Jahre eine Rückfallgefahr von über 75 Prozent.

«Das Glas kann halb leer oder halb voll sein», meinte der Verteidiger. «Was zutrifft, entscheidet der Betrachter.» In diesem Fall also das Gericht, dessen Urteil noch aussteht.

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