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Obwalden

Kleine Nidwaldner Forscher in der Obwaldner Unterwelt

Kinder vom Ferienpass Nidwalden erlebten auf Melchsee-Frutt ein unterirdisches Abenteuer.
Die fröhliche Kinderschar auf ihrem Weg durch die Höhle. (Bild: Zéline Odermatt, Melchsee-Frutt, 7. August 2019)
Ohne Helm, Lampe und Overall geht niemand in die Höhle. (Bild: Zéline Odermatt, Melchsee-Frutt, 7. August 2019)
Bergführer Niklaus Kretz erklärt den Kindern vom Ferienpass Nidwalden, was sie beachten müssen bei der Wanderung. (Bild: Zéline Odermatt, Melchsee-Frutt, 7. August 2019)
Ein Gruppenfoto vom Höhlenabenteuer darf nicht fehlen. Aufgrund des Platzmangels in der Höhle, wird dieses an der Erdoberfläche gemacht. (Bild: Zéline Odermatt, Melchsee-Frutt, 7. August 2019
Zum «Dessert» das Abseilen: 35 Meter geht es eine steile Felswand hinunter. (Bild: Zéline Odermatt, Melchsee-Frutt, 7. August 2019)

Zéline Odermatt

Zéline Odermatt

Zéline Odermatt

Zéline Odermatt

Zéline Odermatt

Es ist kurz nach neun Uhr morgens, dichte Wolken bedecken den Himmel und im Postauto in Richtung Stöckalp sitzt eine aufgeregte Schar. Die fünf Buben und zwei Mädchen sowie zwei Betreuungspersonen gehen heute auf Höhlentour. Möglich macht dies der Ferienpass Nidwalden. Während der Gondelfahrt Richtung Melchsee-Frutt diskutieren die Kinder, welches Nidwaldner Dorf nun das schönste sei. Einig werden sie sich natürlich nicht, jeder findet sein Heimatdorf am besten.

Oben angekommen, beginnt gleich die einstündige Wanderung auf den Bonistock. Regnen tut es trotz schlechter Wetterprognose nur leicht und die Kinder kommen rasch voran. Es stellt sich heraus, dass jemand von der Truppe anders als die anderen kein Höhlenforscherneuling mehr ist. «Ich war schon letztes Jahr in der Höhle auf Melchsee-Frutt und es hat mir so gut gefallen, dass ich mich dieses Jahr wieder angemeldet habe», sagt Luca Schelbert aus Stans. Der 12-jährige Schüler erzählt weiter: «Ich fand das Höhleninnere sehr spannend und die engen Räume unter der Erde machten mir gar nichts aus.»

Auch Kaspar Gander freut sich auf die Höhlenwanderung. Er ist frühpensioniert und hilft an diesem Tag als Aufsichtsperson mit. «Das ist eine tolle Möglichkeit die Region von einer anderen Seite kennen zu lernen», erzählt der Buochser. Dank der Pensionierung habe er genügend Freizeit, um mit den Ferienpass-Kindern Ausflüge zu unternehmen. «Mir macht das grossen Spass und nicht jeder hat die Möglichkeit, diese spannende Höhlenwelt zu sehen.»

«Man taucht in eine ganz andere Welt ein»

Los geht es bei einem kleinen Loch in der Erde, das eher wie ein Fuchsbau als wie ein Höhleneingang aussieht. Für die 10- bis 14-jährigen Kinder ist das kein Problem. Bergführer Niklaus Kretz zeigt vor, wie es geht, und robbt auf allen Vieren durch das Loch, die anderen hinterher.

«Man taucht in eine ganz andere Welt ein», beschreibt Kaspar Gander das Gefühl. «Wir sagen immer, dass der Mensch die Welt zerstöre, aber diese Felsformationen werden auch nach uns noch da sein.» Die Gruppe kriecht weiter den uralten Höhlengang entlang.

«Die Höhlen bestehen seit der letzten Eiszeit», erklärt Bergführer Niklaus Kretz den Kindern in einem ersten unterirdischen Raum, in dem alle wieder aufrecht stehen können. Die Kalkablagerungen sind klar im Felsen zu sehen. Auch Granit- und Marmorschichten ziehen sich durch die Felswände. Darauf glitzert es. «Das sind kleine Wassertropfen», so Kretz. Es daure rund zehn Jahre, bis ein Wassertropfen von der Oberfläche durch die Felsschicht in die Höhle tropft. Doch auch Tiere schaffen es von der Oberfläche in den Untergrund. Die Kinder freuen sich jedes Mal, wenn sie einen kleinen Falter entdecken, und rufen an einer Stelle aus: «Schau mal! Ein Spinnennetz.»

Stalagmiten sind wie Termitenhügel

Weiter besteht die Höhle auch aus einigen kleinen Stalaktiten und Stalagmiten. Der Bergführer fragt die Kinder: «Wisst ihr welche unten und welche oben sind?» Da gebe es einen einfachen Trick. «Stalagmiten, das klingt ähnlich wie Termiten. Und Termitenhügel sind genau wie Stalagmiten am Boden.» Weiter geht es durch die schmalen Gänge eines der grössten Karsthöhlensysteme der Schweiz. Dieses wurde vor über 40 Jahren entdeckt, 63 Kilometer Höhlengänge sind im Gebiet der Melchsee-Frutt bereits vermessen.

An den engsten Stellen wird von den Kindern zuerst abgeschätzt, wie man am besten hindurchpasst. Auch die Erwachsenen müssen teils auf einer Schulter seitwärts kriechend durch die Höhle. Die schmalen Stellen sind es, an denen Platzangst hochkommen könnte. Aber die Kinder scheinen die kleinen Räume wenig zu stören. Erst als der Bergführer alle auffordert die Stirnlampe zu löschen, gibt es für einen kurzen Moment Aufruhr. Der Bergführer bittet alle, ruhig zu sein. Es ist stockdunkel und totenstill, ein komisches Gefühl. Natürlich hält der Moment der Stille nur kurz an, das aufgeregte Geplauder der Kinder geht weiter.

Die Kinder sind Profikletterer

Eine «Rutschbahn» hat es in der Höhle auch: Die Kinder sausen eines nach dem anderen auf dem Bauch den Felsen runter. Die Stelle ist nicht steil, also völlig ungefährlich. Ein anderer Ort kurz vor dem Ausgang ist viel steiler und es braucht eine Sicherung. Ein Kind nach dem anderen klickt den Karabinerhaken wie ein Profi ein und klettert rund fünf Meter die Felswand hoch. Da wurde wohl das Klettern bereits auf dem Spielplatz geübt. Die Buben und Mädchen meistern jede sportliche Herausforderung auf der Höhlentour mit Bravour.

Der Höhepunkt kommt zum Schluss

Nach dem Aufstieg hat es die Gruppe geschafft, der Ausgang ist erreicht. Ein Highlight fehlt noch: das Abseilen. 35 Meter geht es eine steile Felswand herunter. Meter für Meter laufen die Kinder nacheinander senkrecht zur Felswand runter. «Das Abseilen hat mir am besten gefallen», sagt Josefina Durrer (10) aus Ennetmoos. Und auch ihre Kollegin Johanna Marti (11) aus Stans sagt: «Das war super, schliesslich haben wir nicht jeden Tag die Chance so etwas zu erleben.» Die Buben pflichten den Mädchen etwas schlotternd bei, denn nass wurden in der Höhle alle – und das bei Temperaturen von rund sechs Grad. «Ein cooles Erlebnis, einfach etwas wärmer hätte es in der Höhle sein können», sagt denn auch Serafin Durrer (14) aus Ennetmoos.

Dem nun zweifachen Höhlenerforscher Luca Schelbert (12) hat es wieder sehr gut gefallen. «Ich finde es super, wenn ich so abenteuerliche Sachen machen kann.» Mit den Eltern sei er sonst nur auf Familienwanderwegen unterwegs wegen seiner zwei jüngeren Schwestern.

Nach knapp zwei Stunden Nässe, Dreck und herausfordernden Kletterübungen geht es zurück zur Bonistock-Hütte. Alle sind über die mitgebrachten trockenen Kleider froh. Zurück an der Wärme sind sich die Kinder einig: Das war ein einmaliges Erlebnis.

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