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Obwalden

Obwaldner Obergericht prüfte Beschwerde nicht – zu Unrecht

Ein Ehepaar wurde verhaftet und machte Strafanzeige gegen einen Staatsanwalt und eine Polizistin. Das Obergericht trat auf die Beschwerde des Paars dagegen nicht ein. Zu Unrecht, wie das Bundesgericht nun entschied.
Zwei Entscheide des Obwaldner Obergerichts wurde vom Bundesgericht aufgehoben. (Bild: Corinne Glanzmann (Sarnen, 30. September 2009))

Franziska Herger

Freiheitsberaubung, Nötigung, Androhung von Folter und räuberische Erpressung: Es sind happige Vorwürfe, die ein Ehepaar im Sommer 2017 in zwei Strafanzeigen in Obwalden erhoben hat, umso mehr, als die Anzeigen einem Staatsanwalt und einer Polizeibeamtin gelten. Die Vorwürfe seien allerdings unbegründet, fand die Staatsanwaltschaft, und entschied gut drei Wochen nach Eingang der Anzeige, das Verfahren nicht an die Hand zu nehmen. Es gebe keine Hinweise auf ein deliktisches Verhalten seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft, lautete die Begründung. Dies geht aus einem vor kurzem publizierten Bundesgerichtsentscheid hervor.

Das Paar war ans höchste Gericht gelangt, nachdem das Obwaldner Obergericht vergangenen Juni nicht auf seine Beschwerden gegen die Verfügungen der Vorinstanz eingetreten war. Das Obergericht hatte begründet, die beiden seien als blosse Anzeiger gar nicht zur Beschwerde legitimiert.

Das Bundesgericht sieht dies anders: Das Paar habe gar keine Gelegenheit gehabt, sich zu Privatklägern zu erklären, was unter anderem das Recht zur Beschwerde bedeutet hätte. Dass die Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft auf diese Möglichkeit hingewiesen worden wären, lasse sich den Akten nicht entnehmen, schreibt das Bundesgericht weiter. Man könne dem Ehepaar nicht vorwerfen, dass es sich nicht von sich aus darum bemüht habe. Das Urteil des Bundesgerichts fällt klar aus: «Die angefochtenen Nichteintretensbeschlüsse verletzen Bundesrecht und sind aufzuheben.»

«Rechtsverweigerung in Obwalden»

Noch klarer tönt es im Blog strafprozess.ch des Rechtsanwalts Konrad Jeker, wo regelmässig Fälle im Straf- und Strafprozessrecht der ganzen Schweiz kommentiert werden. «Rechtsverweigerung in Obwalden» prangt da als Schlagzeile. «Kann mir jemand erklären, wie solche Entscheide eines Obergerichts möglich sind? Es wird ja wohl nicht die Befürchtung gewesen sein, dass die Beschwerden bei Eintreten gutzuheissen gewesen wären», schreibt der Anwalt. Ob die Vorwürfe des Ehepaars haltbar sind, ist mit dem Bundesgerichtsurteil jedoch noch nicht klar. Dieses betrifft nur Verfahrensfragen.

Doch was genau ist passiert? Wie aus dem Urteil und aus unserer Zeitung vorliegenden Dokumenten zum Fall hervorgeht, stellte die Staatsanwaltschaft im Januar 2017 Festnahmebefehle gegen das Paar aus. Sie wurden dringend verdächtigt, ihren damaligen Wohnsitz in Engelberg nur vorgetäuscht zu haben, weshalb ihnen unter anderem Widerhandlung gegen das Ausländergesetz vorgeworfen wurde.

Polizei soll Asthma-Spray eingezogen haben

Das Paar wirft der Staatsanwaltschaft im Gegenzug vor, insbesondere bei der Verhaftung der Ehefrau unrechtmässig vorgegangen zu sein. Sie sei aus reiner Schikane in Haft genommen worden, um sie unter Druck zu setzen und zu einer Aussage zu bewegen. Zudem sei ihr ein Asthma-Spray abgenommen worden, welchen sie aufgrund der belastenden Stresssituation dringend gebraucht hätte. Die Beschwerdeführer sprechen von Folter. Auch sei die eingezogene Kreditkarte der Ehefrau gegen ihren Willen mit 2000 Franken belastet worden. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, die Handlungen hätten im Rahmen der verhältnismässigen Ausübung der Amtstätigkeit stattgefunden. Die Unannehmlichkeiten der Anzeigesteller stünden im Einklang mit den Pflichten von Polizei und Staatsanwaltschaft. Das Bundesgericht hat die Sache nun zur neuen Entscheidung an das Obergericht zurückgewiesen. Nach Informationen unserer Zeitung will das Ehepaar weitere Verfahren in der Sache anstrengen.

Hinweis: Bundesgerichtsurteile 6B_722/2018 und 6B_723/2018.

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