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Obwalden

Bereits 500 Schiffsfahrten: Seeschüttung in Alpnachstad schreitet voran

Im Rahmen des Hochwasserschutzprojekts entstehen am Südufer des Alpnachersees neue Flachwasserzonen. Das Material stammt von einer Baustelle im Tessin und im nächsten Jahr vom Hochwasserstollen im Sarneraatal.
Das Schiff klappt auseinander, um das Schüttmaterial in den See abzulassen. (Bilder: Florian Pfister
(Alpnachstad, 22. Juli 2020))
Eine der untersuchten Varianten, wie das Mündungsgebiet der Sarneraa dereinst aussehen könnte. (Visualisierung Kanton Obwalden)
Der Damm wird gebildet, damit das Material vom Hochwasserentlastungsstollen im Jahr 2021 in den See geschüttet werden kann. 

Florian Pfister

Florian Pfister

Florian Pfister

Florian Pfister

Der Hai schwimmt geradewegs auf Alpnachstad zu. Sein Ziel hat er klar vor Augen. Es ist die Mündung der Sarneraa. Doch zuschnappen will er dort nicht, im Gegenteil. Aus seinem grossen Mund spuckt er Gesteinsmassen. Gemeint ist nicht etwa ein Haifisch, sondern ein Nauen mit diesem Namen.

Das Ziel des Schiffs befindet sich unmittelbar neben einem Ponton. Darauf steht ein Bagger. Bauleiter Steve Gisler musste zuvor genau messen, an welcher Stelle der Schiffsführer sein Wasserfahrzeug positionieren muss. Steht das Klappschiff am richtigen Ort, öffnet sich die Luke mitten im Schiff. Wie der Name schon erahnen lässt, klappt das Schiff wortwörtlich auseinander.

Es schüttet 420 Tonnen Gesteinsmasse in den See. Sichtlich fällt auf, wie die Reling immer höher steigt, da das Schiff an Gewicht verliert. Die Arbeit für den Schiffsführer ist nach rund zehn Minuten in Alpnachstad vorerst vollbracht, nun kümmert sich der Baggerführer um das Schüttmaterial im See. Er errichtet damit einen Damm. Um die Ladung des Klappschiffs an die richtige Stelle zu schütten, braucht er etwa zwei Stunden.

Flachwasserzonen sind wichtig für Fische

Jahrzehntelang wurde im Flussdelta Kies und Sand abgebaut. Das natürliche Flussdelta der Sarneraa verschwand. «Mit diesem Projekt können wir einen Teil davon wiederherstellen», erklärt Urs Hunziker, Abteilungsleiter Naturgefahren des Kantons Obwalden. Im letztjährigen Sommer hatte das Bauunternehmen zum Baustart einen Teil der tiefen Baggerlöcher wieder aufgefüllt. Das Projekt «Aufwertung Südufer Alpnachersee» ist Teil des Gesamtprojekts zur Verbesserung der Hochwassersicherheit im Sarneraatal. Dafür wird unverschmutztes Ausbruchmaterial von Baustellen verwendet. «Es ist ideal, dass wir das Material umweltgerecht wiederverwenden können», sagt Urs Hunziker. Durch die Schüttungen entstehen neue Flachwasser- und Flachmoorzonen.

Die Flachwasserzonen bieten Fischen im Süden des Alpnachersees einen neuen Lebensraum. Die Artenvielfalt hat durch die Abtragung arg gelitten. Urs Hunziker sagt:

«Solche Gebiete sind als Rückzugsort, Laichhabitat und Kinderstube für Jungtiere ideal und auch nötig.»

Die Flachmoore bieten zudem seltenen Vögeln einen Platz, um zu brüten.

Nun wird ein Damm errichtet, damit im nächsten Jahr das feinere Material aus dem Hochwasserentlastungsstollen an der Sarneraa in die Mündungsbucht geschüttet werden kann. Er sorgt dafür, dass diese Gesteinsmassen nicht vom Wasser weggespült werden. Im kommenden Winter lässt man den Damm ruhen. Währenddessen finden Strassen- und Stromversorgungsarbeiten statt, damit die Lastwagen die Gesteinsmassen vom Auslaufbauwerk des Hochwasserentlastungsstollen beim Wichelsee an den Vierwaldstättersee transportieren und abladen können.

Rund 190'000 Tonnen transportiert

Das jetzige Schüttmaterial stammt vom Projekt «Kraftwerkserneuerung Ritom» im Kanton Tessin. Von dort aus wird es auf den Zug geladen, in Flüelen verteilt sich der Schutt auf zwei Klappschiffe, die insgesamt 760 Tonnen laden können. Die Fahrt über den See vom Kanton Uri nach Obwalden dauert drei Stunden. Sobald das Schiff seine Ladung losgeworden ist, kehrt es zurück nach Flüelen, um erneut Material zu beladen. Zweimal hin und her – dann ist der Tag schon wieder vorbei. Insgesamt rund 500 Fahrten für das Projekt haben die beiden Urner Schiffe bereits hinter sich, dabei rund 190'000 Tonnen transportiert.

Das Projekt schreitet gut voran. Auch die Verzögerung durch den Baustellenstop im Tessin aufgrund des Coronavirus wirbelte den Zeitplan nicht durcheinander. «Wir sind sogar etwas voraus», sagt Projektleiter Steve Gisler. Grund dafür sei unter anderem die gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.

«Das wird oft unterschätzt. Aber wenn man gut miteinander arbeitet, kommt man schnell voran.»

Auch das vom Kantonsrat genehmigte Budget von 12 Millionen Franken kann voraussichtlich eingehalten werden. «Wir rechnen damit, dass wir sogar etwas darunter abschliessen können», gibt sich Urs Hunziker optimistisch.

Ähnliche Projekte profitieren voneinander

Es ist kein Projekt wie jedes andere. «Solch eine Seeschüttung ist nicht alltäglich, wir haben wenig Erfahrungswerte und suchen immer nach Verbesserungen», sagt Urs Hunziker. «Wir profitieren von den Urner Erfahrungen, die im Reussdelta gemacht wurden. Das Material vom Bau der zweiten Gotthardröhre wird für die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen im Urnersee verwendet. Dort wird man wiederum von uns profitieren können.» Das Projekt an der Mündung der Sarneraa soll 2022 abgeschlossen werden.

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