notifications
Obwalden

«Aussen ist die Made knusprig, innen wird es eklig weich»: Obwaldner Maturanden wagen Kochexperiment mit Insekten

In ihrer Maturaarbeit haben sich Manuel Durrer und Andreas Schmidiger dem Thema der essbaren Insekten gewidmet. Dabei kreierten sie auch eigene Rezepte.
Der Sachsler Andreas Schmidiger (links) und der Kernser Manuel Durrer haben ihre Maturaarbeit dem Thema Insekten gewidmet. (Bild: Florian Pfister (Kerns, 29. Juni 2020))
Die Obwaldner bereiteten Grillen-Wraps und Wildreis mit Mehlwürmern zu. (Bilder: PD)
Als Dessert probierten die Obwaldner Vanille-Glace mit Grillen und Heuschrecken. 
Roman Kühne hat in Ecuador Maden – sogenannte Chontacuro – gegessen.  (Bilder: PD)

Florian Pfister

Florian Pfister

Florian Pfister

Florian Pfister

So schlimm ist es eigentlich gar nicht – oder etwa doch? Die Vorstellung, eine Grille, einen Mehlwurm oder eine Heuschrecke zu verspeisen, löst bei den meisten Menschen Ekel aus. Manuel Durrer aus Kerns und Andreas Schmidiger aus Sachseln überwanden sich und assen Insekten im Rahmen ihrer Maturaarbeit und kamen dabei auf interessante Kenntnisse. Für ihr Werk erhielten sie die Note 6.

Dabei gingen sie auf verschiedene Aspekte zum Verspeisen von Insekten ein. So beleuchten sie beispielsweise die Vorteile. Die Insektenproduktion ist wesentlich umweltfreundlicher als diejenige von Fleisch. Für ein Kilogramm essbare Grillen braucht es 1,7 Kilogramm Futter, für die selbe Menge an Rindfleisch sind es etwa 10 Kilogramm. Auch der Proteinanteil ist wesentlich höher als bei Fleisch. Manuel Durrer sagt:

«Uns war zuvor nicht bewusst, wie gesund Insekten eigentlich sind.»

Schweizer ekeln sich vor Insekten

Warum also ist das Verspeisen von Insekten bei uns kaum verbreitet? Seit 2017 sind Grillen, Heuschrecken und Mehlwürmer in der Schweiz als Lebensmittel zugelassen. «Bei unseren Recherchen sticht ein Thema heraus, nämlich die Akzeptanz», erklärt Andreas Schmidiger. «Für viele Menschen sind Insekten eklig anzusehen. Dies führt dazu, dass uns auch die Vorstellung ekelt, sie zu verzehren.»

Erstaunt haben die beiden Obwaldner die Ergebnisse ihrer für die Arbeit durchgeführten Umfrage. 37 Prozent der Befragten haben bereits Insekten verspeist. Die Hälfte davon hatte dieses Erlebnis allerdings erst einmal. Nur eine von dreissig Personen gab an, mehr als zwanzigmal Insekten gegessen zu haben.

Selbst gekocht – und selbst probiert

Die beiden beliessen es aber nicht nur bei Recherchen. In einem Kochexperiment assen sie selbst Insekten. In drei verschiedenen selbst zusammengestellten Gerichten haben sie die drei in der Schweiz zugelassenen Insektenarten probiert. Als Vorspeise bereiteten sie Grillen-Wraps zu. Sie brieten die Insekten an und würzten sie mit Salz. Zusammen mit Gemüse wurden sie in Tortillas eingerollt. «Es war gar nicht so schlecht», schmunzelt Andreas Schmidiger.

«Man hatte jedoch bei jedem Biss das Gefühl, man beisse auf eine Grille, auch wenn gerade keine auf der Gabel war. Man wurde das Gefühl nicht los, dass da etwas auf dem Teller weiter krabbelt.»

Als Hauptspeise kochten sie Wildreis an einer Currysauce. Die Mahlzeit ergänzten sie mit Mehlwürmern. «Durch den körnigen Wildreis merkte man gar nicht, dass man gerade Mehlwürmer ass», stellt Andreas Schmidiger fest. «Da die Insekten ein bereits bekanntes Gericht ergänzten, war es nicht so schlimm.»

Zum Abschluss gab es als Dessert Vanille-Glace mit Grillen und Heuschrecken, die zuvor in Schokoladensauce getaucht wurden. «Es fiel mir leichter, mich zu überwinden. Da sie mit Schokolade überzogen waren, konnte man sie nicht direkt sehen», erklärt Manuel Durrer.

Insekten stehen künftig nicht auf dem Speiseplan

Manuel Durrer und Andreas Schmidiger kannten sich zuvor nicht mit der Thematik aus. Auf Insekten gekommen sind sie aus verschiedenen Gründen. Andreas kommt ursprünglich aus der Kochbranche, mit essbaren Insekten kannte er sich aber nicht aus. Manuel mag eine abwechslungsreiche Ernährung und probiert gerne neue Gerichte aus. Die Maturaarbeit entstand im Rahmen der technischen Berufsmatura am Berufs- und Weiterbildungszentrum BWZ Obwalden.

Als zentrales Ergebnis der Maturaarbeit hält Manuel Durrer fest: «Der Insektenkonsum bietet gesundheitlich, umwelttechnisch und wirtschaftlich einen grossen Mehrwert. Die Akzeptanz in unserer westlichen Gesellschaft ist aber noch relativ gering.»

Die Maturanden haben nicht vor, Insekten in ihren Speiseplan zu integrieren. «Wir ernähren uns genügend vielseitig, daher besteht kein Bedürfnis dazu», meint Manuel Durrer. Die Obwaldner denken nicht, dass in der Schweiz in naher Zukunft ein grosser Aufwärtstrend zu erwarten ist.

Es geht noch ekliger als in der Schweiz

Betreut wurden die Obwaldner von Roman Kühne. Der Biologe, der am BWZ Obwalden unterrichtet, hat mehr Erfahrung im Verspeisen von Insekten als die Absolventen der technischen Berufsmatura. Seine Familie lebte in Südamerika – mitten im Dschungel. Im Jahr 2017 verweilte er während vier Monaten in Ecuador. «Die Kinder mussten mit dem Boot in die Schule. Vogelspinnen waren schon fast Haustiere», erzählt er. Auf dem Speiseplan stand des Öfteren eine dicke Made – genannt Chontacuro. Die Einheimischen halten diese in Töpfen als lebende Snacks. Kühne selber ass sie aber gebraten.

«Aussen ist die Made knusprig, innen wird es eklig weich. Der Geschmack ist auch nicht wahnsinnig gut.»

Roman Kühne lobt die Maturaarbeit von Manuel Durrer und Andreas Schmidiger. «Die beiden Schüler haben die Note 6 bekommen, weil sie in allen Belangen überzeugen. Inhaltlich werden viele Themen abgedeckt. Auch beim Kochexperiment bewiesen sie viel Kreativität.»

Kommentare (0)