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Obwalden

Academia Engelberg: Podiumsteilnehmer diskutieren über das Pendeln

Viele wohnen nicht dort, wo sie arbeiten. Dafür gebe es gute Gründe, meinten die Diskussionsteilnehmer am Podium der Academia Engelberg. Doch kamen auch Vorbehalte aufs Tapet.
Gesprächsleiter Iwan Rickenbacher mit Erwin Schaller, Daniel Wyler, Peter Uebersax und Frédéric Füssenich (von links). (Bild: PD (Engelberg, 15. Oktober 2018))

Matthias Piazza

Zum Arbeitsalltag gehört für viele auch eine längere Zug- oder Autofahrt. Täglich verlassen 500 Engelberger ihren Wohnort, weil sie auswärts arbeiten. Davon pendeln über 200 nach Nidwalden, etwa 100 in die Stadt Luzern und rund 40 nach Zürich. Dafür pendeln etwa 700 Arbeitnehmer nach Engelberg (davon 500 mit dem Auto). Der Kanton Obwalden hat 10000 Zu- und 12000 Wegpendler, wie die rund 100 Zuhörer zu Beginn des von der Stiftung Academia Engelberg veranstalteten Podiums zum Thema «Binnenmigration – wer profitiert und wer verliert?» vorgestern erfuhren.

«Ist eine ausgeglichene Pendlerbilanz ein Thema?», fragte Diskussionsleiter Iwan Rickenbacher den Podiumsteilnehmer und Obwaldner Regierungsrat Daniel Wyler. «Selbstverständlich sind das politische Fragen», bestätigte der Volkswirtschaftsdirektor. Doch so einfach sei das nicht. «Machen wir uns nichts vor. In Obwalden gibt es nicht mehr viel freies Industrieland. Braucht es hoch spezialisierte Leute, stellt sich das Lohnproblem, da die Löhne in Obwalden tiefer sind als beispielsweise in Zürich. Vor allem in der Technologiebranche laufen uns die Leute reihenweise davon. Da können wir noch so gut ausbilden.» Einfach mehr Wohnraum zu schaffen, sei nicht so einfach, zumal dies auch den Bau von Schulhäusern, Sportstätten und anderen Infrastrukturen nach sich ziehen würde. Frédéric Füssenich, der Direktor von Engelberg-Titlis-Tourismus, zeigte sich überrascht, dass Engelberg mehr Zu- als Wegpendler hat. Seiner Erfahrung nach würden viele seiner Mitarbeiter Wolfenschiessen gegenüber Engelberg als Wohnort bevorzugen, wegen der tieferen Wohnkosten. «Ich habe auch von Leuten gehört, die bewusst nicht am selben Ort leben und arbeiten wollen, wegen des Abstandes.» Schlussendlich seien gute Mitarbeiter wichtig, dafür müsse eine gewisse Flexibilität gewährleistet sein.

Dies sah auch Erwin Schaller so, der bei schönem Wetter mit dem Velo von seinem Wohnort Stansstad an seinen Arbeitsplatz, der CSEM in Alpnach, pendelt. Von den rund 40 Mitarbeitern würde etwa die Hälfte pendeln. Doch dank eines Aussenarbeitsplatzes in Zürich könnten sich die Mitarbeiter aus dem Raum Zürich tageweise den Weg in die Innerschweiz sparen.

Staus als Lösung für das Pendlerproblem?

Pendeln zu verbieten geht nicht, hielt Bundesrichter und Advokat für Migrationsrecht, Peter Uebersax fest, der selber einmal pro Woche von seinem Wohnort bei Lausanne nach Basel pendelt und die Zugfahrt zum Lesen nutzt. «Schweizer können sich überall niederlassen, wo sie wollen.» Andererseits beklagten sich die grossen Städte, dass sie eine Verkehrsinfrastruktur für Pendler bereitstellen müssten, die dann andernorts Steuern bezahlen würden, meinte er. «Die täglichen Staus in den Ballungszentren könnten ja auch eine Strategie sein, um Pendler zu bewegen, sich in der Region anzusiedeln.» Allerdings relativierte er die hiesigen Verkehrsprobleme. «Wer jemals den Pendlerverkehr in Ballungszentren in China und Japan erlebte, weiss, dass der viel beschworene Dichtestress noch ganz andere Dimensionen annehmen kann.»

Erwin Schaller meinte, dass eine gewisse Steuerung der Pendlerströme vielleicht auch über den Steuerabzug fürs Pendeln möglich sei. Für Peter Uebersax gehört Pendeln zur Realität. «Ich weiss von einem Paar, bei dem der eine Partner in Zürich arbeitet und der andere in Lausanne. Auf halber Strecke haben sie ihre gemeinsame Wohnung.»

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