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Obwalden

Abtretender Obwaldner Kantonsratspräsident: «Es ist schwieriger geworden, Leute für unser Milizsystem zu finden»

Wenn Kantonsratspräsident Reto Wallimann Ende Juni wieder als «normaler» Parlamentarier ins neue Amtsjahr startet, ist er einer der erfahrensten: Mehr als die Hälfte der Kantonsräte hat weniger als drei Jahre Parlamentserfahrung.
Weil so wenig «geblötterlet» wurde: Der abtretende Kantonsratspräsident Obwaldens Reto Wallimann bläst zum Abschied an seiner letzten Sitzung Seifenblasen in die Luft. (Bild: PD (Sarnen, 29. Mai 2020))
Das war vor einem Jahr: Reto Wallimann als frisch gewählter Kantonsratspräsident, rechts Weibelin Hanna Mäder. 
(Bild: Nadia Schärli (Sarnen, 28. Juli 2019))
Ungewohnte Umgebung für den Kantonsrat: Sitzung in der Aula Cher in Sarnen mit Coronaschutzmassnahmen. (Bild: Urs Flüeler/Keystone (Sarnen, 28. Mai 2020))
Reto Wallimann leitet die Eröffnungssitzung des vergangenen Amtsjahres des Obwaldner Kantonsrats im Rathaus. (Bild: Nadia Schärli (Sarnen, 28. Juli 2019))

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Philipp Unterschütz

Dem Obwaldner Kantonsrat fehlt zusehends die «Wettkampferfahrung», so formuliert es der scheidende Kantonsratspräsident und begeisterte Turner Reto Wallimann (FDP, Alpnach). In seiner letzten Ratsversammlung als Präsident verabschiedete er am Freitag nicht weniger als sieben erfahrene Kantonsräte: Christian Limacher und Thomas Zumstein (FDP), Monika Rüegger, Isabella Kretz und Walter Küchler (SVP), Hampi Lussi (CVP) und Seppi Hainbuchner (SP). «Damit wird zu Beginn des neuen Amtsjahres mehr als die Hälfte des Parlaments, nämlich 29 Personen, eine Parlamentserfahrung von nur gerade maximal zwei Jahren haben», sagte Reto Wallimann.

Es ist nicht so, dass deswegen die Parlamentsarbeit schlechter werde, betont Wallimann. «Aber es gehen viel Wissen und Hintergrundinformationen verloren, warum Geschäfte auf eine ganz bestimmte Art aufgegleist worden sind.» Es würden manchmal Fragen im Parlament gestellt, die man bereits früher diskutiert und geklärt hätte. Und der Kantonsrat solle auch nicht Dinge, die er geregelt habe, nach kurzer Zeit wieder über den Haufen werfen. «Die Kontinuität kann leiden. Die erfahreneren Fraktionsmitglieder sind deshalb gefordert, den ‹Neuen› an ihren Sitzungen solche Hintergrundinfos vorab zu erklären.»

Es wird schwieriger, Leute im Milizsystem zu mobilisieren

Warum die Amtszeiten immer kürzer werden, kann der 52-jährige Reto Wallimann, der selber seit acht Jahren im Parlament sitzt und auch bei den nächsten Gesamterneuerungswahlen in zwei Jahren wieder antreten will, auch nicht erklären. «Es ist allgemein schwieriger geworden, Leute für unser Milizsystem zu finden. Auch Gemeinden oder Vereine haben zusehends mehr Mühe.» Viele Personen sagten bei Anfragen auch einfach mal zu, dass man sie aufstellen dürfe, weil sie nicht damit rechnen, gewählt zu werden. «Und wenn das dann eben doch passiert, oder sie nachrutschen können, machen sie halt nur eine kurze Amtszeit.»

Seifenblasen fürs Parlament

Sollte im Kantonsrat nur «geblötterlet» werden, wäre Ratspräsident Reto Wallimann ausgerüstet gewesen. Neben der Glocke stand an den Kantonsratssitzungen auf seinem Pult immer das kleine Fläschchen, um zur Entspannung Seifenblasen steigen zu lassen. Das Geschenk, das ihm der Alpnacher Pfarrer Thomas Meli zum Amtsantritt schenkte, hat er allerdings nie gebraucht. Bis am vergangenen Freitag. Nachdem das Obwaldner Parlament mit Präsident Wallimann und Landammann Sepp Hess ein Jahr fest in Alpnacher Hand war, liess er zum Abschied doch noch einige Blasen steigen – mit dem ausdrücklichen Lob ans Parlament, dass in seinem Amtsjahr speditiv und effizient gearbeitet worden sei.

«Ich bin wirklich sehr zufrieden, wie das Jahr im Parlament gelaufen ist», erzählt er rückblickend. Er habe umgekehrt auch viele positive Rückmeldungen zu seiner Amtsführung von Kantonsräten erhalten. Alle Beteiligten hätten die Geschäfte diszipliniert und effizient erledigt. «Es war ein gutes Zusammenspiel.» Auch diese letzte Sitzung in der vergangenen Woche, an der er in zwei Tagen mit dem Rat gewohnt souverän 29 Traktanden abarbeitete, verlief trotz ungewohnter Umgebung in der Aula Cher ganz nach Wunsch.

Ein Präsident im Lehnstuhl

Das Präsidialjahr, das für viele Politiker eine Art Karrierehöhepunkt markiert, beendet Reto Wallimann auch mit etwas Wehmut. «Es sind dieses Jahr wegen Corona viele Veranstaltungen, die ich gerne als Ratspräsident besucht hätte, ins Wasser gefallen.» Interessante Begegnungen mit Menschen, mit denen man sonst nicht so in Kontakt komme, hätten deshalb nicht stattgefunden.

Zeitlich hat das Amt als Kantonsratspräsident weniger von Reto Wallimann verlangt, als er erwartete. Ausser vielen Anlässen sind auch drei von acht Kantonsratssitzungen ausgefallen. «Ich war ja fast im Lehnstuhl Präsident, weil so wenig los war», sagt er mit einem Schmunzeln. Er habe sich damals in Erwartung einer viel stressigeren Zeit bewusst auf das Amt eingelassen. Ersatzlos abgesagt wurde am vergangenen Donnerstag auch das gemeinsame Mittagessen der Mitglieder von Kantonsrat und Regierung, an dem auch die Verabschiedungen vorgenommen werden.

Nachfolgeregelungen fürs nächste Amtsjahr

An der nächsten Sitzung des Kantonsrats am 26. Juni kommt es zum üblichen Sesselrücken. Die bisherige Vizepräsidentin Cornelia Kaufmann-Hurschler (CVP, Engelberg) wird neue Präsidentin des Kantonsrats Obwalden. Der erste Stimmenzähler Christoph von Rotz (SVP, Sarnen) wird Vizepräsident. Regula Gehrig-Bucher (CSP, Alpnach) wird erste Stimmenzählerin, Dominik Rohrer (CVP, Sachseln) zweiter Stimmenzähler.

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