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Uri

«Nur Bares ist Wahres»

Der Historiker Elias Bricker sinniert in dieser Kolumne darüber, ob das Sparkonto mittlerweile ausgedient hat, und erzählt in diesem Zusammenhang eine Geschichte, in der im Schächental mehr als 6000 Franken verloren gingen.
Elias Bricker, Flüelen. (Bild: Urner Zeitung)

Elias Bricker

Nichts ausser Spesen! Vorbei sind die Zeiten, in denen sich Kleinsparer Ende Jahr über einige Franken Zinsen auf ihrem Sparbüchlein freuen konnten. Stattdessen werden sie seit einigen Jahren monatlich zur Kasse gebeten. Viele Banken verlangen inzwischen Kontoführungs-, Buchungs- und Bearbeitungsgebühren sowie Spesen für Schaltereinzahlungen oder zusätzliche Dienstleistungen. Wer Pech hat, muss der Bank inzwischen gar Negativzinsen entrichten. Unter dem Strich wurde das klassische Sparkonto so zum Verlustgeschäft.

Bei aktuell tiefen Zinsniveaus erstaunt es nicht, dass offenbar immer mehr Schweizerinnen und Schweizer Bargeld horten, statt ihr Geld bei der Bank anzulegen. Noch nie in der Geschichte waren denn mehr 1000er-Noten im Umlauf als im vergangenen Jahr – und dies, obwohl immer weniger Leute mit Bargeld bezahlen und kaum noch Läden und Restaurants solch grosse Banknoten akzeptieren. Nichtsdestotrotz sind gemäss der Schweizerischen Nationalbank hierzulande 1000er-Noten im Wert von mehr als 40 Milliarden Franken im Umlauf. Ein grosser Teil davon wird mehr oder minder sicher aufbewahrt – in Bankschliessfächern, zu Hause in Ovo-Büchsen auf den Küchenregalen oder in Kleiderschubladen zwischen Socken und Unterhosen.

Das aktuell schwierige wirtschaftliche Umfeld mit der Coronakrise hat die Tendenz hin zum Bargeldhorten sogar noch verstärkt. Das überrascht nicht. Ein Blick in die Geschichtsbücher verrät: Bargeld gewann immer dann an besonderem Wert, wenn sich Banken in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld bewegen mussten.

Doch die Geldanlage im Stubenbuffet ist heikel. Vor einiger Zeit stiess ich bei Arbeiten im Gemeindearchiv Spiringen auf eine Episode, die genau dies unterstreicht: In der Nacht vom 27. auf den 28. Januar 1968 war bei Urigen eine riesige Lawine ins Tal gedonnert. Sie riss mehrere Gebäude mit sich, vier Menschen kamen dabei ums Leben – darunter der damalige Kassier der Viehversicherung-Genossenschaft Spiringen. Wie damals üblich, hatte dieser das gesamte Genossenschaftsvermögen in einer Schatulle zu Hause aufbewahrt – insgesamt fast 6600 Franken Bargeld. Das war damals eine enorme Summe Geld. Gemessen an der Teuerung würde dies heute einem Betrag von rund 21'000 Franken entsprechen. Die Vorstandsmitglieder der Viehversicherung-Genossenschaft suchten daher in den Wochen nach dem Unglück in den Trümmern und auf dem ganzen Lawinenkegel immer wieder nach der Geldkassette. Erst im Frühjahr bei der Schneeschmelze wurden Überreste der Schatulle im Mühlebach gesichtet. Der wertvolle Inhalt blieb aber für immer verschollen.

Ich persönlich wüsste zwar ganz genau, wo ich meine Nötli am besten verstecken könnte: Eingelegt zwischen den Seiten meiner dicksten Theoriebücher aus dem Studium, die derart trocken und abschreckend daherkommen, dass sie bestimmt nie ein Besucher anrühren wird. Doch das Risiko, dass ich das Geld plötzlich nicht mehr finde oder die verschmähten Bücher beim nächsten Frühlingsputz doch im Abfall landen, ist mir schlicht zu gross. Deshalb bleibt mein Geld auf der Bank.

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