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Nidwalden

Fasnachts-Dauerauftrag: Seit über 20 Jahren näht Martha Odermatt für die Nidwaldner Guugger

Martha Odermatt ist bei den Guuggenmusigen ein Begriff. Seit über 20 Jahren näht die 82-Jährige Gwändli. Tadellose und fristgerechte Arbeit ist für sie Ehrensache. Davon halten sie selbst die Grippe und knappe Fristen nicht ab.

«Mein Heiligtum», nennt Martha Odermatt das Arbeitszimmer in ihrer Wohnung in Büren bei Oberdorf. Auf dem Tisch steht eine Nähmaschine, daneben liegen Stoffe. An der Wand hängen sechs Guuggengwändli, unter anderem ein Fallschirmanzug oder ein Kostüm, das man aus Harry-Potter-Büchern kennt. «Ich liege gut im Zeitplan, ich werde schon lange vor dem Schmutzigen Donnerstag, dem 28. Februar, fertig sein», sagt die vife 82-jährige Bürerin. Sie sei sich gewohnt, dass die Guugger erst etwa Mitte November mit dem Stoff und ihren Sujetwünschen vorbeikämen. Etwas mehr Zeit würde sie schätzen. So stehen auch dieses Jahr seit etwa zwei Monaten der Montag, Dienstag und Freitag ganz im Zeichen des Nähens.

Dabei scheut sie keinen Aufwand, kein Sujet ist ihr zu kompliziert. «Für ein Sissi-Kostüm mit drei aufeinanderliegenden Röcken waren fünf Meter Stoff nötig. Es war eines meiner schönsten selbstgenähten Fasnachtskostüme», erinnert sie sich an einen Auftrag vor drei Jahren zurück. Unvergessen bleibt ihr auch die letztjährige Fasnacht. «Ich hatte noch weniger Zeit als sonst, weil der Schmutzige Donnerstag schon am 8. Februar war.» Dann erwischte sie auch noch eine Grippe, drei Gwändli waren noch nicht fertig. «Das bereitete mir schlaflose Nächte. Aber ich bekam es hin, dank tatkräftiger Unterstützung meiner Tochter.»

Zu ihrem Fasnachts-Dauerauftrag kam Martha Odermatt über ihren Job als Näherin bei der Ruag, den sie bis zu ihrer Pensionierung vor 20 Jahren ausübte. Sie flickte die Pilotenoveralls mit ihren 14 Reissverschlüssen. «Plötzlich fragte mich ein Arbeitskollege, ob ich sein Guuggenkleid nähen könnte», erinnert sich Martha Odermatt zurück. Sie zögerte erst. «So etwas war für mich Neuland.» Doch sie traute es sich zu – mit überzeugendem Resultat. «Das blaue Kleid mit gelbem Blitz gefiel der Fasnächtlerin und auch ihren Guuggenkollegen.» Odermatts Nähkünste sprachen sich herum. Mit den Jahren häuften sich die Anfragen. Der Rekord liegt bei elf Kostümen im selben Jahr. «Ich musste auch schon mal Anfragen ablehnen, um mir nicht zu viel aufzubürden», erzählt sie mit einem Lachen.

Zweimal an Maskenbällen gewonnen

Zur Fasnacht habe sie immer einen Bezug gehabt. So nahm sie früher mit selbstgenähten Kleidern an Maskenbällen teil, zweimal habe sie gar gewonnen. Diese aktive Teilnahme sei zwar Vergangenheit. Aber als Zuschauerin sei sie immer noch an den Nidwaldner Fasnachtsumzügen anzutreffen – nicht zuletzt aus «professionellen» Gründen: «Interessiert begutachte ich, wie die fremden Gwändli genäht sind. Dafür habe ich ein Auge.»

Auch nach über 20 Jahren will sie ihre Leidenschaft in den nächsten Jahren weiterleben. «Ich bin zwar etwas langsamer als früher, muss abends um fünf Uhr die Arbeit weglegen, weil ich sonst anderntags unsaubere Nähte ausbessern muss.» Aber die Arbeit mache ihr noch immer Spass. «Die Augen machen noch mit und ich kann sogar noch selber einfädeln», lacht sie.

«Nähen war immer mein grosses Hobby», begründet sie ihr alljährliches fasnächtliches Engagement. Wie viele Stunden sie dafür schon investiert hat, weiss sie nicht. Darüber führe sie nicht Buch. Für ein Guuggengwändli bekommt sie je nach Aufwand zwischen 150 und 250 Franken, aber ums Geld gehe es ihr nicht.

Zwei Fotoalben dokumentieren ihr Schaffen

«Es begeistert mich, wenn ich aus den Stoffen, die mir die Guugger in Kehrichtsäcken anliefern, etwas Wunderbares nähen kann.» Einfach so händigt sie ihr Werk aber nicht den Besitzern aus. «Jeder Guugger muss sein Kleid anprobieren und sich fotografieren lassen», erzählt sie und zeigt stolz ihre zwei Fotoalben mit Aufnahmen, die bis zur Fasnacht 1997 zurückreichen.

«Die Fasnächtler nehmen ihr Kleid mit strahlenden Augen dankbar in Empfang, das bewegt mich sehr.» Wenn das letzte Gwändli abgeliefert sei, komme auch der Moment des Durchatmens. Die Nähmaschine wird aber deswegen nicht versorgt. «Während der Fasnacht kommt es immer wieder vor, dass ich eine gerissene Naht nähen muss, wenn es etwas wild zu und hergegangen ist. Solche Garantiearbeiten gehören auch dazu», sagt Martha Odermatt. Die Nähmaschine rattert wieder.

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