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Luzern

Mythos «Hoch und Dicht»

In unserer Gastkolumne zur Stadtentwicklung schreibt Peter Schwehr von der Hochschule Luzern über den Nutzen von Hochhäusern im Zusammenhang mit verdichtetem Bauem.
Peter Schwehr, Leiter des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur an der HSLU. (Bild: PD)

Peter Schwehr*

Die Lösung scheint einfach: Ist der Platz für Bauland begrenzt, baut man in die Höhe. Wertvoller Boden wird gespart, die Zersiedelung gestoppt und statt enge Wohnverhältnisse in den Quartieren zu schaffen, wird luftig in die Höhe gebaut, mit Blick auf die Weite einer möglichst nicht zersiedelten Landschaft. Die vertikale Stapelung von Wohnfläche im Hochhaus als Beitrag zum geforderten verdichteten Bauen in der Stadt also? Wäre die Antwort so einfach, wären viele Streitereien und Diskussionen vom Tisch.

Hier treffen die beiden Themen aufeinander, die im aktuellen Städtebau-Diskurs die meisten Emotionen und Vorbehalte auslösen: das Hochhaus und die Verdichtung. Da wäre es natürlich wünschenswert, dass sie sich im Zusammenspiel zum Wohlgefallen aller gegenseitig auflösen könnten. Als Traum-Duo sozusagen. Doch dem ist leider nicht so.

Auf der eine Seite steht der Anspruch des «verdichteten Bauens». Verdichtet Bauen heisst: Mehr Personen nutzen die gleiche Wohnfläche. Das spart Bodenressourcen und wirkt der Zersiedelung unserer Landschaft entgegen. Darüber hinaus senkt die begrenzte Wohnfläche auch die Mieten. Wo jedoch einfach die individuelle Wohnfläche und das Bauvolumen vergrössert werden, entsteht zwar Enge, aber kaum Verdichtung.

Auf der anderen Seite steht das Hochhaus. Mit seiner Höhe von 25 Metern und mehr kommt es nicht umhin, das Ortsbild zu prägen. Die Höhe macht die Sache zusätzlich kompliziert: Hier wirken andere Kräfte auf ein Gebäude, es müssen deshalb besondere Konstruktionen gewählt werden. Kommt hinzu, dass aufgrund der mitunter kritischen Erschliessungsbedingungen strengere Auflagen an Fluchtwege erfüllt werden müssen und aufwendigere gebäudetechnische Installationen nötig sind. Kurz und gut: Ein Hochhaus ist eine teure Bauform, die kaum einen Beitrag zum kostengünstigen Wohnen leisten kann. Der Blick nach draussen mag vielleicht den Aufwand wert sein, aber nur dann, wenn man genug verdient und nicht andere Hochhäuser einem den Blick zustellen. Mehr Baumasse für Privilegierte also, aber keine Verdichtung.

Ein weiteres Argument, das gegen die Formel «Hochhaus gleich Verdichtung» spricht, ist die momentane Baugesetzgebung. Im Unterschied zu den bekannten Megastädten wie etwa Schanghai darf ein Hochhaus sein Umfeld bei uns nicht verschatten. Die Folge davon ist, dass um das Gebäude herum viel Freifläche benötigt wird. Es nimmt also nicht nur Höhe in Anspruch, sondern im Endeffekt auch Umland. Spätestens dann wird die vermeintliche Verdichtung ad absurdum geführt.

Halten wir fest: Mit der Bauform des Hochhauses sollte sehr besonnen umgegangen werden. Erst wenn es gelingt, mit einem Hochhaus kostengünstiges und verdichtetes Bauen zu ermöglichen, wird es eine ernsthafte Alternative zu 5- bis 6-geschossigen Wohnbauten – unter der Voraussetzung, dass es den Ort im nachhaltigen Sinne bereichert.

Hinweis: Peter Schwehr ist Leiter des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur der Hochschule Luzern, Departement Technik & Architektur. Einmal im Monat äussern sich Professoren des Departements zu städtebaulichen Themen des Kantons Luzern. Ihre Ansichten müssen nicht jener der Redaktion entsprechen.

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