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Luzern

Mehr Arbeitslose, mehr Sozialhilfeempfänger: Emmen will seine Ressourcen aufstocken

Weil die Sozialhilfequote durch die Coronakrise steigt, will der Emmer Gemeinderat zur Betreuung der Fälle mehr Personal anstellen. Dabei hat der Einwohnerrat erst kürzlich einen Stellenausbau abgelehnt.
Der Einwohnerrat Emmen hat an der Budgetsitzung einen Teil der Stellenaufstockung für das Departement Soziales abgelehnt. 
(Eveline Beerkircher
(Emmen, 15. Dezember 2020))

Beatrice Vogel

Die Coronakrise wird die wirtschaftliche Situation der nächsten Jahre beeinflussen, was sich insbesondere auf die Sozialhilfe auswirkt. Gemäss einem Analysepapier vom Januar rechnet die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) bis 2022 mit einem Anstieg der durchschnittlichen Sozialhilfequote in der Schweiz von heute 3,2 Prozent auf bis zu 4 Prozent.

Dazu trägt die gestiegene Arbeitslosigkeit bei. Seit 2019 hat die Arbeitslosenquote massiv zugenommen – im November 2020 waren es 44 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahresmonat – und liegt derzeit bei 3,3 Prozent. Die Skos geht für die nächsten Jahre von einer Verdoppelung der Langzeitarbeitslosen aus. Jeder fünfte Neueintritt in die Sozialhilfe werde eine Person sein, die nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit ausgesteuert wurde, schätzt die Skos.

Eine weitere Herausforderung für die Sozialhilfe werden in den nächsten Jahren anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene sein. Denn der Bund ist nur fünf bis sieben Jahre finanziell für sie verantwortlich. Personen, die zwischen 2014 und 2016 in der Schweiz Asyl beantragten, werden bis 2023 in die finanzielle Verantwortung von Kantonen und Gemeinden übergehen.

150 Sozialhilfedossiers mehr bis 2022

Für viele Gemeinden bedeuten diese Entwicklungen eine finanzielle Mehrbelastung – auch für Emmen. Die Arbeitslosenquote betrug in Emmen im Januar 4,8 Prozent, ein Jahr zuvor lag sie noch bei 3,8 Prozent. Zur Sozialhilfequote gibt es keine aktuellen Zahlen, 2019 betrug sie rund 4 Prozent. Der Gemeinderat rechnet damit, dass die Sozialen Dienste Emmen 2022 rund 660 Sozialhilfedossiers werden betreuen müssen. Zum Vergleich: Im vergangenen Januar waren es 497 Dossiers, im Februar bereits 511, wobei ein Dossier mehrere Personen umfassen kann. Der Emmer Sozialdirektor Thomas Lehmann (FDP) sagt:

«Wir verzeichnen einen stetigen Anstieg bei der Sozialhilfe, im Moment haben wir eine Zunahme der Neuanmeldungen um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.»

Mehr Dossiers und Neuanmeldungen bedeuten mehr Arbeit für die Sozialen Dienste. Um diese zu bewältigen, hat der Emmer Gemeinderat bereits mit dem Budget 2021 mehr personelle Ressourcen im Umfang von 140 Stellenprozenten beantragt. Das war dem Einwohnerrat zu viel: Um zu sparen, hat er lediglich 50 bewilligt – mit dem Hinweis, dass die Stellenerhöhung später erneut beantragt werden könne, sofern es sie wirklich brauche.

Es sei wirklich dringlich, findet der Gemeinderat, weshalb er nun die 90 Stellenprozente erneut beantragt. Gestützt wird er dabei von der Skos. Im Analysepapier heisst es:

«Für den zu erwartenden Zuwachs an Fällen sind die nötigen personellen Ressourcen einzuplanen.»

Die Anzahl Dossiers pro Sozialarbeiter oder Sozialarbeiterin zu erhöhen, sei hingegen nicht zielführend: Eine Studie der Stadt Winterthur habe gezeigt, dass eine Reduktion der Fälle pro betreuender Person zu sinkenden Kosten und einer schnelleren Ablösung von der Sozialhilfe führe. Eine zu hohe Falllast führe hingegen langfristig zu mehr Kosten.

Administration soll Sozialarbeitende entlasten

Der Gemeinderat will aber nicht mehr Sozialarbeitende anstellen. Stattdessen sollen die zusätzlichen Stellenprozente dem Team Dienstleistungen zugutekommen, das für Buchhaltung, Controlling, Schalter und Sekretariat zuständig ist. Thomas Lehmann sagt:

«Für die Beratung sind noch Kapazitäten vorhanden, aber in der Administration fehlen Ressourcen.»

Eine externe Evaluation habe gezeigt, dass einige administrative Arbeiten durch die Sozialarbeitenden erledigt werden. Mit der Stellenaufstockung könne das Team Dienstleistungen diese Arbeiten übernehmen und damit die Sozialarbeitenden entlasten.

Darüber hinaus verhindere die Stellenaufstockung eine durch Überlastung verursachte Fluktuation oder krankheitsbedingte Ausfälle der Mitarbeitenden, ist der Gemeinderat überzeugt. Denn schon heute sei die Arbeitsbelastung hoch. Kündigungen und Krankheit seien Kostentreiber, die es zu vermeiden gelte.

Für die 90 Stellenprozente, die ab 1. Juli besetzt werden sollen, beantragt der Gemeinderat einen Nachtragskredit für 2021 von rund 42'000 Franken. Ab 2022 wird die Stellenaufstockung das Budget mit jährlich rund 84'000 Franken belasten. Der Einwohnerrat behandelt das Geschäft am 23. März.

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