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Luzern

Luzerner SP-Kantonsrätin bemängelt Massnahmen gegen häusliche Gewalt

Immer mehr Personen suchen wegen häuslicher Gewalt Rat bei der Opferberatungsstelle. Erhöht hat sich auch die Zahl der Interventionen durch die Polizei. Der Kanton hat bei der Prävention Nachholbedarf, findet eine SP-Kantonsrätin.
Im Kanton Luzern suchten im letzten Jahr mehr Personen Rat bei der Opferberatungsstelle zum Thema Häusliche Gewalt. (Symbolbild: Getty)

Roseline Troxler

Ein Streit zwischen einem Paar eskaliert, eine Frau wird vom Freund zusammengeschlagen, Nachbarn alarmieren die Polizei, die wegen häuslicher Gewalt ausrückt – dies ist ein fiktives Beispiel. Im Jahr 2018 verzeichnete die Luzerner Polizei 442 Interventionen aufgrund von häuslicher Gewalt. Dies geht aus der Antwort der Regierung auf eine Anfrage von Kantonsrätin Ylfete Fanaj (SP, Luzern) hervor. Laut Urs Wigger, Mediensprecher der Luzerner Polizei, handelt es sich dann um eine Intervention, wenn die Polizei aufgrund einer Meldung bei den Beteiligten vorspricht, auf Betroffene zugeht und Ermittlungen und Massnahmen getroffen werden. Die Zahl steigt seit 2016 wieder an.

Längst nicht jede Intervention führt zu einer Anzeige. Im letzten Jahr wurden bei 244 Interventionen insgesamt 411 Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt erfasst, bei 198 Interventionen kam es zu keinen Verzeigungen. Von häuslicher Gewalt spricht man in bestehenden oder aufgelösten Paarbeziehungen oder in familiären Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern oder Erwachsenen und betagten, respektive behinderten Personen, heisst es bei der Luzerner Polizei.

Opferberatungsstelle hat auch 107 Kinder beraten

Gestiegen sind in den letzten drei Jahren auch die Beratungsleistungen bei der Opferberatungsstelle. Im Bereich häuslicher Gewalt wurden 2018 524 Personen beraten - 62 mehr als im Vorjahr. Nicht nur Frauen, sondern auch 45 Männer und 107 Kinder wurden von der Stelle unterstützt.

Nebst der Opferberatungsstelle und weiteren Anlaufstellen ist häusliche Gewalt auch häufig Thema beim kantonalen Bedrohungsmanagement, welches seit 2018 besteht. Es ermöglicht, dass die Polizei auch ohne Anzeige aktiv werden kann. Vor einem Jahr waren in der Datenbank gut 350 Luzerner verzeichnet. Massnahmen wurden auch im Bereich der Prävention getroffen. So gibt es seit 2017 die Koordination Gewaltprävention im Justiz- und Sicherheitsdepartement, welche die verschiedenen Akteure koordiniert. Aus der Regierungsantwort geht aber hervor, dass die personellen Ressourcen aufgrund des Sparpakets KP 17 um 40 Prozent reduziert wurden. Seither stehen noch 10 Stellenprozent zur Verfügung.

Dieser Fakt stört Ylfete Fanaj. «Dass der Kanton Luzern im Bereich der Prävention nur 10 Stellenprozent zur Verfügung hat, ist deutlich zu wenig. Es führt dazu, dass der Kanton bei der häuslichen Gewalt nur reagieren, nicht agieren kann.» Fanaj sieht daher für den Kanton Nachholbedarf. Sie sagt:

«Die Behörden müssen den Schutz vor häuslicher Gewalt besser gewährleisten.»

Sie verweist dabei auf die Istanbul-Konvention – ein Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, das seit April 2018 in Kraft ist. Die Regierung aber sieht diesbezüglich keinen Handlungsbedarf, wie sie in der Antwort schreibt: «Insgesamt werden die Anforderungen der Istanbul-Konvention im Kanton Luzern erfüllt.»

Fakt ist: Im Nachbarkanton Zug gab es letztes Jahr 439 Interventionen wegen häuslicher Gewalt – also fast gleich viele wie im Kanton Luzern mit mehr als dreimal so vielen Einwohnern. Ylfete Fanaj rechnet daher mit einer hohen Dunkelziffer in Luzern und meint: «Luzern war mal ein Vorzeigekanton. Doch der Abbau aufgrund von Sparmassnahmen und die herausgeschobene personelle Aufstockung bei der Luzerner Polizei haben Folgen.» Dabei sei die Prävention vor Gewalt nicht ein Privatproblem; der Kanton stehe in der Verantwortung. Sie verweist auf ein Urteil des Kantonsgerichts vom letzten Jahr.

Gut die Hälfte der Verfahren wird eingestellt

Im Jahr 2018 ist es im Kanton Luzern zu 263 Verfahren wegen häuslicher Gewalt gekommen, wie es in der Regierungsantwort heisst. 56 Prozent von den Verfahren wurden aber eingestellt.

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