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Luzern

Luzerner Männer singen immer weniger

Die Männerchöre schwinden im Kanton Luzern. Grund ist der Mitgliedermangel. Der Männerchor Hochdorf unternimmt einen letzten Rettungsversuch. Helfen könnte ein Projekt, das der Kanton lanciert.
Chorprobe des Männerchors im Schulhaus von Hochdorf, dirigiert von Peter Lindenmann. (Bild: Corinne Glanzmann, 23. August 2018)

Roseline Troxler

So einfach wollen sie sich nicht geschlagen geben, die 18 Männer, die einmal wöchentlich im Männerchor Hochdorf singen. Der Traditionsverein kämpft ums Überleben. Nach 123 Jahren soll das Ende des Chores «wegen Personalmangels und Überalterung eingeläutet werden», schreiben die Mitglieder in einem Brief an Bekannte. «In einem Dorf mit nahezu 10 000 Einwohnern sollte es, so meinen wir, möglich sein, singfreudige Männer zu finden», heisst es weiter. Dies umso mehr, da es der neue Dirigent Peter Lindenmann bestens verstehe, mit abwechslungsreicher Probengestaltung und hervorragender Stimmbildung zu motivieren.

Hansruedi Amrein, Ehrenmitglied und ehemaliger Präsident des Männerchors, führt aus: «Wenn wir die Zahl der Mitglieder bis Ende Jahr nicht erhöhen können, lösen wir uns auf.» Doch soweit soll es nicht kommen: Am 1. September zwischen 9 und 13 Uhr unternimmt der Chor einen letzten Versuch. Er wird vor dem Seetalcenter in Hochdorf präsent sein, den Verein vorstellen, Lieder zum besten geben und Neu-Mitglieder umwerben. «Wir versprechen uns viel von dieser Massnahme.» Frühere Werbeaktionen, etwa an Konzerten oder am Weihnachtsmarkt, hätten allerdings wenig gefruchtet. Interessierte werden am 12. September zu einem Schnuppertraining eingeladen. «Dort können sie das Singen im Chor unverbindlich ausprobieren.»

«Männerchöre haben es am schwierigsten»

Mitgliederschwund kennen auch viele andere Chöre. Der Männerchor Kriens hört Ende September auf – nach 169 Jahren (wir berichteten). Andreas Hofstetter, Präsident vom Verband der Chöre Innerschweiz, sagt: «Männerchöre haben es am schwierigsten, genügend Nachwuchs zu finden.» Den Grund sieht er darin, dass viele Chöre «extrem überaltert» sind. «Teils haben die Chöre einen Durchschnitt von über 70 Jahren.» Hofstetter führt den Mitgliedermangel nicht nur auf das abnehmende Interesse am Vereinsleben zurück. «Viele Männerchöre haben zu lange zugewartet, um sich mit der Nachwuchsfrage zu beschäftigen. Nun fehlt eine ganze Generation. Die Diskrepanz von Jung und Alt ist gross, was es schwieriger macht, Junge anzuwerben.» Weniger Probleme haben laut Hofstetter gemischte Chöre und vor allem Projektchöre. «Junge singen gerne, wollen sich aber nicht mehr fest binden. Männerchöre sind daher vielleicht nicht mehr so zeitgemäss.» Dass Chöre zu veraltete Stücke singen, glaubt er hingegen nicht. «Die Mehrheit der Chöre hat ihr Repertoire angepasst.» Dies bestätigt Hansruedi Amrein: «Wir singen auch Lieder von Polo Hofer und Udo Jürgens – nebst klassischen Männerchorlieder und kirchlicher Literatur.»

30 Männerchöre in 15 Jahren verschwunden

Vor 15 Jahren gab es im Kanton Luzern noch rund 70 Männerchöre, heute sind es zirka 40. Der Verband der Chöre Innerschweiz gibt Chören Tipps, wie sie neue Mitglieder gewinnen können. «Ein allgemein gültiges Rezept gibt es aber leider nicht», so Hofstetter. Der Männerchor Sempach etwa zählte vor fünf Jahren noch 16 Mitglieder. Inzwischen sind es 20. Der Chor hat versucht, mit der Aktion «Fifty plus» Neumitglieder zu finden. So ist er bewusst auf die Generation der über 50-jährigen zugegangen. 450 Sempacher wurden angeschrieben. Damit konnte laut Präsident Franz Erni aber nur ein Mitglied gefunden werden. «Wir kämpfen nach wie vor um neue Mitglieder», so Erni, der laut eigenen Angaben etliche Männer mit guten Stimmen persönlich angeschrieben hat.

Helfen könnte den Chören die Kampagne «Luzern singt mit». Die Fachstelle Gesundheitsförderung des Kantons Luzern möchte damit das Singen fördern. Claudia Burkard ist zuständig für das Projekt: «Unser Ziel ist es, dass möglichst viele Chöre und Privatpersonen während einer gewissen Zeit ein offenes Singen anbieten.» Interessierte sollen also ohne Verpflichtung gemeinsam mit anderen populäre Lieder singen können. Während des offenen Singens sollen die Chöre bewusst einfache Stücke üben.

Kampagnenstart für Frühling 2019 geplant

Die Kampagne des Kantons ist auf drei Jahre befristet. Der Start ist für den Frühling 2019 geplant. «Luzern singt mit» ist das Nachfolgeprojekt von «Luzern tanzt». «Singen hat positive Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit», ist Burkard überzeugt. Chöre vor der Auflösung zu retten, sei hingegen nicht der Anspruch des Kantons. Hofstetter begrüsst das Projekt dennoch: «Die Idee ist sensationell. Wir können sie vom Verband her nur begrüssen und erhoffen uns dadurch auch, neue Mitglieder zu gewinnen.»

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