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Luzern

Luzerner Kantonsrichterin im Ruhestand: Nun sorgt Franziska Peyer im Kinderzimmer für Recht und Ordnung

Die Luzerner Kantonsrichterin Franziska Peyer ist pensioniert. Ein Rückblick auf ihre Karriere und das Leben als Tochter eines berühmten Vaters.
War seit 1980 als Richterin tätig: Franziska Peyer.  (Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 1. Mai 2020))

Evelyne Fischer

Waage und Richtschwert: Das sind zwei gängige Attribute von Justitia, der Personifikation der Gerechtigkeit. Sie symbolisieren, dass jeder Entscheid nach sorgfältigem Abwägen gefällt und mit der nötigen Härte durchgesetzt werden soll.

Argumente suchen, einordnen und zu einem schlüssigen Urteil zusammenführen: Bis zuletzt war dies der Ansporn von Kantonsrichterin Franziska Peyer-Egli, 66, CVP, die kürzlich in den Ruhestand getreten ist. Seit 2006 amtete die Stadtluzernerin in einem Vollpensum bei der obersten Instanz, davon zwei Jahre als Präsidentin des früheren Obergerichts, als erste und bisher einzige Frau. Künftig will sie ihr Augenmerk auf die Enkelkinder richten – und den Haushalt. «Ich brauche Aufgaben, die mir am Abend das Gefühl geben, etwas geschafft zu haben.»

Juristische Laufbahn war familiär vorgezeichnet

Begonnen hat sie ihre Laufbahn 1980 als ausserordentliche Richterin am damaligen Amtsgericht Kriens, später war sie ebenfalls als Ersatzrichterin am Kriminalgericht tätig. Dass es sie in die Rechtswissenschaften verschlagen hat, kommt nicht von ungefähr: «Ein Medizinstudium wäre an meinen Noten in den Naturwissenschaften gescheitert», sagt Franziska Peyer und lacht.

Auch familiär hatte sie Vorbilder: Der Grossvater war Rechtsanwalt, ebenso ihr Vater, Alphons Egli, der zwischen 1982 und 1986 für die CVP im Bundesrat sass. «Mein Vater war ein rationaler, analytisch denkender Mann, das hat mir immer imponiert», sagt Peyer. Für sie war das Anwaltspatent allerdings nur eine Zwischenstation: «Die Perspektive war mir zu einseitig. Mich hat immer die rechtliche Durchdringung, die grosse Auslegeordnung fasziniert.» Sätze, die sitzen. So wie die grauen Locken, die markante Brille und der weinrote Lippenstift.

Einblick in fremde Lebensbereiche

Kündigungen, gestörte Vertragsbeziehungen und Scheidungen prägten Peyers Anfänge im Zivil- und Familienrecht. «Mir gefiel der persönliche Kontakt, das Suchen pragmatischer Lösungen.» Am Kantonsgericht waren es oft Gewalt- und Drogendelikte oder Betrugsfälle, die auf ihrem Tisch landeten. «Als Strafrechtlerin erhalte ich Einblick in Lebensbereiche, die ich aus eigener Anschauung nicht kenne», sagt Peyer im aktuellen Geschäftsbericht der Luzerner Gerichte.

Besonders nahe gingen der dreifachen Mutter Gewalt- und Sexualdelikte «mit Machtgefälle gegenüber Frauen» oder Fälle von häuslicher Gewalt, bei denen Kinder im Spiel waren. Auch Fahrlässigkeitsdelikte haben sie beschäftigt, «weil in diesen Fällen oft eine Verkettung unglücklicher Umstände zu einem tragischen Ergebnis für Täter und Opfer geführt hat». Doch haben Gefühle, gerade bei Befragungen, im Gerichtssaal überhaupt Platz? «Ich darf mich weder von Antipathie noch von Sympathie leiten lassen, aber ich muss mir bewusst sein, dass Emotionen dazugehören», sagt Peyer.

«Sonst könnten einem Gefühle einen Streich spielen.»

Ihre Nachfolge am Kantonsgericht trat inzwischen Chris Lehner (Grüne) an. 9 Frauen und 15 Männer walteten 2019 in der höchsten Luzerner Gerichtsinstanz. Franziska Peyer hat sich stets für die Förderung von Frauen stark gemacht und für Teilzeitstellen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Insbesondere 1991, im überparteilichen Luzerner Komitee «Mehr Frauen in die Behörden». Dessen Plakat mit dem Slogan «Frauen gehören ins Haus!» schrieb Geschichte: CVP-Ständerätin Josi Meier machte den Spruch damals an der Frauensession schweizweit bekannt, als sie sagte:

«Frauen gehören ins Haus – ins Bundeshaus, ins Rathaus, ins Gemeindehaus!»

Peyer selbst kandidierte 1991 für den Grossrat. Das erste und letzte Mal. Erfolglos. Parteipolitik mit Fraktionszwang? «Das wäre nichts für mich gewesen. Zu einseitig», sagt Peyer, einmal mehr. Es reichte, dass der Vater von der Politik absorbiert war. Die Tochter eines Bundesrats zu sein, habe ihr schon eine gewisse Aufmerksamkeit beschert. «Es hat mir Türen geöffnet. Aber ich war mir stets bewusst, dass diese Anerkennung nicht selbstverständlich ist und ich für meine Karriere verantwortlich bin.»

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