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Luzern

Luzerner fahren auf Töffs ab: Händler und Fahrlehrer haben wegen Pandemie und bevorstehenden Gesetzesänderungen so viel zu tun wie nie

Händler melden Engpässe bei einzelnen Motorrädern, Fahrlehrer voll belegte Kurse bis im Herbst. Die Pandemie lockt viele Luzernerinnen und Luzerner auf die Strasse. Spürbar sind auch anstehende Gesetzesänderungen – und ein Frühjahrsstau bei den Prüfungen.
Hans Leupi, Inhaber von Leupi Moto in Meggen, meldet einen starken Anstieg der Motorradverkäufe.
(Bild: Eveline Beerkircher (19. August 2020))

Alexander von Däniken

«Ich bin 34 Jahre im Geschäft – so einen Ansturm habe ich noch nie erlebt.» Das sagt Hans Leupi, Inhaber von Leupi Moto in Meggen. Gefragt sind wegen anstehenden Gesetzesänderungen grosse Motorräder. Aber auch E-Bikes und Vespas verkauft Leupi zahlreich. «In dieser speziellen Zeit steigt offenbar die Lust, auf ein E-Bike, Motorrad oder eine Vespa umzusteigen.» Das geht laut Leupi so weit, dass die Importeure nicht mehr mit Liefern nachkommen: «Kawasaki Schweiz kann uns mit vielen Modellen nicht mehr beliefern.»

Was sind das für Gesetzesänderungen, die Leupi angesprochen hat? Der Bundesrat hat auf das kommende Jahr zahlreiche Änderungen beschlossen, um die Regeln an jene der EU anzugleichen. Zum Beispiel:

  • Aus für den Direkteinstieg auf grosse Motorräder: Der Bundesrat verbietet die direkte Ausbildung für die Motorräder ohne Leistungsbeschränkung (Kategorie A). Bisher konnte, wer 25 Jahre und älter war, direkt einsteigen. Ab 2021 muss nun vorerst für mindestens zwei Jahre ein Motorrad mit maximal 35 kW (48 PS) Leistung gefahren werden.
  • Jünger auf 125er-Maschinen: Motorräder bis 125 Kubikzentimeter Hubraum dürfen ab dem Jahr 2021 bereits ab dem 16. Altersjahr gefahren werden. Heute liegt das Mindestalter für die Führerschein-Kategorie A1 bei 18 Jahren. Die Motorräder und Roller sind auf maximal 11 kW (15 PS) limitiert.
  • Jünger auf kleine Töffs: Neu dürfen bereits ab 15 Jahren Kleinmotorräder bis 50 Kubikzentimeter (Kategorie AM) und maximal 45 km/h gefahren werden. Bisher lag die Altersgrenze bei 16 Jahren.

Dass 2020 ein spezielles Töffjahr ist, spürt auch Kevin Kronenberg, designierter Filialleiter von Hostettler Moto in Luzern: «Wir verkaufen deutlich mehr grosse Maschinen als letztes Jahr.» Gefragt seien wie in der ganzen Schweiz sogenannte Naked Bikes, also Motorräder ohne Verschalungen. Kronenberg rechnet ausserdem damit, dass bis Ende Jahr mehr Motorräder mit 125 Kubikzentimetern Hubraum verkauft werden. «Wir haben diesbezüglich schon einige Beratungen durchgeführt.»

Die Gesetzesänderungen seien das eine. Möglich ist laut Kronenberg auch, dass wegen der Pandemie viele neu auf den Töff umgestiegen sind. Der Lockdown sei für die Yamaha-Vertretung in Luzern wie für alle hart gewesen. «Jetzt ist es schön, dass wir den Rückstand aufholen können.»

Kurse bis Ende der Saison fast ausgebucht

«Wir haben deutlich mehr Leute, die das Töfffahren lernen», sagt der Luzerner Fahrlehrer Hebi Koch. Er bildet mit anderen Fahrlehrern das Moto-Driving-Team, bei dem man auf eigenen Plätzen das Motorrad-Handling lernen und üben kann. Bis Ende Oktober dauert die Töffsaison, die Kurse sind bis dahin schon fast ausgebucht, sagt Koch. Die Kundschaft sei breit, von 16 bis 60 sei jede Altersgruppe vertreten.

«Vor allem stellen wir mehr Sozia fest; also Frauen, die bisher hinten drauf gesessen sind und jetzt selber fahren wollen.»

Auch bei den 16-Jährigen ist eine Zunahme zu erkennen. Den Gesetzesänderungen sieht Koch gelassen entgegen. Schliesslich seien schon 2003 viele skeptisch gewesen. Damals wurde den mindestens 25-Jährigen der direkte Einstieg auf grosse Maschinen ermöglicht. «Mehr Unfälle hat es deswegen nicht gegeben.»

Strassenverkehrsamt stellt mehr Lernfahrausweise aus

Den Töff-Boom spürt auch das Strassenverkehrsamt Luzern. Dienststellenleiter Peter Kiser nennt dafür neben den anstehenden Gesetzesänderungen und der coronabedingten Reisebeschränkungen noch einen dritten Grund: Im Frühling konnten wegen Covid-19 keine Töff-Führerscheinprüfungen gemacht werden. Darum hat das Bundesamt für Strassen unter anderem Fristen angepasst, was auch zu Neuausstellungen von Lernfahrausweisen führte. Die Folge war ein Stau an Prüfungen, der sich jetzt erst nach und nach auflöst.

Die drei Gründe führten zwischen April und August zu einem markanten Anstieg der ausgestellten Lernfahrausweise: In der unbeschränkten Kategorie A waren es diesen Juli 1759 – 96,1 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. In der auf maximal 35 Kilowatt Leistung begrenzten Kategorie stieg die Zahl um 55 Prozent auf 1102.

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