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Politik

Luzerner Ausblick auf Bern

Ein neues Parlament und eine Bundesratswahl: Die Wintersession von National- und Ständerat verspricht Spannung. Fünf Mitglieder der Luzerner Delegation blicken voraus.

Am Montag beginnt in Bern die Wintersession. Fünf Luzerner Politikerinnen und Politiker – darunter auch Frischgewählte – erzählen an dieser Stelle, welche Themen sie beschäftigen.

Andrea Gmür-Schönenberger, Ständerätin Mitte: Der achte Bundesrat

Andrea Gmür-Schönenberger
Bild: Bild: Urs Flueeler/Keystone

Die erste Session der Legislatur steht immer unter einem besonderen Stern: Ein leuchtender Christbaum verströmt eine weihnächtliche, feierliche Atmosphäre im Bundeshaus. Ein gegenseitiges Beschnuppern zwischen den bisherigen und den neuen Parlamentsmitgliedern findet statt. Eine Budgetberatung steht bevor, die wenig Entspannung verspricht. Die Bundesratswahlen bewegen die Medien, die Bevölkerung und uns. Aufregung hüben und drüben.

Bisher wenig Aufmerksamkeit gab’s für die Wahl des Bundeskanzlers. Erstaunlich, spielt dieser doch eine zentrale Rolle im Bundesrat. Er figuriert nämlich nicht nur als Brückenbauer innerhalb des Gremiums, sondern auch als Ansprechperson für alle Bundesrätinnen und -räte, denen er beratend zur Seite steht. Zudem muss der achte Bundesrat, wie der Bundeskanzler häufig bezeichnet wird, Abläufe, Verwaltung und Departemente kennen.

Seine Funktion ist eine parteiübergreifende in einer Kollegialregierung. Eine politische Rolle spielt er nur im Parlament bei den Geschäften der Bundeskanzlei. Dort wiederum vertritt er die Entscheide des Bundesrates. Kein Wunder, haben führende Parteipräsidenten festgestellt, dass die Kompetenz wichtiger sei als die Partei. Das Anforderungsprofil am besten erfüllen kann meines Erachtens ein gänzlich unabhängiger, parteiloser Kandidat. Wir dürfen gespannt sein: Ich hoffe, dass wir bereits vor Weihnachten Grund zum Feiern haben …

Vroni Thalmann-Bieri, Nationalrätin SVP: Sparpotenzial im Asylbereich

Vroni Thalmann-Bieri.
Bild: Bild: zvg

Spannung ist angesagt. Vor allem für die neu gewählten Frauen und Männer im Nationalrat. Nach der Konstituierung der Versammlung und der Vereidigung geht es gleich los mit den politischen Themen.

Auf der Traktandenliste steht zum Beispiel der Vorstoss von Ständerätin Esther Friedli zur «Verschiebung der Einführung der Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitätsförderflächen im Ackerbau um ein Jahr». Diese Motion wird unsere Fraktion – entgegen der Bundesratsempfehlung – unterstützen und hoffen, dass sie – wie schon im Ständerat – angenommen wird. Die Biodiversitätsinitiative wird die SVP-Fraktion hingegen ablehnen, ebenso wie den indirekten Gegenvorschlag zur Initiative.

Das Haupttraktandum dieser Session wird aber das Budget 2024 sein. Hier gibt es einige Anträge, die wir zu behandeln haben. Unsere Fraktion wird die Beitragskürzungen in der Landwirtschaft nicht unterstützen und will sich dafür einsetzen, dass sie nicht gesenkt werden. Und da es – zu Recht – die Schuldenbremse einzuhalten gilt, wird das Parlament wohl nicht darum herumkommen, unsere Einsparungsvorschläge im Asyl­bereich zu akzeptieren. Das Thema Einwanderung wird uns so oder so noch lange beschäftigen. Es wird weiterhin viel Überzeugungsarbeit brauchen, um den Menschen aufzuzeigen, dass die happige Kostensteigerung im Gesundheits­wesen und bei der Verkehrs­infrastruktur in direktem Zusammenhang mit der masslosen Zuwanderung steht.

Peter Schilliger, Nationalrat FDP: Grosse finanzpolitische Herausforderungen

Peter Schilliger. 
Bild: Bild: Keystone

Am 22. Oktober 2023 durfte ich dankend meine Wiederwahl entgegennehmen. Deshalb starte ich mit meinem herzlichen Dankeschön an alle Luzernerinnen und Luzerner, die mir wiederum ihr Vertrauen geschenkt haben.

In der Wintersession beschliesst das Parlament den Voranschlag 2024 inklusive Finanzplan 2025 bis 2027. Der ordentliche Haushalt weist im Budget 2024 ein Finanzierungsdefizit von 0,5 Milliarden Franken aus. Die Schuldenbremse lässt aus konjunkturellen Gründen genau dieses Defizit zu. Jedoch wird die Schuldenbremse ab 2025 nicht mehr eingehalten. Aktuell wird ein nicht erlaubtes Defizit von bis zu 1,2 Milliarden Franken ausgewiesen.

Für mich ist klar: Die Schuldenbremse ist ohne Tricksereien einzuhalten! Neue Ausgaben brauchen stets eine konsequente Gegenfinanzierung (ohne Steuererhöhungen). Nur so kann auf Dauer eine stabile Finanzpolitik gewährleistet werden. Weiter darf der Bund keine neuen Aufgaben der Kantone übernehmen. Ein Beispiel dafür ist die beabsichtigte Subvention im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung. Die Vorlage mit einer Beteiligung von bis zu 800 Millionen Franken darf nicht angenommen werden, denn diese Aufgabe liegt klar in der Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden.

Insgesamt betrachtet stelle ich fest, dass Sach- und Finanzpolitik vermehrt gesamthaft betrachtet werden müssen, sonst sind problematische Resultate vorprogrammiert.

Hasan Candan, Nationalrat SP: Energieturbo zünden

Hasan Candan.
Bild: Bild:  zvg

Die Energiepreise schossen vor einem Jahr in undenkbare Höhen. Als Folge aktivierte der Bundesrat einen Rettungsschirm über vier Milliarden Franken für die Axpo, eines der grössten Energieunternehmen der Schweiz. Die Verwerfungen am Markt haben sich etwas entspannt, die Abhängigkeit von Stromimporten und damit bestehende Risiken bleiben, diese müssen wir aber reduzieren.

Der rasche Ausbau erneuerbarer Energien bildet der Schlüssel dazu. Der Nationalrat berät deshalb eine Änderung des Energiegesetzes: die Verfahren für die Planung, den Bau, die Erweiterung und die Erneuerung von grossen Anlagen sollen vereinfacht, zusammengelegt und so beschleunigt werden. Dies ist richtig.

Bei aller Beschleunigung ist es aber wichtig, die demokratische Mitsprache sowie den Umwelt- und Naturschutz zu gewährleisten. Denn Klima-, Biodiversitäts- und Energie­krise können nur gemeinsam gelöst werden. So sind zum Beispiel Moore wichtige CO2- sowie Wasserspeicher und bieten Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Die Moorfläche im Kanton Luzern beträgt nur zirka zwei Promille, darin ist aber so viel CO2 gespeichert, wie die ganze Luzerner Bevölkerung in hundert Jahren ausstösst. 90 Prozent der Moore sind in den letzten hundert Jahren verschwunden und die bestehenden stark beeinträchtigt. Das Parlament tut deshalb gut daran, Augenmass zu halten und die einmaligen Naturwerte in den Planungen angemessen zu berücksichtigen.

Leo Müller, Nationalrat Mitte: Neu starten, wählen und budgetieren

Leo Müller. 
Bild: Bild: Urs Flueeler/Keystone

Heute beginnt die Session, nicht eine gewöhnliche, nein, es ist der Neustart in eine neue Legislatur. Es stehen viele Wahlen an: Die Ratspräsidien werden neu gewählt, die Kommissionen und deren Präsidien neu bestellt – unter Berücksichtigung der Fraktionsstärke. Ebenso wird der Bundesrat neu gewählt (Gesamterneuerungswahlen). Ja, und die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset wird noch viel zu diskutieren geben; dazu besteht Zeit bis zum 13. Dezember. Ebenso ist ein neuer Bundeskanzler zu wählen. Sie spüren es: Bereits zu Beginn der Legislatur findet ein grosses Gerangel statt. Jede und jeder will sich seine Position so zurechtlegen, damit eine gute Voraussetzung für die politische Arbeit in den nächsten vier Jahren besteht.

Zu Wahlen gehören auch Feiern. Aber keine Sorge: Das Parlament wird auch intensiv arbeiten. Zur Wintersession gehören immer die Beratung und Verabschiedung des Budgets für das kommende Jahr. Das Budget ist das einzige ordentliche Geschäft, das in der gleichen Session von beiden Parlamentskammern beraten wird. Insofern ist die Beratung anspruchsvoll, da ein Korrekturbedarf, das heisst eine Einsparung von zwei Milliarden Franken vorzunehmen ist, um die Schuldenbremse einhalten zu können. Viele weitere Geschäfte stehen auf der Traktandenliste, so die Biodiversitäts­initiative oder das CO2-Gesetz und unzählige Vorstösse.

Spannend wird es alleweil. Und wenn Sie einen Termin reservieren wollen: dann ist es der 13. Dezember 2023, Vormittag.

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