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Luzern

«Vegas»-Chef Waldis: «Der Kanton Zug ist grosszügiger und speditiver als Luzern»

Während die Luzerner Beizen und Bars auf eine baldige Öffnung hoffen können, bleiben die Clubs wohl noch lange zu. Was bedeutet das für Betreiber, Angestellte und Gäste?
Philipp Waldis. (Bild: PD)
Marlon Imhof. (Bild: PD)

Roman Hodel

Roman Hodel

Einfach mal wieder tanzen, in einem grossen dunklen Raum, vor riesigen Boxen, Schulter an Schulter. Es ist gefühlte zehn Jahre her, dass dies möglich war. Corona hat das Nachtleben auf dem Gewissen. Noch weiss niemand, wann die Clubs wieder öffnen dürfen. «Je nach Geschwindigkeit der Impfstrategie rechnen wir im Sommer oder Herbst damit», sagt Philipp Waldis (39), Betreiber des Vegas-Clubs in Kriens. Dieser gehört zu den schweizweit grössten Clubs, Fassungsvermögen 1000 Personen. In den letzten zwölf Monaten fanden hier allerdings selten Partys statt. Nach dem ersten Lockdown öffnete das Lokal erst im September wieder – und schon Mitte Oktober war der Ofen behördlich bedingt wieder aus.

Beinahe ein Jahr ohne Partys, ohne Einkünfte vor allem – das bedeutet für viele Clubs, am Abgrund zu stehen. «Wir haben zwar den Covid-19-Kredit erhalten und endlich konnten wir auch beim Kanton Luzern einen Antrag auf Gelder aus dem Härtefalltopf stellen», sagt Waldis. Aber: Er betreibt neben dem Vegas zudem den Club Lounge & Gallery in Zug. Dort zeige sich der Kanton bezüglich Härtefälle, anders als Luzern, «sehr speditiv» und nehme damit schweizweit eine Vorbildfunktion ein. Oder anders gesagt: In Zug hat Waldis bereits «grosszügige Härtefallgelder» erhalten.

Darum gibt's in Luzern erst später Härtefall-Gelder:

Tatsächlich können Clubs in Luzern erst seit kurzem Härtefallgesuche stellen – die Gelder mussten zuerst durch das Kantonsparlament gesprochen werden. In Zug war dies bereits im vergangenen Herbst möglich, in Zürich sogar schon beim ersten Lockdown – dort über die Ausfallentschädigung für Kulturunternehmen. Sowohl in Zug als auch Zürich kamen Gelder aus dem Swisslos-Topf zum Einsatz.

Ein weiteres Problem ist der Mietzins. «Leider versuchten wir vergebens, mit der Vermieterschaft eine befriedigende Lösung zu finden, und wir beschreiten nun für die weitere Klärung den Rechtsweg», sagt Waldis. Mit der Waldis Real Estate AG vermiete er zusammen mit seiner Schwester selbst Ladenlokale in Luzern «an bester Lage». Dabei hätten sie während des Lockdowns auf Mietzinsforderungen verzichtet. Waldis:

«In Krisenzeiten wie diesen geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern darum, dass sich jede Partei an der erfolgreichen Bewältigung der Pandemie beteiligt und Menschlichkeit walten lässt.»

Vom Lockdown betroffen sind im «Vegas» gut 20 Mitarbeitende. Jene, die die Bedingungen erfüllen, sind auf Kurzarbeit. Darunter fallen auch Studierende, die sich ihr Studium auf diese Weise mitfinanzieren. «Ihnen fehlen nun nicht nur die vollen Lohneinkünfte, sondern auch das Trinkgeld, welches ebenfalls einen beachtlichen Teil ihres Budgets ausmacht», sagt Waldis. Ihm persönlich fehle überdies die Perspektive in der Eventbranche, es gebe keine Planungssicherheit für die Zukunft.

Letzteres sagt auch Marlon Imhof (31). Er ist Clubmanager des «Vegas» und betreibt an der Lindenstrasse in Luzern ausserdem selber die kleine Bar Gleis Dreizehn. Für diese hat er ebenfalls einen Covid-19-Kredit erhalten und hofft auf Geld aus dem Härtefalltopf. Anders als beim «Vegas» zeige sich die Vermieterin jedoch kulant bezüglich Mietzins. Auch rechnet Imhof damit, dass das «Gleis Dreizehn» wegen der geringeren Grösse früher wieder öffnen kann als das «Vegas». Er sagt:

«Die Bedenken aber bleiben, dass es durchaus zu einer erneuten Schliessung kommen könnte, sollten sich die Fallzahlen dann wiederum erhöhen.»

Vor allem fehle ihm der soziale Umgang, das höre er auch von den Gästen. Für Philipp Waldis zeigt der Lockdown gar deutlich, welch wichtigen Wert Bars und Clubs haben: «Einerseits sorgen sie für ein geordnetes Nachtleben und entlasten dabei auch öffentliche Plätze, welche jetzt vermehrt zugemüllt werden.» Anderseits dienten die Clubs quasi als «nächtlicher Dorfbrunnen» der Jugendlichen und ermöglichten ihnen soziale Nähe und Ablenkung vom stressigen Alltag. Waldis: «Da diese Psychohygiene nicht mehr möglich ist, nehmen depressive Verstimmungen auch bei der jugendlichen Bevölkerung massiv zu.» Oliver Bilke-Hentsch, Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie der Luzerner Psychiatrie, sagte vor gut einem Monat gegenüber unserer Zeitung, dass sie seit Monaten eine deutliche Zunahme von Depressionen, Sinnkrisen und Suizidalität auf allen Stationen und in den Ambulatorien feststellen.

Obwohl vieles noch unsicher und unplanbar und die finanzielle Situation schwierig ist, blicken Waldis und Imhof dennoch zuversichtlich nach vorne. Irgendwie muss es ja weitergehen. Die Zuversicht und Vorfreude der Stammgäste würden ihnen Mut machen. Sie sagen:

«Wir haben zahlreiche aufmunternde Worte erhalten und wir freuen uns bereits auf eine baldige Fortsetzung im Nachtleben mit all seinen Emotionen.»

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