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Luzern

Senioren müssen besser gefördert werden

Es ist eine Tatsache, dass ältere Menschen länger im Beruf bleiben und weniger jüngere nachrücken. Wie müssen sich Arbeitsplätze verändern, um dieser Realität zu entsprechen? Eine neue Studie der Hochschule Luzern gibt erste Hinweise.
Die unterschiedlichen Generationen innerhalb von Betrieben könnten mehr von einander lernen. (Bild: Getty)

Ismail Osman

Und plötzlich geht es ganz schnell: Die langjährige Mitarbeiterin hat ihren letzten Arbeitstag. Noch ein letzter Apéro in der Kantine. Blumen, Gutschein, nette Worte vom Chef und dann Pension. Hat der Betrieb seine Hausaufgaben nicht gemacht, geht am Ende des Tages mit der Mitarbeiterin aber auch ein über Jahre oder gar Jahrzehnte aufgebauter Wissens- und Erfahrungsschatz zur Fronttüre hinaus.

«Wissenstransfer» nennt sich das Management-Wunschszenario, in dem die Generationen ihr Fach- und Praxiswissen austauschen. Ob dies in der Praxis auch tatsächlich geschieht – und ob die unterschiedlichen Altersgruppen überhaupt offen sind für diesen Dialog –, wollte das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern in Erfahrung bringen. Über 400 Arbeitgeber und rund 1200 Arbeitnehmer nahmen an einer entsprechenden Umfrage teil. Wichtigste Erkenntnis: Damit der gewünschte Wissensaustausch auch tatsächlich stattfindet, müssen Arbeitgeber besser auf altersspezifische Bedürfnisse der Mitarbeitenden eingehen. Besseres Generationenmanagement sei dringend gefordert.

Austausch ist zu einseitig

Gemäss der Umfrage, die vergangenes Jahr durchgeführt wurde, ist die Mehrheit der KMU und knapp die Hälfte der Grossunternehmen zwar der Meinung, dass ein Wissenstransfer zwischen den Generationen zumindest teilweise stattfindet, allerdings stärker von Älteren zu Jüngeren als umgekehrt. Dr. Anina Hille, Diversity-Expertin und Co-Autorin der Studie, sagt:

«Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des technischen Fortschritts wäre ein gelingender Wissenstransfer in beide Richtungen wünschenswert.»

Stichwort Fachkräftemangel: Das Thema ist längst bis in die höchsten Ebenen der Politik vorgedrungen. In der Öffentlichkeit wahrgenommen werden vor allem die Bemühungen um Nachwuchs. Die Realität ist aber jene, dass der demografische Wandel in der Arbeitswelt längst spürbar ist. Gerade auch bei den KMU: Knapp die Hälfte beschäftigen heute Mitarbeitende über dem Pensionierungsalter. Hauptmotiv ist mit Abstand (92 Prozent) jenes der Beibehaltung von Know-how im Unternehmen.

Einigermassen erstaunlich ist die Feststellung, dass nicht weniger als 44 Prozent der Befragten angaben, dass sie sich vorstellen könnten, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. «Die Bereitschaft, länger im Betrieb zu bleiben, ist sehr gross und auch jene, sein Wissen zu teilen – wo es demnach ein Umdenken braucht, ist beim Thema Pensionierung», regt Hille an. «Hier müssten vermehrt alternative Modelle, wie beispielsweise ein stufenweiser Arbeitsausteig, zur Anwendung kommen. Und Pensionierung sollte nicht mehr zwingend mit Karriereende gleichgesetzt werden.» Aufgrund der Umfrageergebnisse habe man ein gutes Verständnis entwickelt, wie sich jene, die im Rentenalter noch arbeiten möchten, in die Arbeit einzubringen wünschen und was ihnen dabei wichtig sei.

Dazu gehöre etwa auch der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit. «Es braucht neue Konzepte der betrieblichen Alterspolitik, die im Kern auf die Förderung der individuellen Arbeitsmarktfähigkeit und der Arbeitsmarktchancen insbesondere älterer Arbeitskräfte abzielen», führt Anina Hille aus. Ein wesentlicher Stolperstein auf dem Weg dorthin sind die tief verankerten Stereotypen: Mit «jung» assoziieren befragte Unternehmen beispielsweise hohe Leistungsbereitschaft, Flexibilität zu Neuem und die Fähigkeit zum Umgang mit modernen IT- und Kommunikationsmedien. Mit «alt» werden zwar hohe soziale Kompetenz aber auch hohe Kosten für das Unternehmen assoziiert. «Die Umfrageergebnisse zeigen, dass eine Mehrheit der älteren Arbeitnehmenden selbst nicht den Anspruch hat, dass der Lohn mit steigendem Alter kontinuierlich steigt», sagt Hille. «Diesbezüglich müssen Arbeitgebende und Mitarbeitende weiter sensibilisiert werden», ist sie überzeugt.

Leitfaden soll im Sommer erscheinen

Die nun vorliegende Studie ist denn auch ein Teil eines grösseren Projekts namens «Integratives Generationenmanagement». Dieses wird unter anderem von der Fachkräfteinitiative des Seco unterstützt. Auf der Grundlage der Studie werden derzeit ein Leitfaden und eine sogenannte Toolbox entwickelt, um Unternehmen bei der Umsetzung eines professionellen Generationenmanagements zu unterstützen.

Konkret können Unternehmen mittels einer Online-Plattform Standortbestimmungen durchführen und sich mit anderen Unternehmungen vergleichen (Benchmarking). Der Leitfaden soll konkrete Praxisbeispiele und Lösungsansätze enthalten. Vorgesehen ist, dass diese Werkzeuge im kommenden Sommer erscheinen.

Hinweis: Mehr Informationen finden Sie unter: www.hslu.ch

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