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Luzern

Öko-Boom an der Lozärner Fasnacht

Darf man eigentlich noch ohne schlechtes Umweltgewissen fasnächtlen? Oh ja! Die Fasnacht surft gekonnt auf der grünen Welle.
Wie gross darf der ökologische Fussabdruck sein?
Konfetti aus Altpapier.
Ein Frosch am Fasnachtsumzug in Reiden.
(Bild: Manuela Jans-Koch, 21. Februar 2020)
Ein Holdrio. (Bild: Eveline Beerkircher)
Greta Thunberg in der Stadt Luzern am Schmutzigen Donnerstag. (Bild: Philipp Schmidli, Luzern, 20. Februar 2020)

Hieronimus Unitram

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Hieronimus Unitram

Hieronimus Unitram

Klimakatastrophe! Notstand! Öko-Wende! Was wird dieser Tage nicht alles diskutiert und verhandelt zum grossen, unabwendbaren politisch-gesellschaftlichen Mega-Thema, zu Massnahmenpaketen und Notstandsausrufungen: Die Rede ist von der grünen Welle. Die grüne Welle liegt im Trend und flutet alles – natürlich auch in der schönsten Stadt der Welt. Und dies obwohl Luzern ja eh schon an prächtigen Gewässern liegt.

Was bedeutet der Öko-Trend eigentlich für die wichtigste, intensivste, schönste, rüüdigste Zeit des Jahres? Wie steht es um den ökologischen Fussabdruck der Lozärner Fasnacht? Unsere Zeitung hat das in tiefschürfenden Recherchen überprüft. Das Fazit ist ganz unzweideutig eindeutig: Der Öko-Boom ist alles andere als ein Trend. In Tat und Wahrheit ist die grüne Welle quasi eine Ur-Lozärner Erfindung.

Es lohnt sich darum, hier die wichtigsten Beispiele aufzuführen:

Papier statt Plastik: Der Fötzeli-Räge auf dem Kapellplatz am Schmutzigen Donnerstag beim Urknall ist Recycling pur. Der wird aus alten Telefonbüchern gemacht. Irgendwann laufen die hier federführenden Safranzünftler zwar in ein Problem. Digitale Telefonnummernverzeichnisse lassen sich nun mal schlecht schreddern. Aber was soll’s, der extra hierfür gebunkerte Vorrat an Telefonbüchern soll noch ein paar Jährchen reichen.

Innenstadt-Begrünung: Jedes Jahr wird ein neuer Baum auf den Kornmarkt gepflanzt und auch gleich mit bunten Fahnen verziert. Wo sonst gibt’s denn so was?

Langsamverkehr: Die Lozärner Fasnacht ist herausragend in Sachen Verdrängung des motorisierten Individualverkehrs. Auf der städtischen Hauptachse liegt die Quote phasenweise praktisch bei null: 97,6 Prozent der Umzugsteilnehmer gehen zu Fuss! Und letztes Jahr liess Zunftmeister Hebi Lörch die Wey-Kutsche sogar stehen und marschierte – nicht ganz freiwillig – die ganze Strecke vom Schweizerhofquai bis zum Helvetiaplatz.

Froschschutz: Mit dem Frosch als Wappentier ist die Wey-Zunft in Sachen Artenschutz allen anderen Zünften, Gesellschaften, Guuggenmusigen und Maskengruppen meilenweit voraus! Und weil die Frösche konsequenterweise ihr diesjähriges Motto dem Klimaschutz gewidmet haben, ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis der grüne Stadtrat Adrian Borgula Wey-Zunftmeister wird.

Ressourcenschonend: Der Luzerner Stadtrat setzt seine Man- und Woman-Power an den rüüdigen Tagen gekonnt ein – und spart so wertvolle Ressourcen. Nur punktuell und in der Minderheit zeigen sich Stadträtinnen und Stadträte am Ort des Geschehens, lieber winken sie flott von der Skipiste.

Verrichtungsboxen: Die Hinterlassenschaften werden ganz sorgfältig gesammelt. Und zwar in grossen blau-weissen Boxen. So können die Unmengen von Kafi Huerenaff und Bier sauber entsorgt werden und man(n) muss nicht mehr wild in der Gegend rumbrönzeln.

Sackrament: Er ist nicht mehr wegzudenken, der Dräksack. Zunächst zugemietet-eingekauft, hat die Stadtverwaltung selber ein Dräcksak-Modell kopiert. Unglaublich origineller Name: Big Bag. Es gibt (zeitweise) mehr von diesen Säcken als Fasnächtler, riesengross sind sie und schlucken einfach alles an Abfall. Ja, auch nichtfasnächtliches Sperrgut von Stadtbewohnern und Geschäften.

No Food-Waste: Man stelle sich vor, es würde im fasnächtlichen Epizentrum an allen Ecken und Enden, gekocht, grilliert und schnabuliert. Wovon würden denn die Gewerbler noch leben? Damit nicht einfach überall wild gefuttert wird, hat die Abteilung Stadtraum und Verunstaltung messerscharf Verpflegungszonen ausgeschieden. Dort gibt es dann Würste, Hamburger, Cervelats, Schüblig. Und – äh ja, Hotdogs.

Wärmedämmung: Fasnächtler sind am liebsten draussen auf der Gasse. Das spart immense Heizkosten. Und wenn’s saukalt ist an den rüüdigen Tagen? Egal. Einfach genügend Schichten unter dem Kostüm anziehen. Oder sich gegenseitig ganz intensiv warm geben. Und einen Grend tragen! Damit ist Schwitzen garantiert.

Selbstregulierung: Damit es keine fasnächtliche Überbevölkerung gibt, überwachen selbsternannte IGs das Treiben auf den Plätzen. Wär ja noch schöner, wenn da plötzlich neue, wild-originell-kreative Gruppen einfach so ihr Sujet präsentieren wollten!

Flüssigkeitsmanagement: Der Fasnächtler ist genügsam und agiert dadurch äusserst ressourcenschonend. In Sachen Tranksame ist er mit einer kleinen, feinen Getränkeauswahl schon sehr schnell zufrieden (sofern genug vorhanden ist): Kafi Huerenaff, Holdrio und Häxetee. Und gut: Bier auch noch. Und ja, Weisswein. Und natürlich Gin Tonic. Vielleicht öppe mal auch einen Jägermeister. Oder einen Vodka-Shot. Und wie heisst dieses teuflische Trend-Zeugs? Ah ja, Fireball!

ÖV-Kapazitäten: So zuverlässig werden die Kapazitäten von Bussen und Zügen in den Stosszeiten sonst nie ausgeschöpft – Körperkontakt garantiert! Und wenn noch ein paar Wildentschlossene ihr Kafi-Wägeli einladen, dann ist Feststimmung garantiert.

Nachhaltigkeit: Globalisierung? So ne Seich! Aber doch nicht an der Lozärner Fasnacht! Nichts ist lokaler, kleinräumiger und damit nachhaltiger. Aus der Region, für die Region – und zwar richtig rüüdig verreckt! Fehlte grad noch, dass sich etwa Basler oder gar Zürcher in Luzern blicken liessen! Und dass ganze Guuggenmusigen ihre Gwändli im fernen Asien produzieren lassen, das ist nichts, aber auch gar nichts mehr als ein böses Gerücht!

Recycling: Die Köfferlifasnächtler vom LFK und ihre Kostüme: Jahr für Jahr ziehen sie ihre schwarzen Anzüge mit der gleichen bunten, breiten (und damit aus der Mode geratenen) Krawatte an. Das nennt man echtes Bewusstsein für ökoeffizientes Kleidertragen!

Upcycling: Selbst dieser Trend ist an der Fasnacht seit Jahr und Tag eine Selbstverständlichkeit. Ein gut gelagerter Grend taugt in aller Regel für diverse Sujets. Neue Frisur, vielleicht Schnauz und Bärtli, oder Wimpern und Ohrringe, bisschen neue Farbe – und schwupp, wird aus einem Piraten eine Dancing Queen. Oder aus einer Jägerin ein Edelmann.

Natürliche Ressourcen: (Pardon, jetzt müssen wir kurz in die Agglo ausweichen.) Niemand macht es in Sachen Gebrauch von natürlichen Ressourcen vorbildlicher als die Städter (sic!) in Kriens: Sie schnitzen ihre Masken aus Holz und tragen sie dann während vieler, vieler Jahre.

Pferdestärken: Das diesjährige Oberhaupt der Wey-Zunft agiert vorbildlich. Rolf Birchler setzt beim liebsten Fortbewegungsmittel ganz auf umweltfreundliche, motorlose Göppel: Heuer in der Zunftmeisterkutsche und zuvor während vieler Jahre als Bannerherr zu Pferd. Auch der Fritschivater ist ein Rösseler und sass früher als Bannerherr im Sattel der Zunft zu Safran. Heute allerdings hat sein Lieblingsgöppel, «Defender» des Namens, dann doch deutlich mehr PS unter dem Deckel.

Greta I: Den Schulstreik begann sie 2018 zu Hause in Stockholm. Und dann entschied die Teenagerin Greta, dass sie die ganze Welt mit ihrer Klimaschutz-Botschaft erobern will. In Luzern ziehen Skandinavier bereits seit 60 Jahren mit Urgewalt umher: die Vikinger!

Greta II: «Wie könnt ihr es wagen!» Die 17-jährige Schwedin kann tüchtig Lärm machen und scheucht die Mächtigen auf dem Globus auf. Derart auf die Pauke hauen kann man aber in Luzern schon längst: Bereits 1947 wurde nämlich die erste Schränztruppe vom legendären Sepp Ebinger gegründet, die «Luzerner Original Guggenmusig 4711».

Weitere sachdienliche Hinweise zu ökologischen Errungenschaften der Lozärner Fasnacht bitte per E-Mail an: gutachten.bestellen@stadtratluzern.ch

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