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Luzern

Abschied von der Caritas Luzern: Geschäftsleiter Thomas Thali stellte die Organisation noch vielfältiger auf

Während elf Jahren hat Thomas Thali die Luzerner Caritas geleitet. Nun bricht er mit 58 Jahren nochmals zu neuen Ufern auf.
Gekommen in einer Krisenzeit – und geht in einer Krisenzeit: Thomas Thali, Geschäftsleiter der Caritas Luzern. (Bild: Boris Bürgisser)
«Wir sind keine klassische soziale Organisation, sondern eben auch ein Gastrobetrieb oder eine Schreinerei», sagt Thomas Thali über die Caritas.
(Bild: Boris Bürgisser)

Roseline Troxler

Roseline Troxler

Mitten in der Finanzkrise hatte Thomas Thali die Stelle als Geschäftsleiter der Caritas Luzern angetreten. Und der Abgang Ende Mai erfolgte aufgrund der Corona-Pandemie wiederum in einer Krisenzeit. Er habe sich seinen Abschied schon etwas anders vorgestellt, sagt der Krienser kurz vor dem letzten Arbeitstag, sieht aber auch das Positive: «Ich pflege nun mehr persönliche Kontakte, weil ich meine Mitarbeiter im kleineren Rahmen treffe.»

Nicht nur die Krisen, die den Anfang und das Ende seiner Zeit bei der Caritas markieren – auch die Zeit dazwischen war turbulent. Thali unterstreicht aber:

«Es entspricht mir, eine Organisation zu führen, die in einer Veränderungsphase steht.»

Neuorientierung folgt Verlust zweier Aufgaben

Ein schwerer Schlag für die Caritas war der Auftragsverlust zur Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden. Der Kanton Luzern führt diese Aufgabe seit 2016 in Eigenregie. «Es war ein prägendes Ereignis, haben wir doch sehr viel Herzblut in diese Aufgabe investiert.» Kurze Zeit später hat die Caritas auch die Betreuung der anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen abgegeben. Der abtretende Caritas-Geschäftsleiter erzählt: «Wir haben entschieden, dass wir den neuen Vertrag zu den angebotenen Konditionen nicht unterschreiben können. Das war für mich persönlich der schwierigste Entscheid bei der Caritas.»

Die Zahl der Mitarbeiter schrumpfte wegen des Wegfalls jener zwei Aufgaben von 376 Festangestellten Ende 2015 auf 150 ein Jahr später.

Es folgte eine Phase der Neuorientierung. Heute ist die Caritas Luzern vielfältiger aufgestellt als vor einem Jahrzehnt (siehe weiter unten). «Wir durften viele erfolgreiche Wachstumsmomente feiern», sagt Thali, um dann gleich Beispiele zu nennen: Die Eröffnung des Caritas-Marktes in Baar oder des Secondhand-Ladens in Hochdorf, die Inbetriebnahme der Velowerkstatt in Kerns oder den Betriebsstart des Restaurants Brünig in Luzern. Und das sind erst Beispiele der beruflichen Integration.

Diese Vielfalt sei es, die ihn an der Caritas gereizt habe, sagt der Familienvater. «Wir sind keine klassische soziale Organisation, sondern eben auch ein Gastrobetrieb oder eine Schreinerei.» Entsprechend vielfältig sei die Kultur in der Non-Profit-Organisation. «Eine solche Organisation kann man nicht zentralistisch führen, es braucht starke Bereichs- und Abteilungsleitende», findet Thali. Nebst der Angebotsbreite habe sich auch die Präsenz in den anderen Zentralschweizer Kantonen verstärkt.

Fünfmal musste er mehrere Kündigungen aussprechen

Trotz vieler Erfolge: Als Geschäftsleiter musste Thomas Thali fünfmal einer grösseren Anzahl Mitarbeiter kündigen. «Das waren sehr schwierige Momente», sagt er rückblickend. «Es handelte sich um sehr engagierte Mitarbeiter, die teils seit Jahren für uns tätig waren.»

Wachsen und schrumpfen: Das wechselte sich bei der Caritas immer wieder ab. In der Vergangenheit war die Grösse der Organisation vor allem von den schwankenden Asylzahlen abhängig, daneben aber auch von der volatilen Entwicklung der Stellensuchenden. Da es 2018 und 2019 weniger Arbeitslose gab, besuchten weniger Personen ein Arbeitsintegrationsprogramm. Dies schlägt sich stark in der Jahresrechnung 2019 nieder. Die Führung musste ein Sparprogramm lancieren. «Das ist insbesondere vor dem Ausblick schwierig, dass die Zahl der Stellensuchenden wegen Corona wohl wieder deutlich zunehmen wird.» Ein Ausbau ist also am Horizont schon wieder sichtbar.

Als Non-Profit-Organisation ist die Caritas von den Leistungsaufträgen der öffentlichen Hand abhängig, aber auch von Spendengeldern. Die Herausforderung dabei:

«Ich muss den Franken immer dort einsetzen, wo Spender oder die öffentliche Hand es fordern.»

Reserven bilden sei einem Hilfswerk nicht erlaubt. «Ich sehe politischen Handlungsbedarf, dass sich diese Situation für Non-Profit-Organisationen ändert.»

Zurück zur aktuellen Situation: Die Coronakrise stellte auch die Caritas vor Probleme. Die Programme zur Arbeitsintegration wurden eingestellt, die Aufträge, etwa für eine Wohnungsräumung, blieben. Kurzum haben Mitarbeiter der Administration und des Gastrobereichs Wohnungen geräumt. «Diese Wir-schaffen-das-Mentalität hat mich immer wieder beeindruckt.»

Thomas Thali ist überzeugt: Wegen Corona verschlimmert sich die Situation Armutsbetroffener zusätzlich. Auch deshalb fordert die Caritas von der Politik, diese Bevölkerungsgruppe zu unterstützen (Ausgabe vom 14. Mai 2020). Der abtretende Geschäftsleiter ist der Meinung, «dass der Kanton ein Zeichen finanzieller Art setzen soll». In den letzten Jahren sei zu viel auf dem Buckel jener Leute gespart worden.

Caritas will Stimme für die Betroffenen sein

Für Thali ist klar: «Die Caritas will eine Stimme für Betroffene sein.» Viel Unterstützung habe er bei dieser Aufgabe von Caritas-Präsidentin und alt Regierungsrätin Yvonne Schärli (SP) erhalten. Es könne durchaus vorkommen, dass man auch mal politische Kreise betüpfe. Doch Thali betont: «Wir pflegen Kontakt zu allen Fraktionen.»

Der Rekrutierungsprozess für Thalis Nachfolge bei der Caritas ist noch im Gang, so die Non-Profit-Organisation. Franziska Bürki und Doris Nienhaus übernehmen die Geschäftsleitung bis zum Stellenantritt des Nachfolgers interimistisch.

Mit 58 Jahren wartet eine neue Herausforderung

Den studierten Theologen zieht es nun zurück zu den Wurzeln: Ab Juli amtet er als Geschäftsführer im Kloster Ingenbohl im Kanton Schwyz. «Ich freue mich sehr, mit 58 Jahren die Chance für eine solch spannende Tätigkeit zu erhalten.» Bis zum Stellenantritt will er sein Französisch auffrischen, um es dann in den Ferien mit seiner Frau am Neuenburgersee aktiv anzuwenden. «Besser Französisch zu sprechen, habe ich den Schwestern versprochen, welche auch in der Westschweiz tätig sind.»

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