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Flüchtlingskrise

Kritik von links bis rechts: Luzerner Kantonsrat fordert mehr Kompetenzen für Gemeinden

In vier Vorstössen aus Parteien von links bis rechts kritisierte der Kantonsrat die Luzerner Regierung in Bezug auf die Verteilung der ukrainischen Flüchtlinge. Die Bonus-Malus-Zahlungen sorgten für grosse Verärgerung. Der Regierungsrat wies die Vorwürfe zurück.

Flüchtlinge aus der Ukraine beziehen in der Zivischutzanlage Rönnimoos in Littau ihre Unterkunft. 
Bild: Bild: Dominik Wunderli (Luzern, 21. März 2022)

Christine Kaufmann-Wolf (Mitte) fasste mit ihrem Beispiel aus Kriens den Inhalt der Debatte zusammen. Die Gemeinde habe beim Kanton ein leer stehendes Gebäude der Armasuisse zu einer Flüchtlingsunterkunft umnutzen wollen. «Trotz Einzelzimmer, fünf Minuten Gehdistanz zum Bahnhof und auch noch schöner Aussicht hat es nicht geklappt», so die Krienser Stadtpräsidentin. Nun habe auch ihre Gemeinde das Problem, zu wenig Plätze anbieten zu können, und müsse nun vermutlich auf eine Containersiedlung setzen. Kaufmann schätzt, dass diese erst in sechs Monaten bezugsbereit wäre.

Da der Kanton Ersatzabgaben für das Nichterfüllen des Sollbestands verlangt, befürchtet Kaufmann, dass in dieser Zeit auch Kriens zur Kasse gebeten werden könnte.

«Wenn wir Ja zu Containern sagen, hoffe ich, dass wir nicht bestraft werden, das wäre wirklich nicht die feine Art.»

Auch Daniel Gasser (Mitte) ist als Gemeindepräsident von Ebikon mit derselben Situation konfrontiert. Gemeinden, die per Zufall über genügend Plätze verfügten, würden belohnt, jene, die sich um die Schaffung von Plätzen bemühten, bestraft. «Da ist eine gewisse Absurdität nicht zu übersehen.»

Jasmin Ursprung (SVP, Udligenswil) zeigte sich darüber erstaunt, dass 64 Gemeinden den Erfüllungsgrad bis am 1. September nicht erreichen konnten. 101 Wohnungen seien vom Kanton noch nicht abgenommen, 106 abgelehnt worden. Ursprung ist der Meinung, dass die allgemeinen Anforderungen an Wohnungen für Flüchtlinge diskutiert werden müssten.

Regierungspräsident weist Kritik von sich

Mehr Kompetenzen für die Gemeinden verlangte auch Sibylle Boos-Braun (FDP). «Gemeinden sollten selber entscheiden, ob eine Wohnung genügt, der Kanton sollte nur Stichproben machen.» Die Präsidentin des Verbands Luzerner Gemeinden (VLG) kritisierte auch das Bonus-Malus-System als «in der heutigen Situation nicht zielführend». Hier brauche es mehr Agilität von Seiten des Kantons, so Boos-Braun.

Kritik erhielt die VLG-Präsidentin von links. Marcel Budmiger (SP) zeigte zwar Verständnis «für den Aufschrei der Gemeinden», aber: «Der VLG war beim Beschluss, ein Bonus-Malus-System einzuführen, massgeblich beteiligt, offensichtlich haben sie damals nicht richtig hingeschaut.» Gleichzeitig kritisierte Budmiger die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF). Diese stehe für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit nicht ein.

Der angesprochene Regierungspräsident wies die Kritik von sich und betonte, er stehe voll und ganz hinter der Arbeit seiner Dienststelle. Auf die Kritik der Gemeinden, die Standards der Wohnungen seien zu hoch, sagte Guido Graf: «Sie dürfen nicht unter dem Niveau von jenen für Sozialhilfebezüger liegen.» Zudem stimme es nicht, dass genügend Wohnungen vorhanden sind. «Die Wahrheit ist, wir haben sie nicht.» Gemäss Graf rechnet der Kanton Luzern bis Ende Jahr mit weiteren 2500 bis 3000 Flüchtlingen.

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