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Zug

Kiesabbau Hatwil-Hubletzen: Gutachten bestätigt Chamer Befürchtungen

Aufgrund der grossen Bedeutung und ökologischen Tragweite im Zusammenhang mit den Plänen des Kantons Zug, ein Kiesabbaugebiet Hatwil-Hubletzen im kantonalen Richtplan festzusetzen, hat die Einwohnergemeinde Cham ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben. Die nun vorliegenden Resultate zeigen eine erhebliche Gefährdung des Grundwassers sowie des Naturschutzgebietes auf.
Im Gebiet Hatwil-Hubletzen soll Kies abgebaut werden. Ein Gutachten zeigt erhebliche Risiken auf. (Bild: Werner Schelbert, Cham, 14. März 2018)

(haz/pd) Der Standort Hatwil-Hubletzen in Cham ist im kantonalen Richtplan als Zwischenergebnis für ein künftiges Kiesabbaugebiet festgehalten. Mit diversen Gutachten hat der Kanton Zug in den vergangenen Monaten die geologischen, hydrogeologischen und landschaftlichen Grundlagen untersucht und das Gebiet als geeignet für den Kiesabbau eingestuft, wie die Gemeinde Cham meldet. Im April hat der Kanton kommuniziert, dass der vorgesehene Abbauperimeter gegen Osten von ursprünglich 35 Hektaren sogar auf rund 55 Hektaren erweitert werden soll.

Gutachten zeigt erhebliche Gefährdung des Grund- und Trinkwassers auf

Die Einwohnergemeinde Cham wehrt sich aufgrund verschiedener Befürchtungen bereits seit Jahren gegen die geplante Richtplananpassung. Unter anderem hat die Gemeindeversammlung im Juni 2018 die von sämtlichen Chamer Kantonsratsmitgliedern und Parteipräsidien unterzeichnete Motion «Kein Kiesabbau Hatwil-Hubletzen» für erheblich erklärt. Nun hat die Einwohnergemeinde Cham ein eigenes Gutachten bei einem unabhängigen Fachbüro in Auftrag gegeben, heisst es in der Mitteilung weiter. «Das Thema hat für Cham eine grosse Bedeutung und langfristige Tragweite», lässt sich Rolf Ineichen, Vorsteher Planung und Hochbau in der Mitteilung zitieren. «Mit dem Gutachten wollten wir schauen, ob die Pläne des Kantons nachvollzogen werden können. Nun bestätigt es jedoch, dass unsere Befürchtungen real sind und die Richtplananpassung zahlreiche Risiken mit sich bringt.»

Gutachten_Beurteilung der geologischen und hydrogeologischen Grundlagen Hatwil-Hubletzen.pdf

Im Gebiet Hatwil/Knonau steht eine Trinkwasserreserve für rund 18'000 Personen zur Verfügung. Der Kiesabbau hat qualitative und quantitative Auswirkungen auf das Grundwasser. Gemäss den kantonalen Grundlagen wird mit einer Abnahme der Trinkwasserreserven von rund 20 Prozent gerechnet. Das Gutachten im Auftrag der Gemeinde zeigt nun auf, was ursprünglich bereits im kantonalen Gutachten festgehalten wurde: Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit in den zunehmenden Trockenzeiten wird der Kiesabbau im Gebiet Hubletzen nicht empfohlen. Dieser Empfehlung müsse man dringend Folge leisten, ist Rolf Ineichen überzeugt: «Wasser ist unsere Lebensquelle, die ausreichende Versorgung mit Trinkwasser somit ein absolutes Muss. Dass der Kanton in seinem raumplanerischen Bericht die ausgewiesenen Auswirkungen auf das Grundwasser als vertretbar einstuft, können wir nicht nachvollziehen.»

Das Naturschutzgebiet Hatwiler Ried wird austrocknen

Auch das gemeindliche Naturschutzgebiet Hatwiler Ried und weitere Naturobjekte sind laut dem neuen Gutachten unmittelbar durch den Kiesabbau gefährdet. Das Naturschutzgebiet und die Umgebung wurden in den vergangenen Jahren stark aufgewertet. Dank dieser Massnahmen konnte u.a. erstmals wieder der Laubfrosch nachgewiesen werden. Durch das weitgehende Fehlen von Störungen haben sich im Gebiet zudem weitere seltene, bedrohte und geschützte Arten wie die Feldlerche an-gesiedelt. Auch der Feldhase wird mit verschiedenen Massnahmen gefördert. «Mit rund 100 nachgewiesenen Tierarten ist der strukturreiche Landschaftsraum Hatwil das artenreichste Gebiet in der Gemeinde Cham», erklärt Manuela Hotz, Projektleiterin Umwelt der Gemeinde. «Durch den Kiesabbau und die Grundwasserabsenkung würden die Feuchtgebiete austrocknen und die wertvollen Lebens-räume verschwinden.»

Das vorgesehene Abbaugebiet liegt zudem fast vollständig in den Landwirtschaftsflächen, welche als wertvolle Fruchtfolgeflächen ausgewiesen sind. Fruchtfolgeflächen sind grundsätzlich zu erhalten. Das Abbaugebiet entzieht diese Flächen für Jahrzehnte der Landwirtschaft. Auch mit einer fachmännischen Vorgehensweise kann der ursprüngliche Bodenzustand mit dem zur Auffüllung von Kiesgruben verwendeten verdichteten, feinkörnigen Aushubmaterial laut Gutachten nicht mehr erreicht werden.

Nicht plausible Berechnungen

Neben den Umweltaspekten hat das Gutachten im Auftrag der Gemeinde auch die Schätzung des abbaubaren Kiesvolumens verifiziert. Das Fachbüro kommt dabei zum Schluss, dass sich die Schätzung des Kantons an einer sehr optimistischen Betrachtung der Abbaubarkeit und des Kiesanteils an der Grundmoräne der Risi AG anstatt an den vorhandenen geologischen Aufnahmen orientiert. Bei einer realistischen Betrachtung ist von einem halb so grossen Volumen von 3,6 Millionen Kubikmeter fest und nicht vom erwarteten Volumen von 7,2 Millionen Kubikmetern fest auszugehen, wird in der Mitteilung der Gemeinde Cham weiter ausgeführt.

Ebenfalls nicht plausibel ist gemäss dem Gutachten das berechnete Ablagerungsvolumen. So habe der Kanton nicht berücksichtigt, dass beim Kiesaushub hohe Anteile an nicht verwertbarem Material anfallen, welches vor Ort wieder einzubauen ist. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde, dass das abgelagerte Material locker geschüttet ist und da-mit nicht dem Volumen des abbaubaren Kieses gleichgesetzt werden kann. Dementsprechend reduziert sich das nutzbare Ablagerungsvolumen um rund 3 Millionen Kubikmeter. «Insgesamt kommt der Bericht zum Schluss, dass die Wirtschaftlichkeit aufgrund des nutzbaren Kiesvolumen und Ablagerungsvolumen viel zu optimistisch beurteilt wurde. Somit stehen die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen in einem noch grösseren Missverhältnis zum Grundwasser- und Landschaftsschutz sowie dem Erhalt der Fruchtfolgeflächen», bilanziert Rolf Ineichen. «Die gewonnenen Erkenntnisse bekräftigen uns darin, uns weiterhin für den Erhalt der intakten Landschaft Hatwil-Hubletzen mit ihren vielen wertvollen Naturobjekten und dem wichtigen Naherholungsgebiet einzusetzen und uns gegen die Festsetzung im Richtplan zu wehren.»

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