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Luzern

Jetzt beginnt das grosse Gärtnern: Der Verein Neugarten bereitet sich auf den Frühling vor

Die Tage werden länger und die Gartenarbeit nimmt langsam Fahrt auf. Der Urban-Gardening-Verein Neugarten jätet, giesst und pflanzt bereits fleissig. Allerdings fehlen ihm helfende Hände.
Die Gartenarbeit hat längst begonnen: Dolores im Gleisgarten beim Neubad.
(Bilder: Boris Bürgisser (Luzern, 9. März 2021))
Carol im Werkzeugschuppen des Vereins Neugarten.
Pascal und Peter bauen Topinambur ab.

Simon Mathis

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«Wir haben fast nie eine Pause», sagt Carol*. «Der Garten gibt so gut wie immer was her.» Sie steht im «Gleisgarten» neben dem Neubad und blickt auf die zahlreichen Hochbeete. Früher verlief hier eine Linie der Zentralbahn, mittlerweile ist es ein grüner Fleck in der Verlängerung des Freigleises – direkt über dem Schienenwirrwarr des Luzerner Bahnhofs.

Es ist Dienstagabend. An diesem Wochentag – zwischen März und Oktober – treffen sich die Mitglieder des Vereins Neugarten jeweils zur gemeinsamen Gartenarbeit. Eingezogen ist der Frühling hier noch nicht, erahnen lässt er sich aber bereits: Erste Sprösslinge dringen aus der dunklen Erde, überall grüne Farbtupfen. Zu tun gibt es schon reichlich: Die siebenköpfige Gruppe jätet, sät, giesst, unterfüttert Erde mit Sand. Auch geerntet wird bereits – zum Beispiel Löwenzahn, Pastinaken und Topinambur:

Die Ausbeute, die an diesem Dienstag auf dem langen Holztisch liegt, ist noch bescheiden. Im Sommer wird sich das ändern. «Dann ist jeweils der ganze Tisch überfüllt», sagt Carol. «Dann sind wir eher am Essen als am Gärtnern.» Damit das möglich sei, müsse man aber bereits jetzt fleissig vorbereiten.

Alle packen irgendwo an, die Stimmung ist gelassen. Die Anwesenden betrachten die Sprösslinge, beschnuppern Kräuter und fachsimpeln. Vereinspräsident Matthias gibt Zubereitungstipps für Topinambur. Er findet das Wurzelgemüse lecker – eine Meinung, die nicht von allen geteilt wird.

Der Verein Neugarten wurde 2013 gegründet – im Windschatten des Neubads, aber von ihm unabhängig. Zurzeit hat der Verein rund 15 Festmitglieder. Zu wenig, finden Carol und Matthias. «So ein grosser Garten braucht viele Gärtnerinnen und Gärtner», sagt Carol. Kurzfristige Helfer, die an einem Abend reinschauen, gibt es viele, gefragt ist aber ein längerfristiges Engagement.

Die Gartenarbeit könne man zwar gerade noch so bewältigen, sagt Carol. «Dafür blieben aber grössere Projekte liegen.» So etwa ein Teich, den der Verein seit Jahren anlegen wolle. «Seit ich dabei bin, ist der Aushub zwar stetig gewachsen, aber von einer kleinen Oase ist es noch weit entfernt», sagt sie mit einem Lachen. So sieht der momentane Projektfortschritt des zukünftigen Teiches aus:

Für eine Diskussion sorgt die Frage, weshalb der Verein keinen grösseren Zulauf hat – spricht man doch in der Politik von einer grünen Welle. «Es ist schon so, dass wir nicht besonders viel Werbung machen», sagt Carol. «Wir sind eben lieber im Garten als auf Social Media.» Es könne aber auch gut sein, dass die Leute lieber für sich allein gärtnern.

Denn die Philosophie des Vereins lässt sich mit «gemeinschaftlichem Urban Gardening» beschreiben. Gartenhagdenken gibt's hier nicht, alle Beete gehören allen – und alle dürfen die Früchte der gemeinsamen Arbeit ernten.

«Aber natürlich darf bei uns jedes Mitglied eigene Ideen umsetzen. Wenn jemand zehn verschiedene Gurken anbauen will, nur zu!», so Carol. Zum Beispiel kümmert sich Werner mit seiner Imkerei um die Bienen, die durch die Bestäubung eine wichtige Funktion im Garten erfüllen. Vier Völker stellten vergangenes Jahr 80 Kilogramm Stadthonig her.

Ein wichtiges Prinzip ist die Permakultur; also die Nachahmung des natürlichen Ökosystems im Gartenbau. Auch baue man konsequent im Biostandard an, vom Samen bis zum Dünger. Vereinzelt arbeite der Verein auch mit Pro Specie Rara zusammen. Carol betont aber auch, dass der Verein vor allem aus Laien bestehe. «Nur wenige von uns sind echte Gartenprofis, wir wollen miteinander und voneinander lernen.» Für sie mache das den Reiz aus; das gemeinsame Entdecken neuer Pflanzensorten oder Anbautechniken.

Ihre Expertise beziehen die Mitglieder aus der kleinen Vereinsbibliothek, dem Internet, dem gemeinsamen Wissen, aber auch von Expertenvorträgen, die sie regelmässig selbst organisieren.

Der Neugarten besteht aus drei Bereichen. Nicht nur im Gleisgarten, sondern auch auf der Terrasse des Neubads und hinter dem Gebäude wirkt der Verein. Hinter dem Neubad wachsen Pflanzen, die mehr Schatten brauchen. Wie hier etwa Rosenkohl:

Oder Pilze auf Baumstrünken:

Zusammen umfassen die Gärten etwa 1000 Quadratmeter. Wenn die Mitglieder in unterschiedlichen Bereichen wirken, tauschen sie sich oft mit Walkie-Talkies aus. «Da zwischen Neubad und Gleisgarten eine Strasse durchführt, sind die Wege oftmals lang», erläutert Carol. «Da ist es wichtig, sich zu koordinieren, um nicht allzu viel Zeit zu verlieren.»

Eigentlich hätte der Verein in diesen Tagen die vierte Samentauschbörse veranstaltet. Aufgrund der Pandemie findet sie in kleinerem Rahmen statt; noch bis am 21. März kann man die Bücherhalle beim Gleisgarten besuchen, um dort Saatgut zu tauschen und sich auf das Gartenjahr vorzubereiten.

So sieht der Neugarten in seiner Blütezeit aus:

* Hinweis: Die Vereinsmitglieder haben darum gebeten, nur mit Vornamen genannt zu werden. Weitere Infos zum Verein Neugarten gibt's auf der Website www.neugarten.ch

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