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Luzern

Ist der Foodtruck «ChangThai» verkauft, verlassen die Jordis die Luzerner Landschaft und fliegen nach Thailand

Ernst und Vipawan Jordis Tage als Foodtruck-Betreiber auf der Luzerner Landschaft sind gezählt – Thailand ruft. Zuvor soll aber der «ChangThai» verkauft werden.
Ernst und Vipawan Jordi mit ihrem Foodtruck «ChangThai». (Bilder: Nadia Schärli (Sursee, 17. Juni 2020))

Peter Weingartner

Peter Weingartner

«Für uns war schon lange klar, dass wir einmal nach Thailand auswandern würden», sagt Ernst Jordi (49), während seine Frau Vipawan (32) an der Surseer Zeughausstrasse thailändische Gerichte zubereitet und Sohnemann Levin (16 Monate) den Tag heute nicht bei der Gotte und nicht bei den Grosseltern in Reiden, sondern in der Kita verbringt.

Nun, da ihr Haus ausserhalb eines Dorfes im Nordosten Thailands gebaut ist, steht dem Ansinnen nicht mehr viel im Weg. Eigentlich nur noch der Foodtruck ChangThai, thailändischer Elefant, den Jordis bis Ende Jahr verkauft haben wollen. Seit drei Jahren sind sie mit diesem eigens für ihre Bedürfnisse gebauten Wagen unterwegs, in Dagmersellen, Sursee und Reiden, und sie bieten von Wikon aus auch Catering für Events aller Art an, von Hochzeiten über Vereinsanlässe bis zu Festivals und Märkten.

«Wir möchten das ganze Unternehmen verkaufen, inklusive Rezepte, und wir bieten auch eine kompetente Einführung an», sagt Ernst Jordi, ausgebildeter «Bürogummi». Es gebe Anfragen, doch es müsse für beide Seiten stimmen: ChangThai hat einen guten Namen; auch an diesem Mittwoch in Sursee bekommt Köchin Vipawan viel Lob.

Träume ja – Illusionen nein

Jordis, seit acht Jahren verheiratet, sind nicht die «Kamikazeauswanderer», die sich gross Illusionen machen, sagt Ernst Jordi. Träume, das schon, aber die ihren sind geerdet im Wortsinne. Jordi hat Verwandte in Thailand, nicht nur die Familie der Schwiegereltern. Jene aber vermittelten ein 26'000 Quadratmeter grosses Grundstück, einst Reisfeld, und da steht Jordis Haus drauf. Es soll nicht das Einzige bleiben: Da könnte eine kleine Schweizer Kolonie entstehen, fünf weitere Häuser, nicht am Meer, sondern in der Region Isan, im ländlichen Nordosten des Landes, weg vom Touristentrubel. Mit etwa 120'000 Franken Kapital könnte man dabei sein.

«Wir verreisen auch, wenn noch kein Haus verkauft ist», sagt Ernst Jordi. Alles andere würde sie unter Druck setzen, und just diesem Druck wollen sie mit dem Auswandern entfliehen. Vipawans Vater bewirtschaftet das Grundstück, doch sei er nicht mehr gut zu Fuss. Ein anderer Grund für die Tochter, nach Hause zurückzukehren: Heimweh. Das wird genährt durch das hiesige Klima. «Ich mag den Winter nicht», sagt Vipawan und lächelt. Familie, die Farben der Natur, das Essen. Auch für Ernst ist es eine Art Nachhausekommen; schliesslich hat er ein Haus gebaut. Statt jährlicher Ferien in Thailand stehen bei der Familie Jordi ab nächstem Jahr, wenn alles nach Plan läuft, Ferien in der Schweiz auf dem Programm.

Früchte, Gemüse und Reisnudeln

Arbeit gibt’s genug in ihrer neuen Heimat. Rund 100 Hühner legen pro Tag 50 bis 80 Eier. Schon jetzt ein begehrtes Produkt. Und wenn die Leute vom Dorf Eier holen, sehen sie auch, was sonst noch im Angebot ist: Bananen, Papaya, Mango, Drachenfrucht, Melonen, Chili, Lemongras, Bohnen, Auberginen, Pfeffer, Ingwer, Frühlingszwiebeln, Kurkuma.

Vipawan besitzt zudem eine Maschine, die in einer Stunde 100 Kilo Reisnudeln, ein Hauptnahrungsmittel der Region, herstellen kann. Selbstversorgung mit Hofladen sozusagen. Bereits ein Thema ist auch die Einschulung Levins in Thailand.

In der Idee der fünf Bauplätze mit einem Alles-Inklusive-Paket steckt, so Ernst Jordi, der Hintergedanke, wirtschaftlich breiter aufgestellt zu sein und Gleichgesinnten, die der Hektik entfliehen und trotzdem aktiv sein wollen, durch Mithilfe im Garten etwa, eine Gelegenheit zu bieten. «Vielleicht bringen Besuche und Mund-zu-Mund-Propaganda mehr als unsere Website, www.thailand-auswandern.ch?», meint Ernst Jordi. Er will nichts überstürzen. Sobald der Verkauf des Unternehmens ChangThai in trockenen Tüchern ist, geht es ans Packen eines Containers für die neue Heimat. «Ein gutes Bett, das muss mit», sagt Ernst Jordi. In der Familie Jordi vereinigt sich schweizerisches Sicherheitsdenken (die Pensionskasse wird nicht angetastet, die Krankenkasse ist zentral) mit der lockereren thailändischen Art Vipawans. «Wir haben viel voneinander gelernt», sagen die beiden. Auch mal eine Fünf gerade sein lassen. Und Levin? Bekommt er noch eine Schwester, einen Bruder? Die beiden lachen. Eigentlich sei Levin ein Einzelkind, aber auszuschliessen sei nichts. «Wer weiss, was die Luftveränderung noch bewirkt», schmunzelt Ernst.

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