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Uri

Institut Kulturen der Alpen erforscht die kulturelle Wahrnehmung von Kunstschnee und Schneekanonen

Literaturwissenschaftler Jonas Frick forscht in seinem Postdoc-Projekt am Urner Institut rund ums Thema künstliche Beschneiung.

Die Graduate School bildet einen wesentlichen Bestandteil des Urner Instituts Kulturen der Alpen. Ihre Mitglieder forschen zu aktuellen Themen rund um den Alpenraum. Literaturwissenschaftler Jonas Frick untersucht die kulturelle Wahrnehmung und Darstellung von Kunstschnee. Nun liegen die Ergebnisse vor.

Künstlich beschneite Skipisten wie jene von Amden-Arvenbüel werden immer häufiger.
Bild: Symbolbild: Marco Volken (30. 12. 2022)

Wintersport in den Alpen ist heute ohne Kunstschnee kaum denkbar. Mehr als 50 Prozent der Schweizer Skipisten können künstlich beschneit werden. In Österreich sind es gut 60, in Italien mehr als 90 Prozent. Während die einen den Kunstschnee aus wirtschaftlichen und touristischen Gründen befürworten, kritisieren die anderen vor allem dessen ökologischen Konsequenzen.

Gerade in Zeiten von Energiemangel und Klimakrise spitzt sich diese Debatte erneut zu. So beobachtet Literaturwissenschaftler Jonas Frick, dass in den sozialen Medien und in der Kultur vermehrt die Frage aufgeworfen wird, ob es die energieverbrauchenden Anlagen überhaupt noch brauche, wenn dabei ein Sport am Leben erhalten werde, der einer finanzstarken Minderheit vorbehalten bleibe und in einigen Jahrzehnten sowieso niemand mehr betreiben könne.

Die Geschichte von Beschneiungsanlagen

Die erste Schneekanone war eine Zufallserfindung. Als kanadische Ingenieure in den 1940er-Jahren die Eisbildung von Flugzeugtriebwerken untersuchten und dafür Wasser in die Turbine hineinschütteten, entstand als Abfallprodukt Schnee. Es dauerte nicht lange, bis sich die Schneekanonen in Amerika als Hilfsmittel für schneearme Winter grosser Beliebtheit erfreuten. Zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren dienten sie gar als eine der grössten Werbeaspekte der Skiresorts. Erstmals konnte unabhängig von der Natur Winterspass garantiert werden.

Kritik folgte im Lauf der 1980er-Jahre, als sich die Schneekanonen auch in den Schweizer Skigebieten ausbreiteten. Im Kontext des Waldsterbens und mit dem wachsenden Bewusstsein für Naturschutz galten Schneekanonen als Zerstörer von Flora und Fauna. Die Kritik hielt an, wobei es heute auch um den zunehmenden Energie- und Wasserverbrauch und damit verbunden um klimapolitische Debatten geht.

Schneekanonen in der Kritik

Im Sinne der Nachhaltigkeit stellt sich die Frage, weshalb insbesondere die Schneekanonen kontrovers diskutiert werden, wenn beispielsweise die Autofahrten zum Skigebiet weitaus umweltschädlicher sind. Frick erörtert, dass Fragen des nachhaltigen und ökologisch vertretbaren Wintersports oftmals am Symbol der Schneekanone aufgehängt werden. Dies, weil zum einen der kontroverse Diskurs um Beschneiungsanlagen bereits seit den 1980er-Jahren besteht und zum anderen der Kunstschnee einen wesentlichen Faktor in der Instandhaltung der Skigebiete bildet.

Weiter machen sich Schneekanonen angreifbar, da sie rein ästhetisch aus der alpinen Landschaft herausstechen. Während Bergbahnen, die ebenso von einer gewissen Technisierung des Wintersports zeugen, für viele bereits fester Bestandteil einer alpinen Landschaft sind, werden Schneekanonen nach wie vor als Störenfriede wahrgenommen.

Auf die Frage, wie Schneekanonen und Kunstschnee zukünftig eingesetzt werden sollen, finden sich viele unterschiedliche Antworten. Die Absurdität, künstlichen Schnee zu produzieren, wenn kein Schnee mehr fällt, ist unbestritten. Und wenn die Temperaturen weiter steigen, wird auch die beste Schneekanone nicht mehr funktionieren. Gleichzeitig pflegt die Menschheit am Ende des Tages nun mal ein Freizeitvergnügen, das energieverbrauchend ist. Deshalb ist ein umfassender Verzicht von Schneekanonen zu diesem Zeitpunkt kaum realisierbar.

Der Literaturwissenschaftler erläutert, dass stets regional geklärt werden muss, ob die Implementierung von Schneekanonen sinnvoll ist. Dafür müssten in den zukünftigen Diskussionen zwingend die Umstände wie beispielsweise die zur Verfügung stehenden Wasserressourcen und die klimatischen Bedingungen berücksichtigt werden.

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