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Luzern

In Tempo-30-Zonen werden Fussgängerstreifen entfernt – das sorgt in der Stadt Luzern für Diskussionen

In der Stadt sind auf solch temporeduzierten Strassen in den letzten Jahren mehrere Fussgängerstreifen entfernt worden. Das ruft Eltern und Kinder auf den Plan. Die Stadt sucht nach alternativen Lösungen.
Die Steinhofstrasse in der Stadt Luzern ist seit Jahren eine 30er-Zone. Bild: Manuela Jans-Koch (Luzern, 30.Juli 2013)
Der Fussgängerstreifen auf der Höhe Murbacherstrasse mit Fussgängerinsel. Die Hirschmattstrasse wird zur 30er-Strecke.(Bild: Boris Bürgisser (Luzern, 11. April 2017))

Sandra Monika Ziegler

Sandra Monika Ziegler

Es ist eine unrühmliche Auszeichnung für den Luzerner Stadtrat. Ende 2018 hat er vom Kinderparlament die «Saure Zitrone» erhalten. Dies, weil «viele Kinder verunsichert sind und nicht wissen, wie sie sich auf der Strasse verhalten müssen», wie damals eine Vertreterin des Kinderparlaments sagte. In vielen Tempo-30-Zonen wurden Fussgängerstreifen entfernt. Es sei deshalb unklar, wer nun was darf. Denn: «Man hat den Kindern beigebracht, vor Fussgängerstreifen zu warten. Das ist für sie auch am einfachsten.» (wir berichteten)

Fehlende Fussgängerstreifen in 30er-Zonen bringen auch Eltern in diversen Stadtquartieren auf den Plan. Von Bewohnern ist zu vernehmen, dass es zwar bei Schulhäusern und Pflegeheimen sichere Übergänge gebe. Doch auf anderen Verbindungsstrassen, die zum Schulhaus führen, fehlten diese. Ein Beispiel ist die Einmündung der Untergütsch- in die Steinhofstrasse, wo mit dem Einsetzen eines neuen Deckbelags der Übergang entfernt wurde:

Neue Lösung ist in Planung

Zum erwähnten Übergang sagt Simon Steffen, Bereich Mobilität im städtischen Tiefbauamt: «Dieser Fussgängerstreifen wurde primär aus fachlichen Gründen entfernt. Denn die notwendigen Sichtverhältnisse und somit die Sicherheit waren hier nicht gegeben.» Es werde aber eine neue Lösung geben. Da es sich um eine klare «punktuelle Querungsstelle mit Querungsbedarf» handle, sei eine sichere Alternative in Planung. «Unser Ziel war eine Sofortmassnahme. Planer legten uns sieben Varianten vor.»

Nun muss das Amt entscheiden, eine einfache Geschichte werde es aber nicht, so Steffen. Wären aufgemalte Füsse nicht eine schnelle, unkomplizierte Lösung? Steffen: «Die Füssli sind nur ein Hilfsmittel und werden auf dem Trottoir aufgezeichnet. Sie zeigen anstelle von Fussgängerstreifen an, wo es günstig ist die Strasse zu queren. Sie haben aber keine rechtliche Wirkung.»

Eltern sind am Ende ihres Lateins

Diskussionen gibt es auch um einen anderen heiklen Übergang bei der Kurve von der Sonnenbergstrasse in die Steinhofstrasse:

Hier fehlt der Fussgängerstreifen, was insbesondere kleinere Kinder beim Queren stark verunsichere. «Wir wollen aber nicht auf Panik machen, bisher ist auch nichts passiert», so eine der besorgten Mütter, die nicht namentlich erwähnt werden wollen. Sie fügt an:

«Die Situation ist jedoch unsicher, das Gefahrenpotenzial hoch.»

Engagierte Eltern hätten sich bei diversen Stellen wie Quartierverein, Stadt oder VBL gemeldet. Zwar habe man ihnen immer zugehört, passiert sei jedoch bisher nichts. Nun fragen sie sich, was sie noch unternehmen könnten. Selber einen Fussgängerstreifen aufzumalen, ist ihnen auch schon in den Sinn gekommen, doch sie wollen sich nicht noch strafbar machen. Eine weitere Idee wäre, einen Lotsendienst einzusetzen. Dann würden die älteren Kinder mittels Verkehrskelle die Fahrzeuge stoppen und so den Kleinsten das Überqueren sichern und vereinfachen.

Wo Fussgängerstreifen noch zulässig sind

Zur Info: Die Stadt Luzern unterscheidet zwischen 30er-Zonen und 30er-Strecken. Bei letztgenannter Variante sind Fussgängerstreifen, auch wegen des hohen Verkehrsaufkommens, angezeigt und rechtlich gestattet. Sie gilt im Fachjargon als verkehrsorientierte Hauptachse.

Als 30er-Strecke bereits realisiert ist die Moosmattstrasse. Und noch dieses Jahr soll die Hirschmattstrasse zur 30er-Strecke werden. Die Temporeduktion wird ohne bauliche Verkehrsmassnahmen mit den bestehenden fünf Übergängen und der Verkehrsinsel realisiert. Hier die Situation im Bild:

Im Luzerner Kantonsblatt ist die Massnahme für die Hirschmattstrasse aktuell aufgeschaltet. Es handelt sich um eine Forderung des Quartiervereins Hirschmatt und eines parlamentarischen Vorstosses (wir berichteten). Kommt es zu keinen Einsprachen, ist die Umsetzung noch vor dem Sommer möglich, wie die Stadt in einer Medienmitteilung schreibt.

In einer 30er-Zone dagegen sind Fussgängerstreifen aus rechtlichen Gründen nicht zulässig. Eine solche ist etwa die Würzenbachstrasse, sie weist keine Fussgängerstreifen mehr auf. Dazu Simon Steffen vom Stadtluzerner Tiefbauamt: «Die Fussgängerstreifen wurden mit der Einführung der Tempo-30-Zone entfernt. Dies, weil die Übersicht vorhanden und ein grossflächiges Queren möglich ist. Auch ist auf dieser Strasse das Verkehrsaufkommen gering.»

Rund 90 Fussgängerstreifen wurden entfernt

In den Fokus des Tiefbauamts geraten Fussgängerstreifen nur, wenn zum Beispiel in einer 30er-Zone ein Strassenbelag erneuert wird, also konkrete Projekte anstehen. Seit der systematischen Überprüfung sämtlicher Fussgängerstreifen in der Stadt Luzern in den Jahren 2013/2014 wurde deren Zahl reduziert. Dies aufgrund konkreter Projekte, neuer Tempo-30-Zonen und dem 2015 gestarteten Projekt Sanierung Fussgängerstreifen auf Gemeindestrassen. Simon Steffen vom Tiefbauamt: «Heute sind es gegen 90 Fussgängerstreifen weniger – vorwiegend in 30er-Zonen –, damit hat die Stadt zwischen 630 und 640 Fussgängerstreifen.» Bei rund der Hälfte der 90 entfernten Streifen wurden Querungshilfen realisiert wie Mehrzweckstreifen, Inseln oder seitliche Einengungen.

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