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Luzern

In sieben Luzerner Gemeinden gilt auf Kantonsstrassen wohl schon bald Tempo 30

In Quartieren ist Tempo 30 schon weit verbreitet, nun soll eine Temporeduktion auch auf Kantonsstrassen möglich werden. Der Kanton Luzern prüft derzeit mehrere Anträge von Gemeinden.
Auf der Kantonsstrasse im Dorfzentrum von Rothenburg lief schon 2014 ein Pilotversuch für eine Tempo-30-Zone. (Symbolbild: Nadia Schärli (Rothenburg, 21. Oktober 2014))

Roseline Troxler

Adligenswil

Die Gemeinde Adligenswil ist Pionierin. Sie ist die erste Gemeinde im Kanton Luzern, in welcher auf der Kantonsstrasse schon bald Tempo 30 gilt (wir berichteten). Das erlaubte Tempo soll noch dieses Jahr gedrosselt werden – und zwar auf Abschnitten der Luzerner- und der Udligenswilerstrasse. Die Signalisation mit Tempo 30 soll auf den Fahrplanwechsel am 8. Dezember 2020 erfolgen, wie Bauvorsteherin Gisela Widmer Reichlin Anfang August sagte.

Jahrelang wollte der Kanton Luzern nichts von Tempo 30 auf Kantonsstrassen wissen. Im Dezember 2018 erklärte er dann, dass die Einführung auf Kantonsstrassen auf Antrag einer Gemeinde geprüft werde. Wie es damals in einer Mitteilung hiess, war die Kehrtwende auf vermehrt geäusserte Anliegen von Gemeinden und Urteile des Bundesgerichts zurückzuführen.

Nicht nur in Adligenswil könnte die Fahrt durchs Dorf künftig länger dauern. Ein Gesuch für Tempo 30 auf Kantonsstrassen haben auch Luzern, Römerswil, Oberkirch, Malters, Schongau und Vitznau eingereicht, wie Stephan Kieliger, Abteilungsleiter bei der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (VIF) des Kantons Luzern, sagt. «Der Bearbeitungsstand der eingereichten Gesuche ist unterschiedlich.» Einige stünden am Anfang der Prüfung, andere in der Schlussphase.

Oberkirch

Tempo 30 ist auf der Luzernerstrasse in Oberkirch schon lange ein Thema, wie es auf Anfrage heisst. Auch in einer Petition wird auf einer Länge von rund einem Kilometer Tempo 30 gefordert. Der Gemeinderat begrüsst das Anliegen, allerdings auf einem kürzeren Abschnitt bei der Schule. Die Gemeinde erhofft sich davon nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch weniger Verkehr. «Heute wird die Umfahrungsstrasse zwischen Nottwil und Sursee noch zu wenig genutzt. Tempo 30 würde die Attraktivität der Fahrt durch unsere Gemeinde senken», heisst es bei der Gemeinde.

Stadt Luzern

Geht es nach der Stadt Luzern, sollen Autofahrer auf der Bernstrasse auf die Bremse treten. «Aus Sicht der Stadt Luzern drängt sich hier Tempo 30 aus Gründen der Verkehrssicherheit auf», sagt Roland Koch vom Tiefbauamt. Es gebe eine schmale Fahrbahn ohne separaten Radstreifen und sehr schmale Trottoirs. In der Vergangenheit sah der Stadtrat auch auf der Zürichstrasse, auf Abschnitten der Haldenstrasse und auf der Baselstrasse Handlungsbedarf. Am dringendsten aber sei dieser bei der Bernstrasse.

Malters

Auch im Zentrum von Malters wird Tempo 30 geprüft. Laut Gemeindeammann Marcel Lotter hat der VCS (Verkehrs-Club der Schweiz) gegen das Strassenlärmsanierungsprojekt des Kantons Einsprache eingereicht. «Der VCS fordert, zur Reduktion der Lärmwerte das Tempo zu reduzieren. Der Gemeinderat hat dazu Stellung genommen und sich positiv zu Tempo 30 geäussert.» Hauptgrund sei für die Gemeinde allerdings die Sicherheit. «Schulkinder müssen auf ihrem Schulweg teils mehrfach Kantonsstrassen queren.» Derzeit erstelle der Kanton ein Gutachten. Tempo 30 kann sich der Gemeinderat auf der Luzernerstrasse zwischen dem Restaurant Braui und dem Dorfplatz und auf der Schwarzenbergstrasse auf dem Abschnitt Restaurant Kreuz bis Schulhaus Bündtmättli vorstellen. Der Gemeinderat hat laut Lotter entschieden, parallel Abklärungen für die Hellbühlstrasse zu treffen. «Aus unserer Sicht macht im Dorfzentrum nur ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen Sinn.»

Vitznau

Tempo 30 statt 50 will innerorts auch Vitznau. Das Gesuch bezieht sich auf die Zone vom Parkhotel bis zum Hotel Vitznauerhof. Der Ball liegt auch hier derzeit beim Kanton.

Schongau

In Schongau wurde ein entsprechendes Gesuch Mitte Juli eingereicht. Es betrifft die Mettmenstrasse von der Landi bis zur Kirche. Grund für das Gesuch ist «eine Risikoeinschätzung für den Schulweg und eine mögliche Lärmentlastung», wie es bei der Gemeinde heisst.

Römerswil

Die Gemeinde Römerswil gibt auf Anfrage noch nicht Auskunft, welcher Abschnitt das eingereichte Gesuch betrifft. Zuerst wolle man die Bevölkerung über die Pläne informieren.

Rothenburg

Im Jahr 2014 blickten alle nach Rothenburg. Während eines Jahres galt im Flecken versuchsweise Tempo 30. Die Gemeinde war zufrieden, während der Kanton kaum einen Nutzen sah. Gemessen wurden die Kriterien Lärmbelastung, die gefahrene Geschwindigkeit und die Akzeptanz. Einzig beim Lärm habe die Temporeduktion eine Verbesserung gebracht, so das Fazit des Kantons.

Könnte Tempo 30 im Flecken mit der neuen Handhabe des Kantons nun wieder zum Thema werden? Valentin Kreienbühl, Leiter des gemeindlichen Ressorts Öffentliche Infrastruktur, sagt auf Anfrage: «Der Kanton Luzern plant eine Sanierung der Strasse und die Anpassungen für den behindertengerechten Ausbau der Bushaltestellen im Bereich des Fleckens.» In diesem Zusammenhang habe die Gemeinde Rothenburg beim Kanton den Antrag einer Tempo-30-Zone im Flecken platziert.

Doch welche Kriterien entscheiden überhaupt, ob Tempo 30 eingeführt wird? Laut Stephan Kieliger wird vor der Festlegung von abweichenden Höchstgeschwindigkeiten durch ein Gutachten abgeklärt, ob die Massnahme «nötig, zweck- und verhältnismässig» ist oder ob andere Massnahmen möglich sind.

Das meint der TCS dazu

Alexander Stadelmann, Geschäftsführer der Sektion Waldstätte beim Touring Club der Schweiz (TCS), begrüsst Tempo-30-Zonen, steht Tempo-30-Strecken jedoch kritisch gegenüber. «Bei Tempo-30-Strecken handelt es sich um Strassen, auf welchen einzig die Durchfahrtgeschwindigkeit reduziert wird. Auf bauliche Massnahmen wird bewusst verzichtet», sagt Stadelmann und führt aus: «Auf Kantonsstrassen wird einfach die 50er-Tafel durch eine 30er-Signalisation ersetzt.» Damit würden sich bloss die Regeln ändern. Die Folge: «Fussgänger wiegen sich in falscher Sicherheit. Ich bin überzeugt, dass dies zu zahlreichen und schweren Unfällen führen wird. Das darf nicht sein.» Die Verkehrssicherheit müsse oberste Priorität haben. «Tempo 30 ohne bauliche Massnahmen darf von den Behörden keinesfalls bewilligt werden.»

Ein zweites Problem sieht Stadelmann darin, dass Autofahrer aus Erfahrung den schnellsten Weg wählten. «Ist der Verkehrsfluss auf Hauptverkehrsachsen nicht gegeben, weicht der Verkehr auf die Quartierstrassen aus.» Sinn macht Tempo 30 für Alexander Stadelmann dann, «wenn ein ganzes Wohnquartier als Tempo-30-Zone definiert und baulich verändert wird». Ausserdem müsse sichergestellt werden, dass der Verkehr auf Hauptachsen kanalisiert werden könne. «Ein Paradebeispiel ist für mich das Zentrum von Horw. Dort gelingt das sehr gut.»

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