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Nidwalden

«Ich meinti»: Spieglein, Spieglein an der Wand

«Ich meinti»-Kolumnist Herbert Huber fühlt sich mittlerweile etwas zu alt für die Fasnacht. Geblieben ist ihm die Erinnerung an die Fasnacht, die er als Gastgeber erlebte. Die Devise hiess: «Immer nur lächeln!»
Herbert Huber, Koch, dipl. Hotelier und Buchautor aus Stansstad, äussert sich an dieser Stelle abwechselnd mit anderen Autoren zu einem selbst gewählten Thema. (Bild: Matthias Piazza)

Herbert Huber

In unserem Lift hängt ein sehr grosser Spiegel, welcher herausfordernd zur Selbstbetrachtung animiert. Manchmal reizt er auch zum Grimassenschneiden, oder er bringt einen dazu, über sich selbst zu lachen – oder umgekehrt das Selbstbewusstsein zu stärken. Und fast in jedem Fall führt er einem den fortschreitenden Altersprozess spiegelhaft vor Augen. Was soll’s.

Neulich stelle ich nun beim Blick in diesen Spiegel fest, dass mein rechtes Ohr mehr absteht als früher. Massiv mehr. Da ist sicher die blöde Maske mit den übelzeitigen Bändeln schuld, dachte ich mir. Ein Haftpflichtfall? Eine Sammelklage Gleichgeschädigter mit abstehenden Ohren an die Adresse der Hersteller lohnt sich vermutlich kaum. Auch dann nicht, wenn Viktor Giacobbo an vorderster Front mit wehender Fahne oder Trychlen mitkämpfen würde. Aber wenigstens bin ich heilfroh, dass ich trotz des Tragens einer Maske nie verhaftet wurde. Immerhin besteht ja bei uns ein Verhüllungsverbot. Ausser an der Fasnacht.

Für sie bin ich vielleicht etwas zu alt, aber meine Erinnerungen gehen zurück, als wir noch Gastgeber waren und alles hergaben, um unsere Gäste im Trubel der Heiterkeit glücklich zu stimmen. Vor und hinter den Kulissen in einer Beiz ging’s an der Fasnacht rüüdig zu und her. In der Küche, wo sich die Bestellungen zu Bergen türmten, bei Hitze, Hektik und Dampf. Im Service war der Teufel los. Unseren ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern musste eine Fasnacht schon komisch vorkommen. Mit so seltsam verkleideten und in verschiedensten Farben bemalten Mitmenschen. Und den Schweizern «stinkte» es, weil sie ja lieber mitgefestet hätten. Doch jemand musste die Arbeit ja machen. Die Tage und die Nächte waren endlos lang. Und die Devise «immer nur lächeln» war Pflicht. Und gut darauf achten, dass niemand «abhaute», ohne zu bezahlen. Teller und Platten wurden durch und über die Menschenmassen akrobatisch balanciert. Oft blieben die Getränke auf der Strecke liegen – die Durstigen gingen teilweise dann leer aus.

Auf den Toiletten herrschte Hochbetrieb. Benutzer und auch Benutzerinnen verwechselten oft das Klopapier mit Luftschlangen. Auch das Mobiliar durchlebte eine Leidenszeit. Und Kafilöffeli wurden oft kurzerhand von ihren Kamerädli, den Messern und Gabeln, getrennt, um wartend im warmen Hosensack irgendwo in einer guten Stube als Souvenir eine neue Heimat zu finden.

Die Putzequipe betete, dass es eine trockene Fasnacht geben möge. Des nassen Konfettibreis im Staubsaugerrohr wegen. So war für die Gastgewerbler die Fasnacht eine chaotische Angelegenheit. Ich meinti: Wenn da und dort die Konsumation etwas mehr kostet(e) als sonst, sollte man kein Geschrei loslassen. Wenn die Kasse des Beizers stimmt, sei ihm das für einmal gegönnt. Der Aufwand ist immens an einer Fasnacht. Aber dennoch, man freut sich schon wieder auf die nächste «Fête». Und wie so oft lädt der Spiegel im Lift zur Generalprobe ein.

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