notifications
Obwalden

Ich meinti: Kleinkrieg der Pferdestärken

Zwei Motorradfahrer brausten auf der kurzen Obwaldner Autobahn rücksichtslos vorbei. Daraufhin Lichthupe zu geben, war dann gar keine gute Idee. Nur dank einer List tat sich ein Ausweg aus dieser beinahe eskalierenden Situation auf.
Romano Cuonz aus Sarnen. (Bild: Corinne Glanzmann)

Romano Cuonz

Mit hochrotem Kopf und innerlich kochend fahre ich zu Hause vor. «Dir ist wohl wieder einmal eine Laus über die Leber gekrochen?», bemerkt ganz vorsichtig meine Frau. Gekrochen ist gut! Gerast sind die! Und von wegen Laus: Rücksichtslose, nachgerade verbrecherische Töff-Rowdies waren das. Überholten die mich doch kurz vor dem sig­nalisierten Ende des einzigen Obwaldner Autobahnstücks in halsbrecherischem Tempo. Dies, obwohl ich die dort erlaubten 80 Stundenkilo­meter peinlich genau einhielt.

Nun gut: Ich befand mich noch auf der Überholspur, als die Radaubrüder zum Angriff übergingen. Wahrscheinlich etwas zu lange. Jedenfalls flitzte der eine rechts an mir vorbei und zog dabei seine gewaltige Maschine – der Teufel weiss, wie man so etwas fertigbringt – in die Höhe. Der andere beendete das Überholmanöver mit einer rasanten Slalomfahrt über den Sperrstreifen. Wer wollte da staunen, dass ich, in gerecht schulmeisterlichem Zorn, zwei – vielleicht waren es drei – Mal die Lichthupe betätigte.

Doch da machte ich die Rechnung ohne meine Verkehrs­kameraden. Ab sofort fuhren sie, nun in geradezu hochanständigem Tempo, vor mir her. Nebeneinander. Ob der Blockade wurde mir Angst und Bange. In Alpnach betätigte ich den Blinker, um auf die Landstrasse auszuweichen. Doch im allerletzten Moment taten die beiden das­selbe. Auf der Brücke stellten sie ihre heissen Öfen quer und stiegen ab. «Sonntagsfahrer, Schleicher, Tattergreis, Schlappschwanz», hallte es mir im einschlägigen Slang entgegen. Einer nahm gar das Mobil­telefon zur Hand. Gab an, dass er unverzüglich die Polizei anrufe, weil «Licht­hupen» ohne Grund streng verboten sei.

Eben noch rechtzeitig, bevor die Sache eskalierte, flüsterte mir irgendein guter Geist die rettende Idee ins Ohr. «Lasst gut sein», sagte ich, «wollte euch doch bloss vor einer heimtückischen Radarfalle der Polizei im Loppertunnel warnen.» Am Morgen, log ich, habe ich die jedenfalls noch gesehen. Da zogen die beiden – verschwörerisch grinsend und mit sämtlichen Pferdestärken ihrer Maschinen – von dannen. Ups, das war gerade nochmals gut gegangen!

Meine Frau hörte sich die dramatische Geschichte an. Schüttelte dann den Kopf. «In solchen Fällen ist die Licht­hupe wirklich fehl am Platz», meint sie. Ob ich nicht lieber gleich ein Martinshorn unter die Motorhaube und ein Blaulicht aufs Dach montieren wolle? Nun musste auch ich grinsen. Nicht zuletzt, weil mir bewusst wurde, dass ich diesen Kleinkrieg der Pferdestärken nur dank einer List gewonnen hatte. Apropos List und Pferd: Hatten nicht weiland auch die alten Griechen die Trojaner dank einem, wenn auch hölzernen, Pferd ziemlich listig besiegt?

Doch eine Lehre zog ich aus diesem Vorfall. Ich bin im Auto zu einem fast gänzlich überzeugten Pazifisten geworden. Kaum mehr ein Griff zur Lichthupe oder gar Hupe. Und schon gar keine einschlägigen Zeichen. So etwas ist heutzu­tage brandgefährlich. Erinnern wir uns nur daran, wie ein Berner Autofahrer mit solidem Bildungshintergrund auf der A1 auf einen BMW-Lenker eingeprügelt hat. Wenn ich denke, dass auch ich einen BMW fahre! Ja, kaum mehr ein hämisches Grinsen erlaube ich mir seither in Sachen Strassenverkehr. Verkniff es mir sogar, als ich las, wie so ein rassiger Fahrer auf dem Gotthard seinen drei Millionen Franken teuren, 420 Kilometer schnellen und 1500 Pferde starken Bugatti bei einem idiotischen Überholmanöver zu Schrott gefahren hatte. Was ich aber zu sagen wage: D Zaal vo dä PS under der Motoorhuibä staad hifig dia­metral zur Zaal vom Faarer-IQ!

Kommentare (0)