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Kolumne «Seitenblick»

Hochzeit mit einem Serienkiller

Redaktorin Tijana Nikolic über ihre Faszination von kriminellen Psychen und von Menschen, die mit dieser Faszination übers Ziel hinaus schiessen.

Während andere nach einem langen Tag am Abend eine Komödie im TV schauen, sich ein Hörbuch anhören oder mit positiven Affirmationen in den Schlaf gleiten, schaue ich mir Dokumentationen über Serienkiller, Vergewaltiger oder Kinderschänder an. Ich kann behaupten, dass es im Vergleich mit anderen wenige grausame Verbrechen gibt, über die ich nicht gelesen oder gehört habe.

Folglich habe ich auch die neue Streaming-Serie Dahmer - Monster: Die Geschichte von Jeffrey Dahmer gleich nach dem Erscheinen angeschaut. Obwohl ich die Geschichte praktisch auswendig kenne, bin ich doch immer sehr interessiert an neuen Darbietungen.

Bevor ich jetzt wieder einen Schwall an bösen E-Mails zugeschickt bekomme: Ich schaue die Mörder-Dokus nicht, weil ich mich an solchen Taten ergötze. Ich verurteile jede einzelne von diesen Taten auf das Schärfste. Mir geht es um den Hintergrund eines solchen Täters oder einer solchen Täterin: Wie es dazu kam, wie diese Leute aufgewachsen sind und was diesen einen «Schalter» in ihrem Kopf umgelegt hat.

Man kann mich als Hobby-Psychologin bezeichnen. Denn ich werde nie aufhören zu versuchen, zu verstehen, dass grundsätzlich jeder Abgründe in sich hat und austicken könnte. Keine Frage, wenn ich die Möglichkeit hätte, mit einem solchen «Monster» zu reden, ich würde sie nutzen.

Doch was ich auf keinen Fall verstehen kann, sind Menschen, die solche Verbrecherinnen und Verbrecher verehren, sich ihre Gesichter auf die Haut tätowieren lassen und ihnen Liebesbriefe ins Gefängnis schicken. In Amerika haben lebenslänglich verurteilte Mörderinnen und Vergewaltiger mit ihren Fans teilweise geheiratet.

Was genau kann man an so einem Menschen lieben? Und woher will man wissen, dass sie oder er die gleichen Gräueltaten in Freiheit nicht auch mit ihnen machen würde?

In einer aktuellen Challenge suchen Tiktok-Nutzer nach Bildern, die Dahmer von seinen Opfern gemacht hat, nachdem er ihre zerstückelte Einzelteile in erotischen Posen anordnete. Die Dahmer-Fans reagieren auf die Fotos und filmen sich dabei. Bereits 3,4 Milliarden Views hat diese fragwürdige Aktion auf Tiktok generiert. Vielleicht werde ich eines Tages die Psyche eines Serienmörders oder -mörderin verstehen, aber die deren Fans wohl eher weniger.

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