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Luzern

Hingeschaut: Die Gemälde in der Reussbühler Pfarrkirche und ihre Doppelgänger

Die Seitenaltäre in der Reussbühler Kirche sind Kopien von Gemälden eines berühmten italienischen Malers. Dass die Werke heute in doppelter Ausführung vorhanden sind, hängt mit der europäischen Geschichte zusammen.
Die Heilige Familie auf einer Rast während ihrer Flucht nach Ägypten. (Bild: Pius Amrein (Luzern, 3. November 2020))
Der Kirchenpatron Philipp Neri und die Erscheinung der Heiligen Maria (Bild: Pius Amrein (Luzern, 3. November 2020))

Salome Erni

Salome Erni

Salome Erni

Wer die knapp über hundertjährige Reussbühler Pfarrkirche betritt, dem fallen zwei barocke Gemälde auf. Sie hängen an der Rückwand der Seitenschiffe, eines davon zeigt die Heilige Familie auf einer Rast während ihrer Flucht nach Ägypten:

Das andere Bild stellt den Kirchenpatron Philipp Neri und die Erscheinung der Heiligen Maria dar. In sich versunken und von Putten umgeben, blickt der italienische Heilige nach oben in die Wolken:

Wohl nur wenige wissen, dass es sich bei diesen beiden Gemälden um Kopien handelt. Der Heilige Philipp Neri hängt nämlich mit exakt demselben andächtigen Gesichtsausdruck gemeinsam mit der originalen Darstellung der Heiligen Familie auch im Luzerner Regierungsgebäude.

Doch der Reihe nach: 1670 wurden die beiden Werke in Italien von keinem Geringeren als Carlo Maratta gefertigt, einem der berühmtesten Vertreter des italienischen Barocks. Da die reiche Luzerner Oberschicht in jener Zeit rege Beziehungen zu Rom hatte, muss es nicht erstaunen, dass die beiden Seitenaltäre zwanzig Jahre später gemeinsam mit einem Hauptaltarbild nach Reussbühl kamen. Der Hauptmann der päpstlichen Schweizergarde – damals ein Luzerner – vermittelte sie in die neu sanierte Kapelle «Unserer Lieben Frau» in Reussbühl. Dank dem Sujet von Philipp Neri und einer herbeigeschafften Reliquie fungierte die Kapelle von da an unter dem Namen «Philipp Neri Kapelle».

Originale vor Franzosen in Sicherheit gebracht

In Luzern wurde 1809 entschieden, die kostbaren Gemälde des italienischen Meisters im Regierungsgebäude in Sicherheit zu bringen. Diese Massnahme wurde ergriffen, da sich die Eidgenossenschaft nach dem Einmarsch Napoleons um die Wende zum 19. Jahrhundert in einer turbulenten Zeit befand. Damit die Philipp-Neri-Kapelle jedoch nicht schmucklos zurückblieb, beauftragte man einen dafür bekannten Maler mit Kopien der beiden Seitenaltäre. Erst als das kleine Gotteshaus 1904 abgerissen wurde, bezogen die Kopien ihren heutigen Platz in der damals neu gebauten Pfarrkirche Reussbühl.

Obwohl die beiden originalen Seitenaltarbilder seit 1963 wieder im öffentlich zugänglichen Ritterschen Palast hängen, waren sie nicht immer im Regierungsgebäude zu finden. Zwischenzeitlich hing Marratas Darstellung der Heiligen Familie nämlich in der Zentralbibliothek, während Philipp Neri einige Jahre vergessen auf dem Dachboden des Staatsarchivs schlummerte.

Übrigens lässt sich das Gemälde «Die Heilige Familie auf der Flucht» nicht nur in Reussbühl und im Regierungsgebäude, sondern als Replik auch in den Pfarrkirchen Triengen und Willisau sowie wie im Kloster Wesemlin bestaunen.

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