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Luzern

Hilda Rösch – die Schreiberin, die gar nie schreiben wollte

Sie schreibt seit 40 Jahren für Lokalzeitungen, nennt sich aber selbst nicht Journalistin. Hilda Rösch bezeichnet sich als Feld-Wald-Wiesen-Schreiberin. Ihre ewige Geschichte wartet auf ein Ende.
Hilda Rösch vor ihrem Haus in Gettnau, wo sie zusammen mit ihrem Mann lebt. (Bild: Pius Amrein (Gettnau, 8. Januar 2020))
Die 69-jährige Gettnauerin liest gerne, aber schreiben ist gar nicht so ihr Ding.  (Bild: Pius Amrein (Gettnau, 8. Januar 2020))

Janick Wetterwald

Janick Wetterwald

«Ich habe die ganze Zeit hinter mir in die Reihen geschaut und mir überlegt, wer wohl aufstehen wird», schildert die 69-jährige Hilda Rösch ihre Erinnerung an die letzte Gemeindeversammlung von Gettnau. Seit 40 Jahren sitzt sie in den vorderen Reihen und schreibt anschliessend über die Diskussionen rund um das 1100-Seelen-Dorf.

Anfang der 80er-Jahre machte sie ihrem Mann einen Gefallen: «Er war Präsident der Musikgesellschaft und ich sprang als Schreiberin ein.» Der Beginn einer langen Karriere. Eine Karriere, die sie schon lange beenden will. Doch Nachfolger sind keine in Sicht und sie sei einfach schlecht im Nein sagen.

«Ich hasse schreiben»

Hilda Rösch, auf einem Bauernhof aufgewachsen, Schule in Gettnau und Willisau, Lehre als Verkäuferin, dann ein Schreibmaschinen-Kurs und ein Bürojob. Ihr grosses Hobby: Lesen. «In der 3. Klasse habe ich ‹Krieg und Frieden› gelesen, weil ich musste. Von da an lese ich jede Zeitung, die bei uns zu Hause rumliegt. Dazu Bücher, am liebsten Krimis oder Western.» Und das Schreiben, das ist kein Hobby? «Im Gegenteil, ich hasse schreiben. Das ist idiotisch, aber es ist so», sagt sie und lacht laut. Rösch würde sich niemals Journalistin nennen, auch nicht Gemeindekorrespondentin, wie sie sagt. «Ich habe mich von der Gemeinde Gettnau nie offiziell wählen lassen, weil ich mich nicht verpflichten wollte.» Sie bezeichnet sich selber als Feld-Wald-Wiesen-Schreiberin.

Nach ihren Anfängen in Gettnau sprach sich ihr Engagement schnell herum. Der Name Hilda Rösch steht im «Willisauer Bote», im «Unter-Emmentaler», in der Fischbacher Dorfzeitung und in Protokollen von politischen Veranstaltungen oder Gemeindeversammlungen. «Diese Versammlungen besuche ich gerne. Sie interessieren mich und ich lerne dabei viel über das Geschehen in den Gemeinden», sagt Rösch.

Die Mutter von drei Kindern war selber lange politisch aktiv, beispielsweise als Parteipräsidentin der FDP Gettnau. Ihr Mann und auch ihre zwei Söhne sind sehr musikalisch:

«Für Berichte über Konzerte habe ich meistens meinen Mann mitgenommen. Er versicherte mir, dass meine Kritik gerechtfertigt war.»

Durch die Erfolge ihrer Söhne sei der Name Rösch in der Musikszene bekannt, das sei vielleicht auch der Grund dafür, wieso sie nie kritische Rückmeldungen auf ihre Texte erhielt. Hilda Rösch selbst spielte etwas Klavier und nahm Gesangsunterricht. «Die Leute dachten wohl, die Mutter von diesen beiden Söhnen muss ja was von Musik verstehen.»

Hoffnung auf baldiges Ende

Konzertkritiken schreibt Hilda Rösch keine mehr. Eigentlich möchte sie gar nichts mehr schreiben. «Ich mache es halt einfach noch», antwortet die Gettnauerin auf die Frage, wieso sie es trotzdem noch tue. Mehrmals erwähnt Rösch die geplante Fusion zwischen Willisau und Gettnau, verbunden mit der Hoffnung, dass die letzte Gemeindeversammlung mit Hilda Rösch als Schreiberin bald Tatsache wird.

Tatsache bei der letzten Versammlung war, dass niemand aus den hinteren Reihen aufstand. Sie selbst stand auf und wurde für ihren langjährigen Einsatz geehrt. In ihrem Bericht, den sie dem «Willisauer Boten» schickte, stand nichts von der Ehrung. «Ich kann doch nicht über mich selber schreiben», sagt Rösch. Die Redaktion schrieb darum selber einen kurzen Bericht unter dem Titel «Hilda Rösch erhält den Gättnauer-Preis».

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