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Zug

Greth-Schell-Umzug in der Zuger Altstadt: Der 301 Jahre alte Brauch verliert seine Faszination nicht

Beschwingte Musik, tanzende «Lölis» und ein riesiges Besucheraufkommen – am Montagnachmittag ging in der Altstadt am Greth-Schell-Umzug die Post ab.
Der Mythos um Margarethe Schell «Greth Schell», die im Jahre 1721 ihren sternhagelvollen Gatten von der Kneipe nach Hause gebracht hat, gehört zu Zug wie die Kirschtorte.  (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 28. Februar 2022))
Mit guter Fangkunst und einer Prise Glück konnten die Kleinen sich ein Würstli, Mutschli, eine Orange oder etwas anderes Leckeres ergattern. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 28. Februar 2022))
Von Clowns bis Batman waren viele Kostümvariationen bei den Kindern am Greth-Schell-Umzug dabei. (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 28. Februar 2022))
Fast alle Kinder kamen farbenfroh verkleidet. Die Erwachsenen waren eher ihre unverkleideten «Mitläufer». (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 28. Februar 2022))
Die sieben «Lölis», die Saufgenossen von Greth Schells Ehegatten, begleiten sie durch die Altstadt.  (Bild: Stefan Kaiser (Zug, 28. Februar 2022))

Nils Rogenmoser

Nils Rogenmoser

Nils Rogenmoser

Nils Rogenmoser

Nils Rogenmoser

Sonnenbrille und Frühlingsjacke waren am Nachmittag die bevorzugte Garderobe – der Sonnenschein verströmte rundum gute Laune. Ungeduldig warteten die kostümierten Kinder auf den Beginn des Greth-Schell-Umzugs, der durch die Zuger Altstadt führt. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt – man erblickte einen stolzen Römer mit Lanze und Schild, ein Kind als Dinosaurier mit Knochen oder einen (bedingt) furchteinflössenden Piraten.

Otmar Maag besuchte den Brauch zum ersten Mal. Er führte aus: «Ich kenne die Geschichte um Greth Schell, war aber noch nie hier am Umzug – heute geniesse ich mit meinen drei Kindern die tolle Stimmung hier.» Er kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er meint:

«Schade haben sich nicht mehr Erwachsene verkleidet, das sind alles Mitläufer – die Kinder hingegen sehen sehr kreativ aus.»

Der Mythos um Margarethe Schell «Greth Schell» gehört zu Zug wie die Kirschtorte oder der EVZ. Der Überlieferung nach trug diese eines Abends im Jahre 1721 ihren sternhagelvollen Gatten von der Kneipe in einer «Chrätze» (Rückentragkorb) nach Hause. Dies in Gesellschaft von dessen Saufgenossen, den «Lölis». In der Unter Altstadt ist der Fasnachtsfigur Greth Schell Ende des 18. Jahrhunderts ein Brunnen errichtet worden. Seit 150 Jahren ist die Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer Schirmherrin des Greth-Schell-Brauchs.

Jubiläumsgeschenk für alle Neugeborenen

Da im letzten Jahr das 300-Jahr-Jubiläum des Brauchs coronabedingt nicht gefeiert werden konnte, wird heuer mit einem Jahr Verspätung der runde Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass hat die Zuger Grafikerin Regi Meier vier Babyanzüge im Greth-Schell-Design gestaltet, die allen Eltern von Neugeborenen im Jubiläumsjahr geschenkt werden.

Es erklangen vergnügliche Klänge von der Casino Terrasse, die die Zunftmusik der Zunft der Schreiner, Drechsler und Küfer aufführte. Im Anschluss daran donnerten die Kinder synchron leidenschaftliche «Greth Schällebei!» – Rufe zur Terrasse empor. Mit genügend Stimmgewalt, guter Fangkunst und einer Prise Glück konnten sie sich ein Würstli, Mutschli, eine Orange oder etwas anderes Leckeres ergattern, das in hohem Bogen in die Menge herabgeworfen wurde.

Die Faszination des Brauchs hält seit über 300 Jahren an

Die Blasmusikklänge der Zunftmusik wirkten erheiternd – die Zunft wechselte regelmässig den Standort in der Altstadt. Beim Einmarsch der sieben «Löli»-Figuren mit ihren unverkennbaren Uniformen bildeten sich sogleich Trauben von ungeduldigen Kindern, die um die Gunst der Lölis schrien, um etwas Feines zum Essen zu kriegen.

Die Lölis stifteten sie dabei an, lauter zu rufen, und flössten ihnen mit ihren «Süüblatere» (Schweinsblasen)-Hieben ein wenig Respekt ein. Am Greth-Schell-Brunnen blieb zum Ende der Tour Zeit für Plaudereien und um gemeinsam anzustossen. Die Zunftmusik stimmte den selbst komponierten Greth-Schell-Marsch ein. Es lässt sich konstatieren, dass der Urzuger Brauch auch nach über 300 Jahren nichts an seiner Faszination eingebüsst hat und lebendiger denn je ist. Morgen dürfte wohl manches Kind heiser zur Schule erscheinen.

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