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Zug

Zwei junge Frauen aus der Region sitzen in Peru in einem abgeriegelten Hostel fest – und fühlen sich von der Botschaft im Stich gelassen

Wie die Corona-Krise zwei junge Zentralschweizer Frauen durch die Hölle gehen lässt – mit Polizeirazzien und fehlenden Informationen der Botschaft
Zimmertüren im Hostel der beiden Frauen, auf welchen die Gäste über die Regeln bezüglich der Quarantäne informiert werden.  (PD)
In diesem Achterzimmer harren die beiden jungen Frauen aus.  (Bild: PD)

Zoe Gwerder

Zoe Gwerder

Die 21-jährige Simone S.* und ihre 19-jährige Kollegin Claudia V.* hatten Anfang März vor, was so viele in ihrem Altern vorhaben: Reisen und neue Welten erkundigen. Nun sitzen sie in Cusco, Peru in einem abgeriegelten Hostel, dürfen nicht mehr vor die Türe und können von Glück sprechen, dass sie nicht in ihrem Achterzimmer – ohne Tageslicht – eingeschlossen sind. In Peru ist aufgrund der Corona-Krise der Notstand verhängt worden für mindestens 15 Tage, es könnten aber auch bis zu 90 werden. Alle Flughäfen wurden ab Montagnacht geschlossen. Gerade mal 5 Stunden und 23 Minuten trennten sie vom Flug nach Lima und zurück nach Hause.

Nun erzählen sie ihre Geschichte, weil sie sich von der Schweizer Botschaft im Stich gelassen fühlen. Während gleichzeitig die Deutschen Gäste im Hostel von der Deutschen Botschaft laufend neue Infos erhalten und – wie sie erzählt – es gemäss den Deutschen inzwischen ein Dekret von Peru gibt, welches Sonderflüge zulässt, stehen sie zwar auf einer Liste der Schweizer Botschaft in der Hauptstadt Perus, gehört haben sie von dieser bisher aber noch nichts.

Ab Montag um Mitternacht wurden die Grenzen geschlossen

Wie Simone S. am Telefon erklärt, hatten sie während der ganzen Reise die Lage rund um das Corona-Virus mitverfolgt. Am vergangenen Donnerstag, also ein Tag bevor der Bundesrat beschloss in der Schweiz die Schulen zu schliessen, habe sie zum ersten Mal das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) angerufen und sich erkundigt, ob es besser wäre, zurückzukehren. «Dort wurde uns nur gesagt, es werde empfohlen, Reisen nicht mehr anzutreten. Empfehlungen betreffend Heimkehr gab es erst am Montag.»

Als sie am Sonntagmorgen früh erfuhren, dass Ecuador seine Grenzen schliesst, hätten sie sich entschlossen, nun doch nach Hause zu gehen. «Wir konnten einen Flug für Dienstag buchen», erzählt S. Nur überschlugen sich darauf die Ereignisse. Der Präsident von Peru gab am Sonntagabend spät bekannt, dass alle Grenzen ab Montag Mitternacht geschlossen würden. «Wir gingen nachts um 3 Uhr zum Flughafen. Tausende Leute die ebenfalls noch weiterreisen wollten, waren dort.»Während zehn Stunden standen die beiden jungen Frauen vor diversen Airline-Schaltern Schlange.

«Wir sagten, wir zahlen alles, wir wollen nur nach Hause.»

Erfolglos. Der spätere Besuch beim Schweizer Konsulat in Cusco beschreibt Simone als Schockerlebnis. Die ältere Dame habe ihnen klargemacht, dass sie derzeit keine Priorität seien. Sie könnten nun lernen, dass eben nicht alles so sicher und stabil sei wie zuhause. «Ich musste aus Verzweiflung weinen, als ich aus dem Konsulat raus kam», so Simone. «Da gehst du davon aus, dass dort die Anlaufstelle ist, die dir hilft und wirst stattdessen ausgelacht – es sei deine Schuld.»

Als später am Abend plötzlich rund 50 Polizisten, bewaffnet und mit Mundschutz, im Hostel stehen, wird es zum Albtraum. «Wir mussten alle während rund zwei Stunden in unseren Dorms ausharren. Die Polizisten gingen von Zimmer zu Zimmer und durchsuchten alles. Wir hatten keine Ahnung, was sie suchten.» Danach seien alle Hostelgäste einem Alkoholtest unterzogen worden. «Die, die Alkohol getrunken hatten wurden auf dem Posten mitgenommen.» Erst später erfuhren die anderen Hostelgäste, dass offenbar in Peru während einem Notstand kein Alkohol getrunken werden darf. «Das wussten nicht einmal die Hostelbetreiber. Die hatten uns noch Bier ausgeschenkt», erzählt Simone. «Die, die Alkohol getrunken hatten, wurden verwarnt. Sollten sie noch einmal erwischt werden, werde man sie während sechs Monaten ins Gefängnis sperren.»

Balkone wurden verbarrikadiert

Wie es derzeit auf den Strassen Perus abläuft, weiss die 21-jährige nicht. «Wir hatten zwar Balkone im Hostel, von denen man die Strassen überblicken könnte. Diese wurden aber verbarrikadiert.»

Von Reisefreundschaften, die selbständig wohnen, weiss sie, dass offenbar pro Haushalt und Tag nur eine Person raus darf. «Werden zwei Personen gesehen, wie sie miteinander unterwegs sind, werden sie von der Armee verhaftet.» Ihre Lebensmittel müssen von den Hostel-Angestellten besorgt werden.

Zuhause sind die Eltern der beiden jungen Frauen mit Hochdruck dabei, eine Lösung zu finden. Stand Mittwochabend Schweizer Zeit ohne Erfolg. Derweilen können die beiden Zugerinnen in Cusco nur hoffen, dass der Bund halten kann, was am Mittwochmittag Hans-Peter Lenz, Chef Krisenmanagement beim EDA gegenüber Radio SRF sagte: Dass die Schweiz – wenn alle Stricke reissen – versuchen wird, die Schweizer mit eigenen Flügen nach Hause zu bringen.

*Namen von der Redaktion geändert

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