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Zug

Formale Gegensätze einer Zuger Brunnenanlage

Obschon der Stadthofbrunnen mitten in der lauten Neustadtverbauung steht, findet man um ihn herum eine gewisse Ruhe. Er generiert wohltuende Spannungfelder, die man eher unterbewusst wahrnimmt.
Archaisch, erfrischend und voller Spannungen: der Stadthofbrunnen von John Grüninger.

Andreas Faessler

Man geht wohl meist an ihm vorbei, ohne ihm grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht steht der Stadthofbrunnen halt schon so lange da, dass man sich einfach an ihn gewöhnt hat. Warum nicht für einmal kurz innehalten und die Brunnenanlage bewusst etwas genauer betrachten? Sie birgt wahre Spannungsfelder, entstehend durch Gegensätzlichkeiten.

Da ist einmal das in den Boden eingelassene, kreisrunde Becken mit einem Durchmesser von fünf Metern. Im knapp schienbeintiefen Wasser sind sechs massive Elemente aus sardischem Granit mit glatt geschliffenen Oberflächen platziert. Ihnen allen ist gemein, dass sie einen trapezförmigen Grundriss haben, wenn auch verschiedenwinklig. Alle sechs Elemente sind so angeordnet, dass sie nach der Brunnenmitte hin zeigen. Der grösste Unterschied zwischen den einzelnen Elementen liegt in ihrer Höhe – das niedrigste erhebt sich bloss wenige Zentimeter über das Wasserlevel. Die höchste Stelle ist rund 2,7 Meter hoch. Die Blöcke umgeben die mittig angeordneten sechs Fontänen, die in Form einer Wassersäule den Brunnen speisen.

Die erwähnten Spannungen innerhalb dieser Brunnenanlage entstehen insbesondere durch die unterschiedlichen Formen. Aus dem Zentrum des Brunnens erhebt sich eine Art geometrisch klar definiertes Gebirge – es vermittelt etwas Archaisches, ja gar Bedrohliches. Es wird jedoch sanft umfasst vom geschmeidig runden Brunnenbecken, als wollte dieses das «Wilde» in seinem Inneren zähmen oder in Schach halten. Das aus der Mitte der Stelen sprudelnde Wasser weckt die Assoziation zu einer Gebirgsquelle, die wiederum als Symbol für Ursprung und Werden herangezogen werden mag.

Ein Geschenk an die Stadt

In der Tat steht der Stadthofbrunnen in gewisser Weise für einen Ursprung, einen Anfang. Er markiert nämlich den Ort, wo die städtebauliche Entwicklung diesseits der alten Bahnlinie ihren – zumindest geografischen – Ausgangspunkt hat: Der namensgebende «Stadthof», erbaut von 1985 bis 1987, ist das erste Gebäude diesseits der Baarerstrasse. Die Bauherrschaft des «Stadthof», namentlich die H. Bosshard & W. Sutter Architekten sowie die Gebrüder Hodel AG, hatte die Brunnenanlage im Jahre 1988 der Stadt Zug zum Geschenk gemacht. Versehen mit Sitzgelegenheiten und Bäumen, ist der Platz mit dem Brunnen im Zwickel von Strasse und Bahnlinie ein beliebter Aufenthaltsort für in der Umgebung Arbeitende oder Passanten, die einen Moment innehalten und verweilen möchten. Das Kühle des Wassers gleichwohl wie das Kühle des Granitgesteins vermitteln ein Gefühl von Frische, insbesondere an einem mit viel Beton, Asphalt und Stein verbauten Ort wie diesem.

Auf den Spuren des Verborgenen

Geschaffen hat den Stadthofbrunnen der Bildhauer John Grüniger (*1947). Der gebürtige Krienser bildete sich in Zürich und Carrara autodidaktisch aus. Seit 1980 ist er Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste. Grüniger lebt heute in Zürich, sein Atelier hat er in Schlieren. Grüniger orientiert sich bei seiner Arbeit an den Gesetzmässigkeiten von Mathematik, Physik und Biologie und sucht, dem in ihnen Verborgenen, Hintergründigen auf die Spur zu gehen. Räumliche Dimension und Materialität sind weitere Aspekte, welche den Künstler begleiten.

Hinweis: Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.

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