notifications
Ukraine

Findet im Juni auf dem Bürgenstock ein Friedensgipfel statt? Auch US-Präsident Biden soll kommen

Im Juni soll ein hochkarätiger Friedensgipfel für die Ukraine auf dem Bürgenstock stattfinden. 80 bis 100 Staaten sollen daran teilnehmen. 
Besucht der amerikanische Präsident Joe Biden den Bürgenstock?
Bild: Bilder: zvg / Keystone

Die Schweiz bereitet sich darauf vor, einen Ukraine-Friedensgipfel durchzuführen. Der Bundesrat soll demnächst darüber entscheiden. Die Konferenz wurde im Januar von Bundespräsidentin Viola Amherd während des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in Bern angekündigt .

Der Friedensgipfel soll am 16. und 17. Juni auf dem Bürgenstock stattfinden. 80 bis 100 Staaten sollen daran teilnehmen. Das Luxusresort im Kanton Nidwalden sei als Austragungsort sehr wahrscheinlich, schreibt der Tagesanzeiger und beruft sich dabei auf einen Bericht der Agentur Bloomberg. Die Planungen seien im Gange. Daran beteiligt seien sowohl das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) als auch die Kantone Luzern und Nidwalden.

Selenski fragte die Schweiz an, einen Friedensgipfel zu organisieren, hier mit Bundespräsidentin Viola Amherd. 
Bild: Bild: Alessandro Della Valle / Keystone

Es hätten bereits Planungssitzungen stattgefunden. Auch die Luzerner Polizei sei in die Sicherheitsplanung involviert. Eine Sprecherin des Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartements sagte auf Anfrage, dass die Organisation einer allfälligen Friedenskonferenz und damit auch die Kommunikation darüber in der Verantwortung des Bundes liege. Die Nidwaldner Justiz- und Sicherheitsdirektorin Karin Kayser-Frutschi sagte auf Anfrage, dass eine weiterführende Information erst ab Mittwochnachmittag möglich sei.

Hans Wicki
Bild: Bild: zvg

Für den Nidwaldner Ständerat Hans Wicki ist das Szenario sehr wahrscheinlich. «Die Nidwaldner Regierung hat sich sehr stark dafür engagiert», weiss er. «Es ist grundsätzlich immer gut, wenn die Schweiz ihren Beitrag zum Frieden leistet. Das versteht man unter Neutralität.» Dies auf dem Bürgenstock zu tun, mache absolut Sinn. «Man weiss seit langem, dass der Bürgenstock sicherheitstechnisch der wahrscheinlich beste Berg ist», so Wicki. Optimal sei die Nähe zum Flugplatz Buochs.

EDA gibt sich bedeckt

Beim EDA heisst es auf Anfrage lediglich, dass sich die Schweiz auf Wunsch der Ukraine bereit erklärt hat, die erste hochrangige Konferenz zum Thema Frieden in der Ukraine auszurichten. Die Vorbereitungen dazu seien im Gang. Datum sowie Ort der Konferenz und Teilnehmerstaaten würden zu gegebenem Zeitpunkt kommuniziert.

Die Bitte um einen Friedensgipfel kam von Selenski selbst. Der ukrainische Präsident hatte die Schweiz dafür angefragt, sagte Amherd im Januar gegenüber dieser Zeitung . «Wir werden die Details vertieft prüfen, damit der Friedensprozess ein Erfolg ist.» Das Verteidigungsdepartement (VBS) präzisierte in einer Mitteilung, dass die Schweiz eine Gipfelkonferenz zur Friedensformel organisiert.

Kommt Biden auf den Bürgenstock?

Noch sei die Wahl des Termins Gegenstand von Diskussionen. So könnte die Konferenz direkt nach dem G-7-Treffen in Rom Ende Mai stattfinden oder auch erst im Juni. Die Schweiz ist bemüht, eine breite Koalition von Teilnehmerstaaten zu gewinnen. Die Bemühungen umfassen auch Reisen von Aussenminister Ignazio Cassis nach Indien und China sowie Gespräche von Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Katar. Die Teilnahme sogenannter Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sei entscheidend für den Erfolg des Gipfels. Russland hat bereits früher signalisiert, dass es nicht interessiert ist. Ob China teilnimmt, ist offen. Um China zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen, änderte das EDA laut Insidern vor einiger Zeit seine Sprachregelung: Es spricht nicht mehr vom «russischen Angriffskrieg», sondern vom «Ukrainekrieg».

Auch der amerikanische Präsident Joe Biden soll an der Konferenz teilnehmen, wie mehrere Quellen gegenüber der NZZ sagen. Eine definitive Zusage erfolge kurzfristig. Biden habe seine Teilnahme in der US-Delegation bisher nicht bestätigt, so eine Sprecherin der amerikanischen Botschaft in Bern.

Fabian Molina
Bild: Bild: zvg

SP-Nationalrat Fabian Molina geht davon aus, dass auch China in irgendeiner Form an der Konferenz teilnehmen wird. «Die Chinesen dürften die Gelegenheit nutzen, um sich auf der Weltbühne wieder salonfähiger zu machen und konstruktiv zu zeigen.» Wichtige Länder wie Brasilien allerdings würden der Konferenz wohl fernbleiben. «Dort herrscht die Ansicht vor, dass eine solche Konferenz nichts bringt, wenn Russland nicht dabei ist.»

Ein aussenpolitischer Erfolg

Franz Grüter
Bild: Bild: zvg

Gleich sieht das der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter, der Mitglied der Aussenpolitischen Kommission ist und diese zwischen Ende November 2021 und Mitte Dezember 2023 präsidiert hat. Er sagt: «Wenn es ernsthafte Friedensgespräche zwischen den Kriegsparteien Russland und Ukraine geben sollte in der Schweiz, so wäre dies ein aussenpolitischer Erfolg für unser Land und würde mich freuen. So wie es aber aussieht, wird Russland nicht an dieser Friedenskonferenz teilnehmen. Damit wäre dieser Anlass sicher kein Friedensgipfel und von vornherein zum Scheitern verurteilt.» Für echte Friedensgespräche bräuchte es laut Grüter beide Parteien am Verhandlungstisch. «Echte Friedensverhandlungen funktionieren anders, diskreter und hinter verschlossenen Türen. Der Anlass auf dem Bürgenstock, sollte er denn so stattfinden, macht mir den Eindruck einer grossen und teuren PR-Veranstaltung.»

Josef Dittli
Bild: Bild: zvg

Der Urner FDP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Josef Dittli steht der Friedenskonferenz sehr positiv gegenüber. «Das Bemühen der Schweiz, im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einen Schritt weiterzukommen, ist sehr zu begrüssen. Wie wirksam die Konferenz jedoch ohne die Beteiligung von Russland sein wird, kann man hinterfragen.» Diesen Umstand hält Dittli denn auch für die «Schwäche der Konferenz». «Wichtig ist aber, dass genügend andere namhafte Nationen teilnehmen werden. Das würde den Grundstein für weitere Schritte legen.» Dass China sich unter den Gästen befindet, ist für Dittli aber im Gegensatz zu Fabian Molina eher unwahrscheinlich. «Es würde mich sehr überraschen.»

Wie Parteikollege Wicki hält Dittli den Bürgenstock für «hochgradig geeignet», wie er sagt. «Am Bürgenstock für die nötige Sicherheit der Teilnehmenden zu sorgen, ist auf jeden Fall möglich.» Wenn auch die Austragung einer solchen Konferenz mit viel Aufwand verbunden wäre, dürfte der volkswirtschaftliche Nutzen sehr hoch sein, wie Dittli schätzt. «Bei einer solchen Veranstaltung würde der Bürgenstock national und international viel Aufmerksamkeit erhalten, ähnlich wie es beim WEF in Davos der Fall ist.»

Kommentare (0)