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Fall Walker: Wissenschaftler empfiehlt, mehr zu kommunizieren

Medienprofessor Vinzenz Wyss hat die Rolle der Medien im Fall Walker analysiert. Die Empfehlungen im Bericht sind eher dünn gesät.
Der Fall Walker wurde zum Medienmagnet. (Bild: Pius Amrein)
Medienprofessor Vinzenz Wyss. (Bild: Urs Flüeler/Keystone, Altdorf, 5. Juli 2019)

Florian Arnold

Florian Arnold

Selten haben Medien über ein Urner Thema so intensiv berichtet, wie über den Fall Ignaz Walker. Die Urner Regierung hat deshalb den Medienwissenschaftler Vinzenz Wyss mit einer Analyse beauftragt. Sie interessierte sich insbesondere dafür, welchen Einfluss die Medien auf die Gerichtsentscheide hatten und vermutete eine «Rudelbildung» rund um Personen wie den Verteidiger oder den Oberstaatsanwalt. Die Regierung erhoffte sich Empfehlungen.

Vinzenz Wyss kann nun allerdings keine Empfehlungen zu Handen der Regierung abgeben, wie aus dem nun erschienenen Bericht hervorgeht. Ratschläge hat er aber für die Strafverfolgungsbehörden: Diese sollen sich aufgrund der zunehmenden Medialisierung nicht nur auf ihre Normen konzentrieren. «Vielmehr sollten die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen des Spielraums, der die Rechtsgrundsätze und die Strafprozessordnung vorgibt, Möglichkeiten prüfen, inwiefern eigene Erklärungen und Sichtweisen in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden können.» Will heissen: Die Strafverfolgungsbehörden sollen vermehrt das Gespräch mit Medien suchen.

«Rundschau» führt zu starkem Ansteig der Berichterstattung

Inhaltlich hat Wyss im Zeitverlauf der Berichterstattung vier Phasen identifiziert: Entwicklung, Krise, Konflikt und Auflösung. Diese seien hauptsächlich durch die Ereignisse des Falls und nicht durch die Berichterstattung entstanden. Das Einschalten der «Rundschau» habe aber zu einem starken Anstieg der Berichterstattung und auch zum «Agenda Setting» anderer Medien beigetragen. Diese konzentrierten sich nicht auf die Berichterstattung über den Gerichtsprozess, sondern gingen auch eigenen Thesen nach. Dazu zählten etwa Themen wie die Befangenheit des Polizisten M., zweifelhafte DNS-Proben oder die Glaubwürdigkeit des Zeugen Peeters. Dies ist für den Medienwissenschaftler nachvollziehbar, weil die Themen einen hohen Nachrichtenwert hatten.

Was den Einfluss der Medienberichterstattung auf die Urner Richter betrifft, können die Wissenschaftler keine eindeutigen Aussagen machen. «Das Studium der Gerichtsunterlagen deutet zumindest darauf hin, dass im Gerichtssaal Medienkritik und damit eine Reaktion auf die mediale Berichterstattung mehrmals Thema war.» Und sie verheimlichen nicht: «Zu glauben, die Strafjustiz gehe ihrer Tätigkeit frei von medialen Einflüssen nach, wäre naiv.» Wyss sieht darin aber kein Problem. Wichtig sei es, die eigenen Schlüsse richtig zu kommunizieren.

Bericht sieht keine «Rudelbildung»

Der Wissenschaftler attestiert den Medien eine eher «strafprozess-kritische Deutung», «wobei sich im Zeitverlauf mit der Rundschau, dem Tages-Anzeiger und Watson auf der einen Seite sowie der NZZ und der Weltwoche auf der anderen Seite zwei unterschiedlich deutende Lager identifizieren lassen», heisst es im Bericht. Klar auszumachen seien zwei Lager, die sich entgegengesetzt verhielten. Von eine «Rudelbildung», wie es die Regierung vermutete, könne aber nicht gesprochen werden. Der «anwaltschaftliche Zugriff der Rundschau oder die Kommunikation mit dem Verteidiger» seien nicht einfach unreflektiert übernommen worden. Alle Medien hätten eigene Recherchen angestellt. Insbesondere die Rundschau-Berichterstattung sei aber ein wichtiger Auslöser für andere Medienbeiträge wie etwa des Tagesanzeigers oder Watson gewesen. Gerade dies zog aber auch eine Gegenbewegung mit sich, welche die NZZ und die Weltwoche stützten.

Regionale Medien gewichteten mehrere Seiten

Die regionalen Medien Urner Zeitung, Urner Wochenblatt, SRF- Regionaljournal und Schweiz aktuell hätten kaum eine Positionierung vorgenommen, sondern stärker aus Distanz mehrere Seiten und Deutungen gleich gewichtet, kommt Wyss zum Schluss.

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