notifications

Fabrikgespräch in Sachseln: «Glauben Sie, dass Hillary Clinton ein Mann ist?»

Fake News, Lügenpresse, sinkende Auflagen: Im jüngsten Fabrikgespräch bei Maxon Motor ging es um Überlebensstrategien für die Medienbranche in einem schwierigen Umfeld. Auch Selbstkritik wurde laut.
Fabrikgespräch im Auditorium von Maxon Motor in Sachseln (von links): NZZ-Chefredaktor Eric Gujer, Moderator Martin Zenhäusern und Mark Dittli, Wirtschaftsautor bei der «Republik». (Bild: PD)

Das 57. Fabrikgespräch bei Maxon Motor in Sachseln drehte sich um ein auch in den Medien viel diskutiertes Thema: die Medien. Wie sollen sie sich in Zeiten von Fake News positionieren? Und haben die klassischen Medien überhaupt noch eine Zukunft? Diese Fragen und andere beantworteten am Dienstagabend vor zahlreich erschienenem Publikum Eric Gujer, seit März 2016 Chefredaktor der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) und Mark Dittli, ehemals Chefredaktor der «Finanz und Wirtschaft» und seit Anfang Jahr Wirtschaftsautor bei der «Republik».

Die beiden Gäste schlugen einen betont eher abwiegelnden Ton an. So fand etwa Eric Gujer, dass die Krise im Mediengeschäft eigentlich vor allem auf der Seite der Macher stattfinde – für die Konsumenten treffe dies nicht zu. «Mit den Zusammenschlüssen von Medienhäusern hat zwar die Medienvielfalt abgenommen. Die Qualität des einzelnen Mediums ist aber in den letzten Jahren eher gestiegen», konstatierte Gujer. «Hintergrundartikel findet man inzwischen auch in Tageszeitungen. Das gab es früher weniger.»

Die Zahnpasta zurück in die Tube drücken

Trotzdem seien die Medien stärker und früher als andere Branchen von der Digitalisierung getroffen worden, fuhr Gujer fort. Mark Dittli sah das riesige Angebot im Internet ebenfalls als Hauptgrund für sinkende Auflagenzahlen – und nicht etwa Gratiszeitungen wie «20 Minuten», wie ein Mitglied des Publikums anregte. Er glaube trotzdem, gedruckte und digitale Medien würden noch lange nebeneinander koexistieren, sagte Mark Dittli.

Eric Gujer sah einen Fehler auch bei den Verlegern: «Sie haben ihre Inhalte gratis feilgeboten und müssen jetzt versuchen, die Zahnpasta zurück in die Tube zu drücken. Das ist bekanntlich schwierig.» Bei ständig sinkenden Werbeeinnahmen bleiben den Medien nämlich nur die Abonnenten – doch wie kann man diese dazu bewegen, wieder für Journalismus zu zahlen?

Mark Dittli fand, die Medien hätten sich zu lange zu günstig verkauft. «Rund 50 Rappen für einen Artikel ist günstig im Vergleich etwa zum Preis eines Kaffees.» Die Medien müssten verschiedene Businessmodelle entwickeln, um zu überleben, und hätten dies auch bereits gemacht, meinte Eric Gujer. Als Beispiele nannte er «20 Minuten», das sich über die schiere Masse seiner Leser finanziere, die NZZ, die auf sehr hohe Qualität setze und die «Republik», welche die Leser mit einer klaren politischen Aussage abhole.

Um Qualität komme man ohnehin nicht herum, fanden sowohl Gujer als auch Dittli. Die Dossierkenntnis eines Journalisten sei zentral, sagte Letzterer, damit sich der Leser nach der Lektüre «etwas grösser fühlt, mit einem besseren Verständnis dafür, was in der Welt läuft.»

In Wahlkämpfen steht die Presse unter Beschuss

Ein Zuhörer interessierte sich in der abschliessenden Fragerunde für die Produktion von Fake News, die auch im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf eine Rolle gespielt hat. «Da läuft es einem kalt den Rücken herunter», meinte der Mann. Eric Gujer stimmte zu, dass solche Manipulationsversuche ein Problem seien, jedoch kein grosses: «Oder glauben Sie, dass Hillary Clinton in Wirklichkeit ein Mann ist?»

Gerade in Wahlkämpfen fällt – bisher vor allem im Ausland – auch immer wieder der Vorwurf der Lügenpresse, die das Establishment unterstützt. «Dieses gefährliche Spiel wird nicht so bald aufhören», sagte Mark Dittli. «Die Antwort der seriösen Medien kann nur sein, dass wir unseren Job richtig machen.»

Kommentare (0)