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Obwalden

Einsprachen und Petition: Widerstand gegen das Lungerer Fischerparadies wächst

Am Lungerersee soll ein neuer Bootssteg für Fischer gebaut werden. Doch das Projekt hat einen schweren Stand. Die Bevölkerung stört sich an Wildparkierern und Littering.
Blick auf den Lungerersee, der dank hoher Fangquoten bei Fischern beliebt ist. (Bild: Robert Hess (30. Januar 2020))

Christian Glaus

Skepsis war von Anfang an vorhanden. Doch seit das Fischerparadies am Lungerersee 2011 eröffnet wurde, schien man sich in der Gemeinde an die neue Situation zu gewöhnen. Die kritischen Stimmen gegenüber der Hobbyfischerei am künstlichen See verstummten mehr und mehr. Dafür stellte sich wirtschaftlicher Erfolg ein. Die Fischer kommen dank der hohen Fangquote zahlreich an den Lungerersee, um die ausgesetzten Regenbogenforellen mit ihren Ruten aus dem Wasser zu ziehen. In den letzten sechs Jahren wurden jährlich rund 30 Tonnen der nicht heimischen Fischart ausgesetzt. Die Patentverkäufe nahmen stetig zu. Im vergangenen Jahr wurden 860 Jahres- und 16'900 Tagespatente verkauft. Das ist eine leichte Steigerung gegenüber dem Jahr 2018 mit 810 Jahres- und 16'390 Tagespatenten.

Das Geschäft brummt. So sehr, dass die Lungerersee AG für ihr Fischerparadies ein neues Bauprojekt realisieren will: Auf der Gemeinde liegt derzeit das Gesuch für einen neuen Bootssteg auf. Dieser soll Platz für 20 Boote bieten. Gebaut werden soll er anstelle des maroden Bootsstegs des Hotels Kaiserstuhl, in einem sensiblen Gebiet. Es handelt sich um das Landschaftsschutzgebiet Westufer Lungerersee, um den Gewässerschutzbereich Au und um ein Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung.

Mehrere Einsprachen und über 500 Unterschriften

Klar ist: Der Weg bis zum Bau des Bootsstegs wird ein weiter sein. Gegen das Projekt wurden von mehreren Anstössern Einsprachen eingereicht, wie diese gegenüber unserer Zeitung bestätigen. Die Umweltorganisation WWF prüft eine Einsprache. Doch das ist nicht alles: Im Dorf wurde die Petition «Für eine massvolle Befischung des Lungerersees» lanciert. 525 Stimmberechtigte unterschrieben nach Angaben der Petitionäre – jeder vierte Lungerer.

Die Anliegen von Einsprechern und Petitionären sind die gleichen. Sie wünschen sich mehr Ruhe, weniger Chaos. In einem Begleitschreiben an den Gemeinderat fordern die Petitionäre, «die Anzahl der Fischer am und auf dem Lungerersee auf ein erträgliches Mass zu beschränken». Die Zustände seien für Mensch und Umwelt nicht mehr länger tragbar. Dazu gehöre beispielsweise das wilde Parkieren. An schönen Tagen fahren viele Hobbyfischer nach Lungern. Weil für sie zu wenige Parkplätze bereitstehen, stellen sie ihre Autos zum Leidwesen der Bevölkerung dort ab, wo es gerade Platz hat. Die Umwelt leide, weil Wasservögel und Enten gestört würden, heisst es in der Petition. Die Amphibien und der Laich würden entlang des Lungerersees «von den Fischern zerstört und zertrampelt». Weiter verlangen die Petitionäre, dass keine neuen Infrastrukturanlagen – insbesondere kein neuer Bootssteg – realisiert werden.

Konflikte nehmen laut Einsprecher zu

Die Probleme veranschaulicht der Lungerer CSP-Kantonsrat und Seeanwohner Joe Vogler. Er ist einer der Einsprecher und steht dem Fischerparadies schon länger kritisch gegenüber. Die Konflikte zwischen Fischern, Schwimmern und Seglern würden zunehmen, sagt er. Vogler war vor rund zwei Wochen am Lungerersee unterwegs, um im Rahmen einer internationalen Aktion die Wasservögel zu zählen. Sein Ergebnis:

«Ich habe 25 Vögel, 97 Fischer und sieben Boote vom Fischerparadies gezählt.»

Das sei ein krasses Missverhältnis sagt Vogler und stellt fest: «Die Stimmung kippt im Dorf.» Die Petitionäre haben die Unterschriften am Donnerstag dem Gemeinderat übergeben. Klaus Bürgi, Betreiber des Campings Obsee, koordinierte die Petition. Gegenüber unserer Zeitung sagt er: «Die Gemeinde hat Verständnis für unser Anliegen. Dass man nicht von heute auf morgen eine Lösung finden kann, verstehen wir.» Bürgi betont, dass sich die Petition nicht direkt gegen das Fischerparadies richte. «Aber die damit verbundenen Probleme muss man in den Griff bekommen».

Die Stimmung nimmt auch Gemeindepräsidentin Bernadette Kaufmann-Durrer (CSP) so wahr. Das Baugesuch für den Bootssteg habe bei vielen die Befürchtung ausgelöst, dass das Fischerparadies noch grösser werden könnte, und dass damit die Probleme mit Wildparkieren und Littering um den See zunehmen. «Wir haben das Problem erkannt und sind selber aktiv geworden», sagt Kaufmann. Gerade bei der Parkplatzsituation könne es aber keine schnelle Lösung geben. Südseitig des Sees würden genügend Parkplätze zur Verfügung stehen, die Geschäftsstelle des Fischerparadieses ist aber nordseitig.

«Es gibt noch kein Konzept, wie wir die Autos besser verteilen können.»

Pikant: Kaufmanns Gemeinderatskollege Daniel Ming hatte bereits im Mai 2019 erklärt, dass ein Projekt laufe, um die Parkplatzsituation zu verbessern. Man sei nun mit dem Raumplaner im Gespräch, so Kaufmann. Erfreut ist sie, dass Petitionäre und das Fischerparadies gesprächsbereit seien. Sie will nun alle Beteiligten an den runden Tisch holen. Klar ist für sie: «Es braucht gegenseitig Toleranz.»

Monika Vogler, Verwaltungsratspräsidentin der Lungerersee AG, erklärt: «Wir wachsen seit drei Jahren nicht mehr und streben kein Wachstum mehr an.» Beim Steg handle es sich um einen Ersatzbau. Vorgesehen seien drei zusätzliche Boote, Plätze für die Drachenboote des Restaurants Kaiserstuhl, für das Elektrizitätswerk Obwalden und als Reserve. «Wir wollen eine Verlagerung der Fischer vom Ufer auf den See erreichen.»

Kanton muss Baugesuch prüfen

Monika Vogler bestreitet nicht, dass das Fischerparadies negative Auswirkungen mit sich bringt. «Wir sind bestrebt, diese möglichst tief zu halten.» Monika Vogler erklärt, dass das Fischerparadies mit der Gemeinde zusammenarbeitet, um die Parkplatzprobleme in den Griff zu bekommen. Ausserdem fänden immer wieder Putzaktionen statt. Auch dazu liefen Gespräche mit der Gemeinde.

Nun liegt es an der öffentlichen Hand, das Baugesuch für den Bootssteg zu prüfen. Da das Gesuch den See und die Landwirtschaftszone betrifft, ist der Kanton dafür zuständig.

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