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Bypass

Eine neue Autobahn für Luzern: Alles, was Sie zum «Bypass» wissen müssen

Die 1,8 Milliarden teure Autobahnumfahrung Bypass Luzern rückt näher. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Jahrhundertprojekt.

Was ist der Bypass?

Zum Bypass gehören folgende Projekte:

Neue vierspurige Autobahn zwischen den Anschlüssen Emmen Süd und Kriens-Luzern. Dazu werden zwei 3,8 Kilometer lange Tunnelröhren gebaut. Der Bypass-Tunnel soll ausschliesslich dem Transitverkehr dienen.

Dritte Röhre Rathausen : Ein neuer, dreispuriger Tunnel wird künftig den gesamten Verkehr Richtung Zug aufnehmen. Die beiden bestehenden Röhren (total vier Spuren) dienen dem Gegenverkehr Richtung Luzern.

Ausbau Nord und Süd : Die A14 (Rathausen–Buchrain) sowie die Tunnels Schlund und Spier (A2) sollen von vier auf sechs Spuren ausgebaut werden.

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Wer bezahlt die Kosten von 1,8 Milliarden Franken?

Der Bypass wird vollständig vom Bund finanziert. Der grösste Teil der Kosten geht aufs Konto des neuen Tunnels zwischen Emmen und Kriens (1,5 Milliarden). Der Rest ist für die Ausbauten im Süden (A2) und Norden (A14) vorgesehen.

Gehört auch zum Bypass-Projekt: Dritte Röhre im Rathausen-Tunnel (rechts).
Bild: Visualisierung pd

Was passiert mit der alten Autobahn?

Ausfahrt Luzern-Zentrum, vom Tunnel Reussport her kommend: Auch künftig gelangt man auf diesem Weg in die Stadt Luzern.
Bild: Nadia Schärli

Nach Eröffnung des Bypasses sollen Sonnenberg- und Reussporttunnel erst einmal umfassend saniert werden. Danach werden die Tunnels als Umfahrungsstrasse für den Lokalverkehr zur Verfügung stehen. Weil der Transitverkehr wegfällt, wird eine massive Verkehrsreduktion erwartet – im Sonnenberg soll die Zahl der Fahrzeuge um 60 Prozent sinken.

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Zehnspurige Autobahn in Kriens – und ein neuer Tunnel?

Nirgends ist die Situation so komplex wie im Krienser Grosshof. Dort kommt der Bypass-Tunnel zusammen mit dem Sonnenbergtunnel wieder ans Tageslicht und fädelt sich in die alte Autobahn ein. Inklusive Ein- und Ausfahrtsspuren wird es dort bis zu zehn Fahrspuren nebeneinander geben. Dazu sollen die beiden Autobahn-Viadukte beim Tunnelausgang abgerissen und neu gebaut werden.

Das heutige Sonnenberg-Tunnelportal (hinten) im Krienser Grosshof: Hier sollen die alte und die neue Autobahn vereint werden.
Bild: Bild: Pius Amrein

Das Problem: Dieses Megabauwerk befindet sich mitten in der Stadt in dicht bewohntem Gebiet. Der Bund will deshalb den Abschnitt, in dem die alte und neue Autobahn zusammenkommen, überdachen. Die Tunnels werden so um 240 Meter Richtung Süden verlängert.

Im Bereich der Grosshof-Viadukte soll die A2 überdacht werden.
Bild: Visualisierung Astra

Die Überdachung soll als Grün- und Erholungsraum dienen und auch die Fuss- und Veloverbindungen zwischen Sonnenberg und Kriens/Luzern vereinfachen. Unter den Fahrbahnen könnte zum Beispiel eine Ladenpassage entstehen.

Einkaufen und flanieren unter der Autobahn: Idee für die Nutzung der neuen Viadukte.
Bild: Visualisierung Astra

Doch diese Versprechungen genügen der Krienser Politik nicht. Sämtliche Parteien und der Stadtrat fordern eine vollständige Überdachung der A2 zwischen Sonnenberg- und Schlundtunnel. Somit würde die Autobahn ganz aus dem Krienser Stadtbild verschwinden. Doch der Bund besteht aus Sicherheitsgründen darauf, dass die Bypass-Autobahn kurz wieder ans Tageslicht kommt. Bei einer vollständigen Überdachung entstünde nämlich ein einziger, über fünf Kilometer langer Tunnel zwischen Emmen und dem Krienser Pilatusmarkt, dem Endpunkt des heutigen Tunnels Schlund. Das würde ganz neue technische Anforderungen stellen, welche den Bypass um eine halbe Milliarde verteuern könnten.

Wenig umstritten ist hingegen das Nordportal des Bypasses, das sich in fast unbewohntem Gebiet im Bereich Sedel-Reussegg befindet.

Hier (rotes Dreieck) zweigt die Autobahn in den neuen Bypass-Tunnel ab.
Bild: Grafik rk

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Wieso braucht es einen Abluftkamin im Gütschwald?

Falls es im Bypass-Tunnel brennt, muss der Rauch über eine Speziallüftung abgeleitet werden. Diese kann entweder direkt an den Tunnelportalen angebracht werden oder in einem Abluftkamin in der Tunnelmitte. Eine Entlüftung über die Portale ist gemäss Bund nicht realistisch, weil im Brandfall die umliegenden Wohnquartiere verqualmt würden.

Bild: Grafik PD

Deshalb soll in der Mitte des Tunnels ein Abluftschacht gebaut werden, welcher den Rauch im 100 Meter höher gelegenen Gütschwald an die Oberfläche bringt. Als Kompensation für den Eingriff in den Wald will der Bund im Bereich des Gütschweihers eine neue Weiherlandschaft realisieren.

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Dammgärtli: Spielplatz muss vorübergehend weichen

Der Spielplatz Dammgärtli hinter der Baselstrasse.
Bild: Nadia Schärli

Dort, wo heute der Spielplatz Dammgärtli liegt, soll der Zugangsschacht für den Bau des Bypass-Tunnels entstehen . Dank des Schachts soll die geologisch heikle Unterquerung der Reuss erleichtert werden. Dagegen wehren sich Anwohner mit einem Bevölkerungsantrag . Inzwischen konnte eine Lösung gefunden werden: Der Spielplatz wird für die Dauer der Bauarbeiten ins Gebiet Reussinsel verlegt. Auch die grosse Eiche im Dammgärtli kann entgegen der ursprünglichen Pläne erhalten bleiben.

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Mehrere Gemeinden haben gegen den Bypass Einsprache eingereicht. Weshalb?

Die Anrainergemeinden Luzern, Kriens, Emmen, Ebikon, Buchrain, Rothenburg und Hergiswil NW fordern vom Bund Verbesserungen am aktuellen Bypass-Projekt. Kriens will damit eine vollständige oder teilweise Überdachung der A2 zwischen Sonnenberg- und Schlundtunnel erreichen. Der Luzerner Stadtrat fordert, dass die alte Autobahn wirklich nur noch als Stadtumfahrung genutzt wird und nicht zusätzlichen Verkehr in die Stadt bringt.

Grundsätzlich befürwortet der Stadtrat aber das Projekt Bypass. Viel kritischer ist da das Stadtparlament. Dieses hat den Stadtrat aufgefordert, sich vom Bypass offiziell zu distanzieren, falls der Bund nicht auf die Einsprachen der Stadt eingehen sollte.

Im Februar 2024 erteilte der Bund die Baubewilligung für den Bypass. Doch praktisch alle wichtigen Kritikpunkte aus Luzern wurden ignoriert. Einige der Einsprachen werden daher ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen.

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Bringt der Bypass auch Verbesserungen für den ÖV?

Die vierspurige Seebrücke: Den Platz müssen sich heute Autos und ÖV teilen. Wird der Bypass etwas daran ändern?
Bild: Boris Bürgisser

Bund, Stadt und Kanton hoffen darauf, dass dank dem Bypass die häufigen Staus auf der A2 reduziert werden können. Da sich Staus auf der Autobahn immer auch auf den Lokalverkehr in der Region Luzern auswirken, soll auch das abendliche Verkehrschaos in der Innenstadt seltener werden. Die Städte Luzern und Kriens fordern im Zuge des Bypass aber weitere Verbesserungen für den öV. Namentlich wollen sie eine durchgehende Busspur durch die Innenstadt zwischen Luzernerhof und Kupferhammer. Doch der Kanton lehnt dies genauso ab wie der Bund.

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Wie schnell darf man im Bypass-Tunnel fahren?

Das Tempolimit soll 80 km/h betragen – obwohl die Tunnels technisch auf 100 km/h ausgelegt sind. Eine Temposenkung ist zudem auf der südlichen A2 zwischen Kriens und Hergiswil geplant: Statt 100 km/h soll dort nach Eröffnung des Bypass ein Tempolimit von 80 km/h gelten. Dafür wird dieser Abschnitt aber auf drei Spuren ausgebaut.

Ab wann wird gebaut?

Der Zeitplan sah ursprünglich eine Bauzeit von 2024 bis 2036 vor. Die Baubewilligung ist zwar seit Februar 2024 da, doch wegen der Einsprachen ist der Zeitpunkt des Baubeginns noch offen. Klar ist hingegen die Reihenfolge der Bauarbeiten:

1. Bypass-Tunnel (Bauzeit fünf Jahre) sowie Sechs-Spur-Ausbau der Tunnels Schlund und Spier.

2. Umgestaltung im Bereich Grosshof Kriens , wo der Bypass und die alte Autobahn zusammenkommen. Abbruch und Neubau der Grosshof-Brücke in Fahrtrichtung Süd.

3. Dritte Röhre Rathausen (Bauzeit fünf Jahre) und Sechs-Spur-Ausbau bis Buchrain.

4. Abbruch und Neubau der Grosshof-Brücke in Fahrtrichtung Nord. Abschluss Umgestaltung Südportal Kriens.

Wie wird der Tunnel gebohrt?

Bild: Quelle: Astra

Die beiden Bypass-Röhren werden mit einer Tunnelbohrmaschine von Norden Richtung Süden gebaut. Der Hauptinstallationsplatz befindet sich im Gebiet Ibach. Die Geologie wird wohl wenig Probleme machen – mit Ausnahme des Abschnitts, in dem der Bypass die Reuss unterquert. Auf einer Länge von 30 bis 60 Metern führt der Tunnel durch instabiles, lockeres Gestein. Deshalb sind dort spezielle Stabilisierungsmassnahmen nötig – was einen Zwischenangriff erfordert: Am Reussufer beim Dammgärtli (St. Karli-Brücke) soll ein Zugangsstollen gebaut werden, welcher die aufwendigen Arbeiten unter der Reuss erleichtert.

Wird der Verkehr während der Bauarbeiten durch die Stadt umgeleitet?

Für die Erstellung von Anschlussbauwerken bleibt der Sonnenbergtunnel während etwa zweier Jahre gesperrt (Richtung Süd). Als Ersatz dient dann die neu erstellte Bypass-Röhre. Auch die Ausfahrt Emmen Süd (aus Richtung Luzern) bleibt längere Zeit gesperrt. Als Ersatz soll die alte Ausfahrt wieder geöffnet werden, die heute nur für Notfallfahrzeuge in Betrieb ist. Diese Ersatzmassnahmen lösen zwar die meisten Probleme, aber nicht alle: So wird es zum Beispiel für längere Zeit nicht möglich sein, in Emmen Süd einzufahren und die Autobahn in Kriens wieder zu verlassen. Das gilt zeitweise auch in der Gegenrichtung.

Das bedeutet: Wer von Emmen nach Kriens will oder umgekehrt, muss mitten durch die Stadt Luzern fahren. Damit es auf der Achse Kasernenplatz-Obergrundstrasse nicht zum Kollaps kommt, soll möglichst nur derjenige Verkehr durch die Stadt geleitet werden, der keine andere Ausweichmöglichkeit hat. Dies soll mit Ausschilderung und Ampelsteuerungen sichergestellt werden. So sollen die Ausfahrten Horw und Kriens mit Dosierampeln versehen werden.

Gibt's dank dem Bypass weniger Stau?

Ein fast alltägliches Bild: Wegen eines Unfalls staut sich der Verkehr vor dem Spiertunnel in Horw.
Bild: Roger Gruetter

Das verspricht jedenfalls der Bund, denn der Hauptgrund für den Bau des Bypasses sind die häufigen Staus in der Region Luzern. Heute reicht meist ein Unfall im Sonnenberg- oder Reussporttunnel aus, um den Verkehr in der gesamten Agglomeration zum Erliegen zu bringen. Das soll sich mit dem Bypass ändern, weil dann Transit- und Lokalverkehr getrennt werden. Generell argumentiert der Bund, dass der Verkehr auf der A2 in den nächsten zwei Jahrzehnten deutlich zunehmen wird. Die Autobahn stosse an ihre Kapazitätsgrenzen, weshalb es eine Umfahrung brauche.

Verkehrsprognosen 2040 des Bundes mit und ohne Bypass.
Bild: Astra

Dass der Bund mit Verkehrsprognosen aus dem Jahr 2017 arbeitet, wird insbesondere vom VCS kritisiert. Die Prognosen müssten dringend aktualisiert werden, weil sich die Ausgangslage in mehrfacher Hinsicht verändert habe: Der Verkehr nehme nicht so stark zu wie prognostiziert. Zudem sei die Zubringerstrasse Spange Nord, die ursprünglich zum Projekt Bypass gehörte, weggefallen. Es sei daher fraglich, ob es den Bypass in der vorgesehenen Form noch braucht.

Verbände und Komitees kritisieren das Bypass-Projekt. Was sind ihre Argumente?

Eine Demo der Gruppe Klimastreik gegen den Bypass auf der Seebrücke. Die Holzkonstruktionen sollen zeigen, wie viel Strassenraum eine einzige Person in einem Auto beansprucht. 
Bild: Urs Flueeler / KEYSTONE (28. Januar 2022)

Neben den betroffenen Gemeinden haben auch Verbände Einsprache gegen den Bypass eingereicht, etwa VCS und WWF. Sie fordern vom Bund, die Auswirkungen des Projekts auf das Klima detailliert auszuweisen. Sollte der Bypass gebaut werden, so fordern sie, die bisherige Autobahn mit Sonnenberg- und Reussporttunnel stillzulegen oder für den ÖV umzunutzen.

Mittlerweile wurde auch ein «Komitee Bypass Nein» gegründet. Diesem gehören mehrere Umweltverbände sowie der Quartierverein Obergrund an. Sie setzen sich dafür ein, dass der Bund das Projekt fallen lässt. In Kriens haben sich sämtliche Parteien zum «Komitee Bypass Plus» zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist aber nicht die Verhinderung des Projekts, sondern die vollständige Überdachung der A2. Explizit befürwortet wird der Bypass vom jüngsten Komitee «Bypass Luzern Ja». Zu diesem gehören TCS, ACS, Astag, Industrie- und Handelskammer sowie Gewerbeverband.

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