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Obwalden

Oldtimer-Sammler in Kägiswil: 213 Mal Ästhetik in Lack und Chrom

Wer würde vermuten, dass sich im Industriegebiet Kägiswil eine atemberaubende Sammlung amerikanischer Oldtimer von 1948 bis in die Siebziger Jahre befindet? Ihr Besitzer liess eigens für die Prachtautos eine Halle errichten.
Theo Kipfer bestaunt seine Schätze. Die Halle liess er eigens bauen, um die amerikanischen Oldtimer perfekt in Szene zu setzen. (Bild: Nadia Schärli, Kägiswil, 4. April 2019)
Das älteste Modell stammt aus dem Jarh 1948. (Bild: Nadia Schärli, Kägiswil, 4. April 2019)
Die Fahrzeuge ordnet Kipfer nach Jahrgängen. (Bild: Nadia Schärli, Kägiswil, 4. April 2019)

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Marion Wannemacher

Wer Autos liebt, mag diesen Geruchscocktail von Leder, neuen Gummireifen und einem Hauch Benzin. So riecht es in noblen Autosalons und auch in der riesengrossen Halle in Kägiswil. Was da auf 6700 Quadratmetern glänzt und blinkt, lässt das Herz des Oldtimer-Fans höher schlagen: Cadillacs, Pontiacs, Buicks, Chevrolets oder Chryslers, so weit das Auge reicht. «Es ist das Wuchtige, der Chrom, die Farben, der Sound, was mein grosses Interesse an den amerikanischen Oldtimern ausmacht. Und die grossvolumigen Motoren tönen einfach anders», sagt Theo Kipfer, Besitzer der Sammlung.

Seine Faszination stammt aus der Kindheit. Er ist in Zofingen aufgewachsen und mit dem heutigen Verleger Michael Ringier in die Schule gegangen. In dessen Elternhaus habe es entsprechende Autos gegeben. «Die Amerikaner haben mir imponiert», sagt Theo Kipfer. So an die neun Autos habe er immer schon gefahren, 2010 fing er an, amerikanische Oldtimer zu kaufen. Am Anfang nur fünf. Ein Jahr später kamen 55 weitere dazu, ab 2013 jährlich bis zu 25 und neuerdings sind es «nur noch» drei neue pro Jahr. Derzeit befinden sich 213 Fahrzeuge in seinem Besitz, von 1948 bis in die Siebzigerjahre. Im Untergeschoss stehen auch ein paar wenige europäische Oldtimer. 2016 liess Kipfer die Halle von Architekt Pascal Häller vom Sarner Architektenteam Burch und Partner für seine Schätze bauen. Vorher waren sie auf verschiedene Standorte verteilt.

Die Oldtimer werden zweimal im Jahr bewegt

Von einer Empore aus öffnet sich ein einzigartiger Ausblick über die Ästhetik von Chrom und Lack. «Ganz hinten stehen die ältesten Modelle ab 1948, hier vorne die bis 1959, weiter rechts vorne auf dem Podest die ab 1960 und auf dem Podest auf der anderen Seite sogenannte Muscle-Cars, sportliche Ausführungen mit starken Motoren», erklärt der Hausherr die Ordnung in seinem Reich. Jedes Auto wird zweimal im Jahr bewegt. Sechs Hallentore ermöglichen den beiden Angestellten, einem Helfer und Kipfer selbst, die Rangiererei in Grenzen zu halten.

Für eine Spritztour in die Stadt Luzern ist ein sechs Meter langer Cadillac kaum geeignet. Parkschäden wären nicht erwünscht, allein Chromersatzteile sind nur schwer zu beschaffen. Eine Fahrt mit einem der 22 Cabriolets an einem heissen Sommertag am Seeufer entlang geniesst Theo Kipfer aber durchaus. Ihm ist wichtig, eins klarzustellen: Er sei kein «Schrauber», keiner, der in jeder freien Minute am Oldtimer poliert oder herumschraubt. «Mich haben die amerikanischen Oldtimer von Jugend an begeistert. Ich habe diesen Spass im Alter angefangen. Und wenn ich etwas mache, mache ich es intensiv. Aber das hier ist nicht mein Leben», sagt er mit Nachdruck.

Von Haus aus ist der 70-Jährige Geschäftsmann. Vom Vater übernahm er 1980 ein Unternehmen mit Landwirtschaftsmaschinen, baute selbst elektromechanische Werkstätten auf sowie ein HiFi-Geschäft, verkaufte alles irgendwann und verdient seitdem sein Geld mit Immobilien. Er besitzt Objekte in 10 Kantonen. Die US-Oldtimer sind im Handelsregister eingetragen, mit dem Zweck des Kaufs und Verkaufs «als Wertanlage und Kulturgut», so Kipfer. «Es ist eine Firma, ein Geschäft. Es gibt noch viel mehr für mich, nicht nur Autos», betont der Vater von fünf Töchtern und einem Sohn, alle erwachsen. Der Filius habe es nicht so mit den Autos, er arbeitet bei der Luzerner Schifffahrtsgesellschaft. «Ihn hat die Kindheit am See geprägt», ist der Vater überzeugt. Die Kipfers wohnen in Buochs, mit Seeanstoss.

Wo liegt das Kriterium für den Sammler, ob ein Oldtimer in Frage kommt? «Wenn er mir gefällt und der Preis stimmt», antwortet Kipfer pragmatisch. Viel Zeit hat er in seine Sammlung investiert, ist Tausende von Kilometern gefahren, um Autos in Augenschein zu nehmen. Mehr als die Hälfte seiner Sammelobjekte stammen aus Deutschland, die anderen aus der Schweiz. Der Sammler kennt den Markt und weiss, was welches Modell kosten darf. Mit Restaurationen gibt er sich nicht ab. Im Schnitt sind die Oldtimer etwa 40'000 Franken wert. Der Teuerste ist ein Cabriolet, eine korallenrote Corvette von 1958 mit Ledersitzen und Armaturen im gleichen Farbton.

In der Sammlung finden sich Besonderheiten wie ein Polizeiauto aus New York von 1951 mit zweigeteilter Windschutzscheibe. Der Ästhet in Theo Kipfer stört sich an einer blauen Limousine, die aus praktischen Gründen in der Mitte eines Halbrunds der ältesten Wagen der Sammlung parkiert ist. «So ist der Anblick gestört, ohne ihn könnte man die Runde der vielen alten Gesichter besser sehen», bemängelt er und meint damit die Kühlergrille, die tatsächlich wie Gesichter wirken. Kurios nehmen sich viele Details aus: die Motorhauben der Buicks, die sich nach der Seite öffnen lassen oder die Röhren aus durchsichtigem Plastik im 57er Lincoln vom Fahrzeughimmel bis in die Hutablage. Sie sollten für bessere Belüftung im Fahrzeuginnenraum sorgen.

Von den Rothschilds in eine Kägiswiler Halle

Erstaunlich bleibt, wie der Besitzer die vielen Fahrzeuge auseinanderhalten kann. Von jedem kann er auf Anhieb den Jahrgang und die Besonderheiten benennen. Auch das gibt es: prominente Vorbesitzer wie die Familie Rothschild aus Genf, denen einst der 67er Thunderbird gehörte. Heute steht er in der Kägiswiler Halle im Untergeschoss.

Wer jemals die stolze Flotte bei einer privaten Führung sehen konnte, zeigt sich überwältigt. Die Sammlung zieht, das weiss Theo Kipfer. Vor zwei Jahren hat in der Halle der Wirtschaftsapéro Sarnen mit fast 300 Besuchern stattgefunden. Immer wieder kommen private Anfragen von Clubs und Wirtschaftsleuten, demnächst findet die Präsidentenkonferenz des Automobilgewerbeverbands der Schweiz in seiner Halle statt. Ein Museum aus der Sammlung zu machen, hat Theo Kipfer momentan nicht vor, «vielleicht später einmal», sagt er.

Und wann ist das Ziel der Sammlung erreicht? «Platz gibt es vielleicht noch für 20 Oldtimer, optimiert werden kann aber immer», sagt Kipfer augenzwinkernd.

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