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«Ein Förster ist auch immer ein Richter»

Fast ein halbes Jahrhundert hat sich Werner Arnold um den Wald gekümmert und viel Herzblut in verschiedene Projekte gesteckt. Nun ist der 63-jährige Förster in den Ruhestand gegangen und blickt auf sein vielfältiges Schaffen zurück.
Kaum einer kennt den Seedorfer Wald so gut wie Werner Arnold. (Bild: Remo Infanger, Seedorf, 27. August 2018)

Remo Infanger

«Es ist ein gutes Gefühl, durch den Wald zu laufen und zu erkennen, wofür man lange gearbeitet hat», sagt Werner Arnold. Über 46 Jahre lang sorgte er sich um das Wohl des Seedorfer Waldes. Auf Ende August hat der 63-Jährige sein Waldwerkzeug nun an den Nagel gehängt.

Für den Seedorfer war der Wald stets mehr als nur sein Arbeitsplatz. «In der Natur sein zu dürfen, während man arbeitet, ist ein tolles Privileg», schwärmt Arnold. Trotz harter und manchmal auch gefährlicher Arbeit, sei der Wald stets auch ein dankbares Erholungsgebiet gewesen. «Heute gehen gestresste Leute ‹Waldbaden› und zahlen dafür sogar Geld», so Arnold. «Bei mir ist das eine kostenlose Nebenleistung gewesen.»

Das Mobiltelefon hat die Arbeit im Wald erleichtert

Die Zusammenarbeit mit den Landwirten war Arnold stets ein besonderes Anliegen. «Am Waldrand trifft die Forst- auf die Landwirtschaft», sagt er. «Beide können von den Arbeiten des anderen profitieren.» So seien beispielsweise Kirsch- oder Nussbäume am Waldrand nicht nur schön anzusehen, sondern haben auch für die Bauern einen Nutzen. «Mit vollen Bäuchen kommen Vögel oder Eichhörnchen nicht in das Kulturland, um sich dort zu bedienen.» In der Bauernschule hat Arnold auch das Fach «Waldbau» unterrichtet. «Die Forstkurse erlauben es den jungen Landwirten, eine Motorsäge zu starten und am Waldrand ein Stück weit unabhängig zu sein.»

Verändert über die Jahrzehnte habe sich die Arbeit im Wald alleweil. «Das Handy zum Beispiel hat vieles einfacher gemacht», so Arnold. «Weil man früher im Wald kaum erreichbar war, stauten sich administrative Aufgaben und Anrufe nach hinten. Heute hat man Feierabend, wenn man nach Hause kommt.» Davon profitierte auch seine Frau Vreni Arnold, mit der er nun seit 40 Jahren verheiratet ist. «Sie hat mir stets den Rücken gestärkt und mir auch Freiraum gelassen. Ohne die passende Frau wären die langen Arbeitstage nicht möglich gewesen.» Und wenn der Haussegen mal schief hing? «Mit meinen Sorgen konnte ich immer in den Wald – dort ist alles ein bisschen weniger tragisch», scherzt Arnold.

Todesurteile hat Arnold stets begründen wollen

Wie wichtig die Forstarbeit ist, zeigt etwa der Schutzwald oberhalb von Seedorf. «Vom Gitschen donnert immer wieder Geröll in Richtung Wohngebiet. Deshalb muss dieser Wald gepflegt werden, damit er weiterhin seine Schutzfunktion erfüllt.» Das heisst, dass auch mal schwache Bäume gefällt werden müssen. «Ein Förster ist dann immer auch ein Richter. Er entscheidet, ob ein Baum steht oder fällt.» Dabei wollte er Todesurteile stets begründen. «Wenn auf einen unpassenden Baum viele Neue folgen, die etwa tiefer wurzeln, profitiert davon der ganze Wald».

Für den Kantonsforstmeister Beat Annen sei Werner Arnold so etwas wie ein Urgestein unter den Förstern gewesen. «Werni stammt aus der ersten Förstergeneration und hat schon sehr früh erkannt, dass ein Förster neben den typischen Waldarbeiten sein Aufgabenfeld erweitern kann und soll», sagt Annen.

So habe Arnold sich etwa stark für die Biodiversität und den Naturschutz eingesetzt oder die Wichtigkeit der Waldrandpflege hervorgehoben. «Werni ist ein bisschen der Vorreiter von all dem gewesen», so Annen. Zudem habe Arnold als Ranger auch immer Öffentlichkeitsarbeit betrieben und die Anliegen des Waldes nach aussen getragen. «Ein Baum war für ihn nicht nur Holz und Äste, hinter jedem einzelnen hat er ein Lebewesen mit einer Geschichte gesehen», erzählt Annen. «Mit seiner Arbeit hat er verschiedene Zeichen gesetzt, an denen wir uns stets orientieren können.»

«Das ist natürlich nicht bloss mein Verdienst»

Stolz ist Arnold auf das langjährige Mitwirken im Urner Reussdelta. «Mit dem Naturpfad, dem Badesteg beim Seerestaurant und natürlich dem Aussichtsturm beim Mississippi hatten wir alle Hände voll zu tun.» Schliesslich spazieren jährlich um die 300000 Personen durch das Delta. Viel Herzblut steckte er auch in die kilometerlangen Begehungswege im Seedorfer Wald, die zu verschiedenen Aussichtsplätzen führen. «Das ist natürlich nicht bloss mein Verdienst», betont Arnold. So blickt er auf eine besondere Zusammenarbeit mit seinem Begleiter Markus Bissig zurück. 16 Lehrlinge haben sie über die Jahre eingearbeitet.

Nun tritt Andi Arnold aus dem Isenthal in die Fussstapfen des pensionierten Försters. «Zu wissen, dass ich meine Arbeit in die Hände von Andi lege, macht mir den Abschied leicht.»

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