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Nidwalden

«Ehrungen brauche ich nicht»: Präsident Christian Waser tritt nach 18 Jahren bei der Nidwaldner Kantonalbank still und leise ab

Am 30. Juni endet die Amtszeit von Christian Waser (63). Der Nidwaldner Bankratspräsident übergibt sein Amt an Daniel Bieri – wegen Corona ohne grosse Verabschiedung. Im Interview spricht Waser über die schwierigen letzten Monate, den tiefen Frauenanteil an der Spitze der Bank und über die Bedürfnisse der Kunden.
Bankratspräsident Christian Waser vor dem Hauptsitz der Nidwaldner Kantonalbank. Am 30. Juni tritt er ab. (Bild: Urs Hanhart, Stans, 25. Juni 2020)
Christian Waser (links) hat das Präsidium des Bankrats von Viktor Furrer übernommen. Das Bild zeigt den designierten und den abtretenden Bankratspräsidenten an der Partizipanten-Versammlung im Lottersaal Hergiswil. 
(Bild: Kurt Liembd, 24. April 2010)
Bankratspräsident Christian Waser überreicht Landammann Res Schmid den Schlüssel zum umgebauten Regierungsgebäude. Dieses hat die Kantonalbank 1930 erworben. 1998 erstellte sie ihren neuen Hauptsitz an der Stansstaderstrasse. (Bild: Edi Ettlin, 21. Mai 2019)
Die Nidwaldner Kantonalbank erneuert ihre Schalterhallen. Im Bild die bereits erneuerte Schalterhalle beim Hauptsitz in Stans.  (Bild: Nidwaldner Zeitung, 28. Januar 2020)

Christian Glaus

Christian Glaus

Christian Glaus

Christian Glaus

Mit einem komischen Gefühl betritt Christian Waser (63) den Hauptsitz der Nidwaldner Kantonalbank in Stans. Nach 18 Jahren im Bankrat, davon zehn als Präsident, endet am Dienstag seine Amtszeit. Das Büro ist zu einem grossen Teil geräumt, die Übergabe an Daniel Bieri, bisher Vizepräsident, praktisch abgeschlossen. Waser hat in seinen letzten Tagen bei der Bank viel zu tun. Obwohl er sich als Fotomodell nicht wohlfühlt, nimmt er sich Zeit für ein Bild – und beantwortet beim Interview die Fragen geduldig.

Sie sollten an der Partizipanten-Versammlung Ende März verabschiedet werden, was wegen Corona nicht möglich war. Nun treten Sie nach 18 Jahren still und leise ab. Wie sehr schmerzt das?Christian Waser: Ich hätte es lieber anders gehabt, weil ich viel Herzblut und Zeit investiert habe. Gerne hätte ich ein paar Worte an unsere Kunden gerichtet und mich bei ihnen bedankt. Ehrungen hingegen brauche ich nicht, ich bin nicht der Status-Mensch. Bankintern kann ich mich von den Mitarbeitern persönlich oder via Intranet verabschieden.Es wäre mit dem Rekordergebnis 2019 ein glanzvoller Abschied gewesen. Das war selbstverständlich so geplant (lacht). Spass beiseite: Lieber so, als wenn man ein Unternehmen in einem Tief weitergeben muss. In den letzten zehn Jahren haben wir in viele Bereiche investiert, wo man den Erfolg erst langfristig sieht. Davon profitieren wir jetzt. Die langfristige Planung entspricht meiner Philosophie. Die Nidwaldner Kantonalbank ist gut aufgestellt. Das Anlagegeschäft oder das Kreditgeschäft, wo neue Prozesse definiert wurden, sind gute Beispiele. Intern haben wir zudem viel in die Entwicklung von Fach- und Führungskräften investiert. Anfang Jahr sah es aus, als wäre der perfekte Zeitpunkt für den Wechsel an der Bankspitze. Dann kam Corona. Ist der Zeitpunkt immer noch richtig?Auf jeden Fall. Ich übergebe meinem Nachfolger eine Bank, die in einem guten Zustand ist. Im Bankrat machen wir eine sehr langfristige Planung. Schon 2014 wussten wir, dass mein Rücktritt Mitte 2018 oder 2020 erfolgen wird. Weil wir auf das Ende der ordentlichen Amtsperiode 2018 einen Rücktritt aus dem Bankrat hatten, habe ich noch zwei Jahre angehängt. Mein Nachfolger Daniel Bieri ist seit 2008 dabei und war während meiner ganzen Präsidialzeit Stellvertreter. Da wird keine Lücke entstehen.Neu im Bankrat ist ab Juli Alice Rieder (34). Endlich wieder eine Frau ...In der Amtszeit 2010–2014 hatten wir eine Bankrätin, die aus beruflichen Gründen zurückgetreten ist. Immer, wenn Ersatz angestanden ist, hatten wir auch Frauen auf unserer Longlist. Aber entweder wollten sie nicht oder es ergaben sich Hürden mit der Unabhängigkeit. Mit Alice Rieder haben wir eine Persönlichkeit gefunden, die zu uns passt. Wird sich im Bankrat etwas ändern mit einer Frau im Gremium?Davon bin ich überzeugt. Meine Erfahrungen mit Frauen in Führungspositionen waren immer positiv. Sie haben einfach einen anderen Blickwinkel und insbesondere bei weichen Faktoren ein anderes Sensorium. Für die Unternehmenskultur bringen sie wichtige Inputs.In der vierköpfigen Geschäftsleitung ist eine Frau sowie nun auch im Bankrat. Braucht es eine Frauenquote?Ich bin sehr zuversichtlich, dass der Frauenanteil im Bankrat mit der nächsten Vakanz weiter erhöht wird. Eine strikte Frauenquote hingegen würde das Gremium eventuell schwächen. Die fachliche Kompetenz und die Unabhängigkeit müssen an erster Stelle stehen.Wir befinden uns mitten in der Coronakrise. Wie stark hat diese die Bank betroffen?Die Coronakrise hat von den Mitarbeitenden sehr hohe Einsatzbereitschaft und Flexibilität verlangt. Sie haben sich über Nacht auf die neue Situation einstellen müssen – und haben das gut geschafft. Trotz Umstellung auf Homeoffice und Teamsplitting. Unsere Dienstleistungen konnten wir vollumfänglich und termingerecht aufrechterhalten. Auch die Geschäftsstellen waren jederzeit offen. Das wurde von der Bevölkerung geschätzt. Wie hat die Vergabe der Überbrückungskredite von Bund und Kanton funktioniert?Das war eine zusätzliche Herausforderung. Wir mussten innerhalb von fünf Arbeitstagen bereit sein, und das haben wir geschafft. Von Unternehmen haben wir etwa 450 Anfragen für Bundeskredite bis 500'000 Franken erhalten. Mit wenigen Ausnahmen konnten diese bewilligt werden. Der durchschnittliche Kreditbetrag lag bei rund 100'000 Franken. Für Kredite über 500'000 Franken haben wir sehr wenige Anfragen erhalten. Viele Unternehmen sagen, ihnen würden die kleinen Liquiditätsspritzen reichen. Zudem sind die Anforderungen ab 500'000 Franken höher, weil es eine ordentliche Kreditprüfung gibt.Der Kanton stellte 20 Millionen Franken für Überbrückungskredite zur Verfügung. Warum wurden diese bisher nicht beansprucht?Das Geld ist für jene gedacht, die bei den Bundeskrediten durchfallen. Die wenigen Anfragen, die wir erhalten haben, erfüllten aus verschiedenen Gründen die Auflagen für die kantonalen Kredite nicht.Hat der Kanton mit seinen Krediten überreagiert?Ich finde, die Reaktion war fantastisch. Man muss auch den psychologischen Effekt beachten. Die Botschaft, wir helfen euch, die schlimmste Zeit zu überbrücken, war sehr wichtig. Das aktuelle Covid-Programm des Bundes läuft Ende Juli aus. Es kann sein, dass die Gelder des Kantons dann benötigt werden. Im Moment können viele Unternehmen die Probleme anders lösen. Wie sieht es bei der Bank selber aus? Aufs Geschäft ist der Einfluss aktuell nicht so gross. Das Kerngeschäft – Kommissionen, Dienstleistungen, Handel, Zinsen – läuft nach wie vor sehr gut. Nicht beeinflussen können wir die Börsen.Die Kantonalbank zahlte jährlich eine Dividende von rund zehn Millionen Franken an den Kanton. Geld, das dieser nun gut gebrauchen kann. Können Sie weiterhin eine solche Dividende auszahlen?Im Moment sieht es so aus. Wenn es einen dramatischen Einbruch geben sollte, müssten wir die Situation neu beurteilen. Auch hier spielt die Psychologie eine Rolle: Es ist wichtig, optimistische Signale auszusenden.Durch die Coronakrise hat die Digitalisierung einen Schub erlebt. Sie haben erst kürzlich beschlossen, die Filialen zu modernisieren. War dieser Entscheid richtig?Wir fahren eine duale Strategie. Wo es verlangt wird, versuchen wir, die digitalen Kanäle zu stärken. Da sind wir aber eher Trittbrettfahrer, denn wir sind zu klein, um eine führende Rolle zu übernehmen. Den Kundenkontakt wollen wir weiterhin pflegen. Das verlangt der Nidwaldner Bankkunde. Deshalb halten wir auch am Geschäftsstellennetz fest. Ich bin persönlich überzeugt, dass das individuelle Kundengespräch auch in zehn Jahren noch gesucht wird. Die Geschäftsstellen müssen sie auch finanzieren können. Doch die Margen sind tief. Wie soll das gehen?Durch zusätzliche Erträge, indem das Marktgebiet besser bewirtschaftet wird ...... und durch höhere Gebühren?Nein, das ist nicht geplant. Wir wollen im bestehenden Marktgebiet noch aktiver sein. Wir gehen direkter auf die Kunden zu, machen ihnen Vorschläge für Pensionsplanung, Vorsorgeplanung, oder wie sie ihr Geld besser anlegen können. Wenn das funktioniert, finanzieren sich die Geschäftsstellen.Am Dienstag ist Ihr letzter Arbeitstag als Bankratspräsident. Was machen Sie danach?Ich werde aufstehen wie immer (lacht). Es fällt nun zwar ein wesentlicher Teil meiner beruflichen Tätigkeit weg. Das Pensum als Bankratspräsident betrug durchschnittlich rund 30 Prozent. Ich habe aber noch Beratungs- und Verwaltungsratsmandate. Ich fühle mich fit genug, um die nächsten paar Jahre beruflich tätig zu bleiben. Zudem freue ich mich, mehr Zeit für meine Freizeitaktivitäten wie Wandern, Golfen, Velo- oder Skifahren zu haben.
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