notifications
Zug

Durchnässte Hänge und der rund 100-jährige Reussdamm in Hünenberg bereiten dem Krisenstab Sorgen

Die Behörden des Kantons Zug und der Zuger Gemeinden machen sich aufs Schlimmste gefasst. Sie bereiten sich auf weitere starke Niederschläge vor. Dabei müssen sie zusätzlich die Jugendlager im Auge behalten.
Hochwasser im Kanton Zug: Der Wasserstand der Reuss bei Hünenberg ist bedrohlich hoch.
(Bild: Matthias Jurt (Hünenberg, 14. Juli 2021))
Murgang in Oberägeri. Der Bewohner eines Hauses musste evakuiert werden.
(Bild: Matthias Jurt (Oberägeri, 14. Juli 2021) )
Noch mehr Material abgerutscht: im Bild die betroffene Stelle an der Geissbodenstrasse ob Zug.  (Bild: PD)
Hochwasser im Kanton Zug: Das Wasser hat an gewissen Orten bereits das Ufer überspült, wie hier im Strandbad Hünenberg.
(Bild: Matthias Jurt (Hünenberg, 14. Juli 2021))
Hochwasser im Kanton Zug: Die Lorze reicht bis zu den Wurzeln der Bäume. Einzelne Bäume sind umgeknickt.
(Bild: Matthias Jurt (Baar, 14. Juli 2021))
Die Jugendlichen wissen sich trotz schlechten Wetters zu amüsieren. (Bild: KaLa 2020+ Jungwacht Blauring Luzern)

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

Zoe Gwerder und Linda Leuenberger

«Es ist bedrohlich, wenn man sieht, was in den nächsten Tagen an Niederschlägen noch auf uns zukommt.» Urs Marti ist Chef des kantonalen Führungsstabes, der im Kanton Zug seit kurzem bei der Hochwassersituation im Einsatz ist. Mindestens eine gute Nachricht hat er: Der rund 100-jährige Damm, der oberhalb der Sinserbrücke in Hünenberg die Reuss in Schach hält, sollte halten – auch bei der grossen S-Kurve gleich unterhalb des Dorfes. Zu diesem Schluss sind Geologen gekommen, die den teilweise angeschlagenen Damm am Mittwochmorgen untersucht hatten. Stabschef Urs Marti:

«Die Kontrolle der Ingenieure hat ein positives Resultat ergeben. Wir gehen davon aus, dass der Damm auch noch einem stärkeren Durchfluss standhalten kann.»

Dieser Durchfluss lag am Dienstag bei über 680 Kubikmetern pro Sekunde. «Wir rechnen damit, dass er in den nächsten Tagen jedoch nochmals auf bis zu 700 Kubikmeter pro Sekunde steigt.» Das Bauwerk werde nun alle zwei bis drei Stunden kontrolliert.

Für die rund 400 Bewohnerinnen und Bewohner, die in den 95 Liegenschaften der Reussebene leben, ist dies eine gute Nachricht. Denn würde der Damm brechen, könnte die gesamte Reussebene von Hünenberg überschwemmt werden. Von der ARA Giessen bei der Reusshalde gleich unterhalb des Dorfes bis zur Stadelmatt.

Da sich im Laufe des Mittwochs die Situation etwas entspannt hat, rechnet Marti nicht damit, vor Donnerstagmittag Massnahmen ergreifen zu müssen. Die noch am Mittwochmorgen angekündigte mögliche Evakuierung wurde entsprechend nicht angeordnet – noch nicht. Man sei jedoch bereit für den Fall, dass sich die Lage ändern sollte. Der Führungsstab klärt hierzu derzeit auch die zusätzliche Stabilisierung des Dammes ab.

Das Risiko für Murgänge steigt

Doch die Reuss ist nicht die einzige Gefährdung im Kanton Zug. «Die Böden in den Gebieten, die ein hohes Potenzial für Hangrutsche haben, sind alle übersättigt», erklärt Marti. So gab es bereits in Oberägeri am Dienstagabend einen Murgang: Im Bereich der Morgartenstrasse war ein Hang ins Rutschen gekommen. Der Murgang drang bis in den Garten einer Liegenschaft vor. Die Zuger Polizei evakuierte den Bewohner des Hauses, wie sie in einer Mitteilung schreibt.

Zusätzlich ist auch beim Hangrutsch, der im Juni auf die Geissbodenstrasse hinunter ging, weiteres Material abgerutscht. Gemäss der Korporation Zug muss die Strasse voraussichtlich bis Ende August gesperrt bleiben.

Und gemäss Stabschef Urs Marti könnten mit zusätzlichem Regen weitere Hänge ins Rutschen geraten. «Von solchen könnten Strassen, aber auch vereinzelt Liegenschaften betroffen sein.»

Der Zugersee wird die kritische Grenze wohl erreichen

Die Schadensgrenze noch nicht vollständig erreicht hat der Zugersee. Doch mit einem Pegel auf dem Niveau von 414,12 Metern über Meer ist er randvoll. «Mit den angekündigten Niederschlägen wird er zudem weiter ansteigen.» Gemäss Marti rechnen die Experten mit rund 40 Zentimetern in den nächsten Tagen. Was für einige Liegenschaften mit Seeanstoss insbesondere in Cham und Hünenberg heikel werden könnte.

Derweil bereiten sich auch die Gemeindeführungsstäbe auf die Herausforderungen der nächsten Tage vor. Wie Urs Mari erklärt, haben die Gemeindestäbe den Auftrag erhalten, die Flussläufe und Gewässer zu kontrollieren und Holz bei Brücken und in Auffangrechen nach Möglichkeit zu entfernen. Denn wie im Lorzentobel in Baar hat das Unwetter von Dienstagnacht an vielen Orten auch Bäume gefällt.

«Zudem müssen sie alle Jugendlager, die in ihrer Gemeinde stattfinden, kontrollieren, ob für diese eine Gefährdung droht.»

Die Jubla ist vom Wetter unbeeindruckt

Dies gilt besonders für die Gemeinde Risch. So reisten am Montag 2500 Kinder und Jugendliche nach Risch-Rotkreuz ins Kantonslager Jungwacht Blauring Luzern an. Da trugen sie noch kurze Hosen und Sonnenbrillen. Mittlerweile wurden Gummistiefel und Regenjacken montiert. Auf der Wiese vor der Zeltstadt hat sich ein regelrechter See gebildet. Einer Hochwassergefahr sind die Lagerteilnehmenden aber gemäss einer Mitteilung des Kantons Zug nicht ausgesetzt.

«Die Stimmung ist trotz teils schlammiger Schuhe munter», schreibt der Jubla-Kommunikationsbeauftragte Marcel Niederberger auf Anfrage. Bevor die Scharen ins Lager gestartet sind, haben die Lagerleitungen Sicherheitsmassnahmen getroffen, sich Schlechtwetterprogramme ausgedacht und Unterkünfte organisiert, die sie im Notfall beziehen könnten. Vom Regen sind die Scharen sowieso unbeeindruckt: «Wir sind zuversichtlich, dass das Lager wie geplant fortgeführt werden kann», schreibt Niederberger.

«Vielleicht bringen unsere Regentänze ja nächste Woche den erhofften Sonnenschein.»

Wetterextreme werden zur Regel

Abwegig ist das nicht: Nach dem Wochenende dürfte sich die Situation kurzfristig verbessern, wie Meteorologe Roger Perret von Meteonews auf Anfrage sagt. In der Nacht auf Freitag rechnet er aber mit 30 bis 40 Litern Regen pro Quadratmeter. Dann mit wechselhaftem Wetter bis Sonntag: punktuelle Schauer, kleinere Gewitter, dazwischen Regenpausen. Anfang Woche sollte der Sommer dann für ein paar Tage zurückkommen ... bis wieder eine nächste Regenphase folgt. An solche Extreme gelte es, sich zu gewöhnen, sagt Perret: «Mit der Klimaerwärmung müssen wir uns auf viele heisse, trockene Sommer gefasst machen – und auf einzelne nasse. Etwas dazwischen wird es kaum mehr geben.»

Kommentare (0)