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Nidwalden

Diskriminierung kann schon bei der Frage nach der Herkunft beginnen

Mit dem interkulturellen Austausch haben sich rund 80 Experten aus verschiedenen Bereichen befasst. In Stansstad traf man sich zur diesjährigen Gesundheits- und Sozialkonferenz Nidwalden.

Hamit Zeqiri leitete den Workshop zum Thema sprachbedingte Benachteiligung oder Diskriminierung.
Bild: Bild: Marion Wannemacher (Stansstad, 30. 3. 2023)

«Wir alle kommunizieren. Wir können nicht nicht kommunizieren », stellte Verena Wicki Roth an der Gesundheits- und Sozialkonferenz Nidwalden mit einem Zitat von Paul Watzlawick fest. Diese befasste sich mit dem Thema interkultureller Austausch und stand unter dem Motto «Moment – haben wir uns verstanden?» Die Vorsteherin des Sozialamtes im Kanton Nidwalden moderierte die Veranstaltung vom Gesundheitsamt, dem Sozialamt und dem Amt für Asyl und Flüchtlinge.

Daran nahmen rund 80 Vertreter aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich, von Ämtern und sozialen Diensten teil. «Wir Fachpersonen sind in einem anspruchsvollen Kontext», betonte Verena Wicki Roth. Das Verständnis sei für alle Beteiligten zentral für die Wirkung ihrer Arbeit. Nach dem Anlass äusserte sich Wicki Roth zufrieden: Die Ziele für die interkulturelle Kommunikation zu sensibilisieren, die Angebote im Kanton vorzustellen sowie der Austausch unter den Teilnehmern seien erreicht.

Verena Wicki Roth, Leiterin des Sozialamts Nidwalden, moderierte die Gesprächsrunde mit Sükriye Arslan, Daisy Kuliskiewicz und Admir Glibanovic (von links).
Bild: Bild: Marion Wannemacher (Stansstad, 30. 3. 2023)

In einer von ihr moderierten Gesprächsrunde äusserten sich drei Immigranten, die vor zehn, zwanzig und dreissig Jahren nach Nidwalden gekommen waren, wie sie ihre Integration erlebt hatten. Die Kurdin Sükriye Arslan war von ihrem Mann im Familiennachzug in die Schweiz geholt worden und hat mittlerweile zwei Kinder. Sie äusserte sich lobend über die Unterstützung durch das Bistro Interculturel in Stans. Auch habe ihr eine Frau geholfen, für die Fahrprüfung zu üben. Sükriye Arslan hatte sich getraut, sie auf der Strasse um Hilfe zu bitten. «Es braucht Menschen die unterstützen, helfen und vermitteln, und es gibt sie auch», brachte Verena Wicki Roth es auf den Punkt.

Daisy Kuliszkiewic war als Kind polnischer Eltern mit zwölf Jahren nach Nidwalden gekommen. Der Vater hatte eine Stelle als Ingenieur bei den Pilatus Flugzeugwerken angenommen. Recht schnell habe sie gemerkt, dass sich kulturelle Unterschiede an Kleinigkeiten festmachen wie an einem Zvieri. Sie hatte nicht wie die anderen Darvida oder einen Apfel dabei. Geholfen hätten ihr Reaktionen von Kollegen wie: «Lasst sie doch, sie hat halt dieses Zvieri dabei.» Heute Unterstützt Daisy Kuliszkiewic als soziokulturelle Animatorin FH in Littau Kinder in herausfordernden Situationen. Sie setzte sich für die Offenheit gegenüber anderen Menschen und Kulturen ein.

Der «Jugo »schoss das Goal

Ein eindrückliches Beispiel für seine Integration vor 30 Jahren brachte Admir Glibanovic. Unter damals 473 Schülern in Ennetbürgen sei er der einzige aus Bosnien gewesen. Die Pausen hätten für ihn ewig gedauert. Als ihm einmal auf dem Fussballplatz der Ball vor die Füsse rollte, habe ihm jemand zugerufen: «Hey, Jugo, gib mal zurück.» Er schoss aus 20 Metern ein Goal und war dabei.

In einem Input-Referat befasste sich Lenny Kaye Bugayong mit den Grundlagen interkultureller Kommunikation. Bugayong ist Gerichtsdolmetscherin und Dozentin an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW und befasst sich mit dem Schwerpunkt Linguistik. In sieben verschiedenen Workshops konnten die Teilnehmer Angebote im Kanton Nidwalden rund um das Thema Integration kennen lernen.

Hamit Zeqiri, der Geschäftsführer von Fabia, dem Kompetenzzentrum für Migration Luzern, befasste sich in dem von ihm geleiteten Workshop mit dem Thema sprachbedingte Benachteiligung oder Diskriminierung. Seit zwei Jahren hat Fabia eine Leistungsvereinbarung mit den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Luzern im Diskriminierungsschutz und berät Betroffene und Fachpersonen unter anderem im Mietrecht, Erwerbsleben, öffentlichen Raum und im Bildungswesen.

Der Geschäftsführer von Fabia nannte als Beispiel für Diskriminierung die Frage von Vermietern nach der Herkunft des Miet-Bewerbers mit der Reaktion: «An Leute aus diesem Land vermieten wir nicht.» Auch könne die Herkunftsfrage durchaus als rassistisch empfunden werden, wenn beispielsweise jemand mit anderer Hautfarbe in dritter Generation in der Schweiz lebe. Zeqiri schlug vor, sich doch erst im Verlauf des Gesprächs danach zu erkundigen, ob jemand einen Bezug zu einem anderen Land habe.

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